Heike Springhart ist Badens erste evangelische Bischöfin

"Dort hinschauen, wo andere wegsehen"

Die habilitierte Theologin wirbt für eine menschenfreundliche Kirche. Sie ist überzeugt: Die Kirchen werden in einer unruhigen Gesellschaft dringend gebraucht.

Autor/in:
Von Volker Hasenauer
Heike Springhart, Bischöfin der Evangelischen Landeskirche in Baden, beim Festgottesdienst am 10. April 2022 / © ARTIS - Uli Deck (epd)
Heike Springhart, Bischöfin der Evangelischen Landeskirche in Baden, beim Festgottesdienst am 10. April 2022 / © ARTIS - Uli Deck ( epd )

Rund 1,1 Millionen evangelische Christinnen und Christen in Baden haben eine neue Bischöfin: Die Pforzheimer Pfarrerin und mehrfach ausgezeichnete Theologin Heike Springhart (47) wurde am Sonntag in einem festlichen Gottesdienst in der Karlsruher Stadtkirche mit dem Leitungsamt beauftragt.

Aus der Hand des Kirchenparlaments-Vorsitzenden Axel Wermke erhielt Springhart das Amtskreuz, welches der scheidende Bischof Jochen Cornelius-Bundschuh acht Jahre lang getragen hatte. Vertreter verschiedener Kirchen, darunter EKD-Ratsvorsitzende Annette Kurschus und der Freiburger katholische Erzbischof Stephan Burger, sprachen der neuen Bischöfin ihren Segen zu. Zu den Segenshandlungen trat mit dem Verlesen der Diensturkunde auch Trocken-Bürokratisches, musikalisch umrahmt von Jazz über Posaunenklänge bis zu Neuem Geistlichen Lied. Springhart und die Gottesdienstgemeinde gelobten, "gemeinsam zu arbeiten am Aufbau der Kirche".

Bischöfin der Evangelischen Landeskirche in Baden Heike Springhart

Heike Springhart ist am 21. Februar 1975 in Basel in der Schweiz geboren. Die habilitierte Theologin leitet seit April 2022 die badische Landeskirche als Repräsentantin von rund 1,1 Millionen Protestanten in Baden von Wertheim im Norden bis zum Bodensee im Süden.

Springhart war zuvor Gemeindepfarrerin an der Evangelischen Johannesgemeinde in Pforzheim, der ersten Notkirche, die nach dem Krieg in Deutschland gebaut wurde, und leitete den Hauptausschuss der Landessynode.

Heike Springhart / © Guelay Keskin/keskin-arts.com (epd)
Heike Springhart / © Guelay Keskin/keskin-arts.com ( epd )

Ihre erste Predigt als Bischöfin vor Gästen aus der Politik wie Ministerpräsident Winfried Kretschmann, Landtagspräsidentin Muhterem Aras (beide Grüne), mehreren Landesministern und dem früheren Bundestagspräsidenten Wolfgang Schäuble (CDU), nutzte Springhart für einen Appell, auch in schwierigen Zeiten nicht den Lebensmut und das Gottvertrauen zu verlieren: "Demütig können wir auch einmal anerkennen, dass nicht alles in unserer Hand liegt."

Leid der Frauen in Krisengebieten

Eine Premiere dürfte es gewesen sein, dass eine Bischöfin in ihrem ersten Gottesdienst an "die vergewaltigten Frauen in den Kriegsgebieten weltweit" erinnerte. Das Entsetzen über in Kriegen und Konflikten entfesselte Gewalt sei kaum mit der Hoffnung auf Frieden zusammenzubringen, gestand Springhart. Sie bekannte sich zu friedlichen Konfliktlösungen - um dann klare Worte folgen zu lassen: Es sei schlicht zynisch, aus einer Position der Sicherheit heraus den von Gewalt und Leid Betroffenen gute Ratschläge für gewaltlosen Widerstand geben zu wollen. In einem Fürbittgebet bat Kretschmann um Hilfe für die Kriegsopfer in der Ukraine - und dankte allen, die sich in der Flüchtlingshilfe engagieren.

Kirchenreformen

Neben den gesellschaftlichen Großthemen - Amtsvorgänger Cornelius-Bundschuh nannte Pandemie, Klimawandel und Bedrohungen des Friedens - lenkte Springhart die Aufmerksamkeit auch auf anstehende kirchliche Reformen und Umbrüche. So will die Landeskirche klimagerechter werden und trotz Sparkurs in der Fläche präsent bleiben. Auch die Aufarbeitung sexualisierter Gewalt und deren Vorbeugung seien zentral; hieran erinnerte sie in ihrer ersten Bischofspredigt: "Wir sollten da hinsehen, wo andere wegschauen. Wir müssen unsere eigene Verletzlichkeit wagen, um Verstehen möglich zu machen. Und Worten der Entschuldigung, Taten folgen lassen." Wichtig sei auch, dass sich Kirche nicht abschotte, sondern offen bleibe für neue Ideen und Einflüsse. Dazu gehöre auch, Stille und Gebet zu ermöglichen, "also Räume zu öffnen, in denen mehr geschieht als wir planen können".

Heiter und gelassen will Springhart die Kirche in Baden in den nächsten zwölf Jahren durch den Transformationsprozess führen, der ihrer Einschätzung nach längst begonnen hat: "Wir haben die Zukunft nicht in der Hand, sie ist Gottes Sache. Aber wir gestalten sie - fröhlich, mit Zuversicht und Mut."

Gut möglich, dass der neuen Landesbischöfin ihr Lieblingsbibelvers "Fürchte dich nicht, denn ich bin bei dir" noch so einige Male den Rücken stärken wird. Den Spruch, der auf Hebräisch in ihrem Ordinationsring eingraviert ist, trägt sie immer bei sich.

Enge Zusammenarbeit mit der katholischen Kirche

Bereits vor ihrem Amtsantritt hatte Springhart zugesagt, die Zusammenarbeit mit der katholischen Kirche fortzuführen, die zwischen Landeskirche und Erzbistum Freiburg traditionell enger ist als in vielen anderen deutschen Regionen. An ihrer Amtseinführung nahmen auch Vertreter von orthodoxer Kirche und von Kirchen aus dem Elsass und dem Nahen Osten teil. Anfang September wird Springhart in Karlsruhe Gastgeberin für die Vollversammlung des Weltkirchenrates sein. Schon bei der Amtseinführung war spürbar, dass die neue Bischöfin für Dialog und Austausch über Länder- und Konfessionsgrenzen eintritt: "Unsere Türen sollten immer offenstehen."

Quelle:
epd , KNA