Deutsche Hilfsorganisationen haben eine mögliche Waffenruhe im Gazastreifen begrüßt und zugleich einen raschen und sicheren Zugang zur notleidenden Bevölkerung gefordert. Caritas international, das Hilfswerk des Deutschen Caritasverbandes, erklärte am Donnerstag in Freiburg, zwei Millionen Menschen im Gazastreifenseien dringend auf humanitäre Hilfe angewiesen. "Sie müssen nun so schnell wie möglich mit lebensnotwendigen Gütern versorgt werden", sagte Leiter Oliver Müller.

Der lokale Caritas-Partner "Catholic Relief Services" bereite sich seit Wochen auf eine mögliche Waffenruhe vor. "Unsere Warenhäuser in Jordanien und Ägypten sind voll, die Kolleginnen und Kollegen stehen bereit, die Hilfsgüter nach Gaza zu bringen." Der Hilfswerk-Chef warnte zugleich vor möglichen Gefahren bei der Verteilung derHilfsgüter. "Die öffentliche Ordnung ist durch den Krieg zusammengebrochen. Damit es nicht zu Chaos und Plünderungen kommt, müssen sowohl die Hilfslieferungen als auch die Verteilung vor Ort sorgfältig koordiniert werden."
Treibstoff zentral
Wichtig sei nun auch eine Gewichtung der Güter, die geliefert würden. Besonders dringend wird laut Caritas international Treibstoffgebraucht, damit Krankenhäuser, Gesundheitseinrichtungen und vor allem Einrichtungen der Wasserversorgung, die über Notstromaggregate betrieben werden, wieder funktionsfähig würden. Doch auchLebensmittel, Hygiene-Artikel, Trinkwasser, Zelte, Decken würden benötigt, um die humanitäre Katastrophe bekämpfen zu können.
Die Diakonie Katastrophenhilfe erklärte, die Waffenruhe dürfe keine kurze Atempause für die Menschen in Gaza und in Israel sein. "Es darf kein Zurück zur Gewalt geben", sagte Leiter Martin Keßler. Um die Zivilbevölkerung in Gaza ausreichend versorgen zu können, brauche es einen uneingeschränkten Zugang von humanitären Helfern und robuste Sicherheitsgarantien.
Erste Details über das Abkommen, das am Sonntag in Kraft treten soll, machten Hoffnung auf die Öffnung von Grenzübergängen und eine verstärkte Einfuhr dringend benötigter Güter in den kommenden Tagen.
Impfungen nachholen
Das UN-Kinderhilfswerk Unicef erklärte, der Krieg habe einen verheerenden Tribut von Kindern im Gazastreifen gefordert. Jetztbedürfe es Sicherheitsgarantien für die Hilfsorganisationen, damit Hilfe ankommen könne. "Laut Berichten wurden mindestens 14.500 Kinder getötet und Tausende verletzt.

Schätzungsweise 17.000 Kinder sindunbegleitet oder wurden von ihren Eltern getrennt, fast eine Million vertrieben", betonte die UN-Organisation. Weniger als die Hälfte der 36 Krankenhäuser seien funktionsfähig. 95 Prozent der Schulgebäude in Gaza seien beschädigt oder zerstört worden. Unicef will nun vor allem mangelernährte Kinder behandeln und Impfungen für 420.000 Kinder unter fünf Jahren nachholen.
Lockere Einfuhrbeschränkung
Die Aktion gegen den Hunger warnte, dass die geplanten 600 LKW-Ladungen mit Hilfsgütern pro Tag nicht ausreichten, um die dramatische humanitäre Krise zu bewältigen. "Wir fordern, dass möglichst viele Übergänge geöffnet werden, damit die gesamte Bevölkerung in Gaza dringend benötigte humanitäre Hilfe erhält", sagte Natalia Anguera, Einsatzleiterin von Aktion gegen den Hunger im Nahen Osten. Vor dem Konflikt habe Gaza täglich rund 500 Lastwagen mit Hilfsgütern erhalten. Aufgrund der massiven Zerstörungen und der anhaltenden Notlage müsse jetzt vieles nachgeholt werden.
"Es bestehen weiterhin zahlreiche Beschränkungen für die Einfuhr bestimmter Hilfsgüter. Wir brauchen dringend eine Lockerung dieser Beschränkungen, insbesondere für Materialien zur Wiederherstellung der Wasser- und Sanitärversorgung sowie für winterfeste Unterkünfte", betonte Anguera.
Waffenruhe und Freilassungen
Wichtig sei, den Palästinenserinnen und Palästinensern Mittel in die Hand zu geben, sich selbst zu helfen. "Es ist wichtig, dass alle humanitären Aktivitäten palästinensische zivilgesellschaftliche Organisationen und NGOs einbeziehen."
Israel und die Terrororganisation Hamas hatten sich auf eine Waffenruhe im Gazastreifen und die Freilassung von israelischen Geiseln und palästinensischen Gefängnisinsassen geeinigt. Wie von den Vermittlerstaaten am Mittwochabend verkündet wurde, soll das Abkommen am Sonntag in Kraft treten.