Entscheidend sei nicht, ob es den Religions- und Weltanschauungsbeauftragten bei der Bundesregierung gibt, sondern ob ein Minister versteht, welche Bedeutung die Religion für die Welt hat, sagte der frühere NRW-Ministerpräsident am Mittwoch im Rahmen eines Podiums zum Thema Religion des Kölner Multimediasenders DOMRADIO.DE in Kooperation mit dem Internationalen Katholischen Hilfswerk misso Aachen.
Vom ehemaligen Entwicklungsminister Gerd Müller wisse Laschet, dass das Erkennen der Bedeutung der Religion in den Entwicklungsprozessen eine wichtige Grundlage für die Entwicklungszusammenarbeit ist. Dies habe man beim Zusammenbruch des Ostblocks oder auch bei der Wende in der damaligen DDR erlebt. "Erkennt eine Außenministerin, erkennt eine Entwicklungsministerin, dass sie nichts in der Welt bewegt, wenn sie Religion nicht versteht?"
Stärkere Unterstützung des Islam gewünscht

Auch die religionspolitische Sprecherin der Grünen im Bundestag, Lamya Kaddor, sieht die Beschäftigung mit Religion in gesellschaftlichen und politischen Zusammenhängen als wichtiges Element. Sie habe dies in ihrer Politik auch immer wieder angeführt. "Meist handelt es sich da um Querschnittsthemen." Ihre eigene Religion, den Islam, sieht die Islamwissenschaftlerin und Religionspädagogin unterrepräsentiert und erwartet hier eine stärkere Unterstützung.
Bei der Frage der Instrumentalisierung von Religion waren sich alle Teilnehmer einig, dass hier in Deutschland die AfD maßgeblich am Werk ist. Für Armin Laschet ist klar, dass es den Mitgliedern der Partei gar nicht um religiöse Motive gehe. "Wir wissen aber, dass die religiöse Bindung bei AfD-Mitgliedern unterdurchschnittlich ist," so der Politiker und bekennende Katholik und verwies auf die PEGIDA-Veranstaltungen, bei denen Weihnachtslieder von Zetteln gesungen werden mussten, weil die Teilnehmer die Liedtexte gar nicht beherrscht hätten.
Qualität beim Thema Christenverfolgung
Gegen den Vorwurf, die anderen Parteien würden das Thema Religionsfreiheit und Christenverfolgung nicht genügend beim Namen nennen, verwahrte sich Prälat Karl Jüsten. Der Leiter des Katholischen Büros in Berlin betonte, dass dies sehr wohl der Fall sei und durchaus in qualifizierter Weise. Die AfD hingegen empfinde sich eher als Sprachrohr der katholischen Rechten, die in Deutschland eher Sektiererstatus habe. "Ich würde davor warnen, die Quantität ihrer Äußerungen mit Qualität gleichzusetzen."

Man müsse selbst nicht religiös sein, aber sollte durchaus ein Verständnis von Religion haben, betonte Frank Schwabe, Regierungsbeauftragter für Religions- und Weltanschauungsfreiheit. Das sei auch im Hinblick auf politische und religiöse Krisenherde im Ausland wie zum Beispiel Syrien enorm wichtig. Am Beispiel Syrien mit einem brutalen säkularen Staat und einer islamistischen Bewegung drängte Armin Laschet auf eine Fortsetzung der Diplomatie, auch wenn eine deutsche Außenministerin nicht die Hand geschüttelt bekommt. "Man muss das kleine Fenster offenhalten."
Kritik an einst geplanten Corona-Maßnahmen
Kritik äußerte Laschet an der ursprünglich geplanten Schließung von Kirchen und anderen religiösen Einrichtungen durch staatliche Verordnung während der Corona-Pandemie. Es habe damals eine Beschussvorlage aus dem Kanzleramt gegeben, nach der Kneipen, Restaurants, Diskotheken, Bordellbetriebe und Kirchen zu schließen seien. "Und ich habe gesagt: Ich schließe keine Kirche und auch keine Synagoge!"
Man habe dann den Dialog mit den Religionsgemeinschaften geführt und schließlich die gleichen Maßnahmen getroffen, aber freiwillig. "Der, der so was aufschreibt, hat null Sensibilität, was Religionsfreiheit und Religion für Menschen bedeutet, wenn man das in einer Liste mit Kneipen, Diskotheken und Bordellen nennt", so Laschet. Wenn so ein mangelndes Grundgespür dann noch in der Außenpolitik geschehe, dann könne das enormen Schaden anrichten.