Lateinamerika schützt seine Alten in der Coronakrise

Hilfe statt Spott

Senioren-Stunde in Supermärkten, Schutzprogramm für Altenheime und Ausgleich für Verdienstausfall bei älteren Arbeitnehmern. Lateinamerika versucht, seine älteren Bürger zu schützen. Von Häme keine Spur.

Autor/in:
Tobias Käufer
Kolumbien: Desinfektion von Kirchenbänken / © Camila Diaz (dpa)
Kolumbien: Desinfektion von Kirchenbänken / © Camila Diaz ( dpa )

Menschen über 60 Jahre gelten laut Robert-Koch-Institut als besonders gefährdet, wenn sie am Coronavirus erkrankt sind. Die Sterberate in dieser Altersgruppe liegt höher als bei jüngeren Menschen. In Deutschland sorgte das jüngst für Spott.

Der Schauspieler und Blogger Schlecky Silberstein erklärte in der ARD, das Virus "rafft die Alten dahin, aber die Jungen überstehen diese Infektion nahezu mühelos. Das ist nur gerecht, hat doch die Generation 65+ diesen Planeten in den letzten fünfzig Jahren voll gegen die Wand gefahren

Maßnahmen für ältere Menschen

In Lateinamerika - und anderen Teilen der Welt - ist der Umgang unter den Generationen weniger menschenverachtend. Ältere Menschen werden in der von indigenen Wurzeln geprägten Latino-Kultur respektiert und seltener diskriminiert.

In indigenen Gesellschaften wäre der selbstgefällige Spott Silbersteins undenkbar. Während sich die Coronavirus-Krise nun auch stärker in Lateinamerika ausbreitet, reagieren die dortigen Länder mit Maßnahmen, die den älteren Menschen das Leben leichter machen sollen.

In Argentinien haben zahlreiche Supermärkte damit begonnen, ihre Läden zu gewissen Zeiten nur für Senioren zu öffnen. Wie die Tageszeitung "Clarin" berichtet, haben Menschen ab 65 Jahren bei Carrefour von 7.00 bis 8.30 Uhr exklusiven Zugang. Andere Supermärkte zogen nach. Ziel sei es, den Senioren im Land den Einkauf zu ermöglichen, ohne mit anderen Altersgruppen in Kontakt zu kommen. Den Angaben zufolge gab es am Dienstag (Ortszeit) in Argentinien 56 registrierte Infektionen.

Auf Kuba teilte das Parteiorgan "Granma" mit, ein Fünftel der kubanischen Bevölkerung sei über 60 Jahre alt. Für 293 "Häuser der Großeltern" und 155 Altenheime gebe es nun spezielle Anweisungen, um die Gesundheit der Senioren zu schützen. Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die Symptome einer Erkrankung aufweisen, müssten unabhängig von ihrer Position sofort ihren Dienst einstellen. In solchen Fällen würde zudem sofort ein Arzt entsandt. Darüber hinaus wurden die Besuchsregeln an die aktuelle Entwicklung angepasst und mit Blick auf den Schutz der Senioren verschärft.

Quarantäne für alle Arbeitnehmer über 60

In El Salvador, dem lateinamerikanischen Land, das vielleicht am schnellsten und schärfsten auf die Krise reagierte, ordnete Präsident Nayib Bukele bereits vor Tagen eine Quarantäne für alle Arbeitnehmer über 60 Jahren an. Sie sollten genauso wie schwangere Frauen ab sofort zu Hause bleiben. Der Verdienstausfall werde ersetzt.

Kolumbien reagiert auf die Entwicklungen in der Coronavirus-Krise mit der Isolierung von Menschen über 70 Jahren. Die Quarantäne der Senioren solle am Freitag ab 7.00 Uhr morgens (Ortszeit) beginnen, teilte Kolumbiens Präsident Ivan Duque in einer TV-Ansprache an seine Landsleute mit. Zugleich verhängte Duque den Notstand über das Land.

"Diejenigen, die das größte Risiko tragen, sind unsere Großeltern. Deswegen ist die erste Notmaßnahme darauf ausgerichtet, sie zu schützen", sagte Duque.

Alle Menschen über 70 Jahren müssten ab Freitag in ihren Wohnungen bleiben, so der Präsident. Zugleich kündigte er an, ihre Versorgung sicherstellen zu wollen. Unter anderem geht es darum, den Zugang zu Renten zu gewährleisten und für ausreichend Lebensmittel zu sorgen.

Offiziell wurden den Angaben zufolge bislang 54 Fälle von Coronavirus-Infektionen im Land gezählt.

 

Quelle:
KNA