DOMRADIO.DE: Mit Gesängen und gemeinsame Stimme für den Frieden laden SIe an diesem Dienstagabend zum "HAGIOS"-Konzert ein. Das ist ein Mitsing-Abend im Kölner Dom, der innere Ruhe und Hoffnung in wenig friedlichen Zeiten schenken soll. Sie stehen mittendrin. Wie groß ist Ihre Vorfreude?
Helge Burggrabe (Komponist): Die Vorfreude ist riesig. Der Dom ist im Herzen von vielen Menschen ein herausgehobener, besonderer Ort, die so einen Ort aufzusuchen, um ins Gebet zu kommen, sich zu sammeln, die Zuversicht zu stärken. Es ist immer möglich, mit dem Frieden zu beginnen, ganz konkret im Umfeld und dieses Konzert soll dazu beitragen und stärken.
DOMRADIO.DE: "Hagios, ein Mitsing-Konzert für den Frieden", so heißt Ihre Veranstaltung. Sie machen das seit zehn Jahren. Dabei könnte das mit Blick auf Gaza, Israel und die Ukraine kaum aktueller sein. Welche Absicht steckt dahinter?
Burggrabe: Das ist eine ganz alte Form, die wir als Menschen suchen, um ins Gebet zu gehen und um uns mit einer größeren Quelle anzubinden, die wir Gott nennen. Über den Gesang ist es wie eine Verdichtung. Augustinus soll gesagt haben: "Wenn wir singen, ist das wie doppelt beten." Deswegen kam diese Idee, diese einfachen Gesänge zu schreiben.
Man braucht heute Abend noch nicht mal Noten zu lesen. Es gibt keine falschen Töne. Jeder Mensch hat die Stimme und jeder kann mit einstimmen und sofort mitsingen. Über den Gesang kommt man in eine Sammlung, in ein Gebet letzten Endes.
DOMRADIO.DE: Den inneren Frieden stärken, um sich für den äußeren Frieden zu engagieren. Das ist Ihr Motto und der Ansporn heute Abend im Dom. Wie gelingt es, mit dem Liederabend und der Musik, die Zuversicht zu stärken und möglicherweise Frieden zu stiften?
Burggrabe: Manchmal geht man zu sehr von dem Ist-Zustand aus. Aber ich denke eher, dass wir Möglichkeiten-Räume entwerfen sollten. Wir könnten anders miteinander umgehen und wir können das in jedem Augenblick neu beginnen. So ein Abend ist da wie ein Bewusstmachen.
Es ist möglich, denn, wenn man mit vielen anderen Menschen in den Gesang eintaucht, spielt das keine Rolle mehr, welcher Nationalität ein Mensch angehört oder woran er oder sie glaubt. Man trifft sich auf der Ebene Mensch zu Mensch. Dabei merkt man, dass wir in aller Unterschiedlichkeit sehr wohl eine Möglichkeit haben, gemeinsam zu leben. Das wäre für mich der Beginn.
DOMRADIO.DE: Es geht um die Freude am gemeinsamen Gesang, aber Chorerfahrung ist nicht nötig. Schräg und schief singen ist nicht schlimm?
Burggrabe: Das ist immer die Frage. Wenn man sagt, du betest falsch, klingt das komisch, denn man kann nicht falsch beten. So würde ich das in dieser Form auch sagen. Es geht um den Inhalt und den Ausdruck. In dem Rahmen gibt es keine falschen Töne. Ich selbst schreibe Oratorien und habe auch das Drei-Königs-Oratorium für die 700-Jahr-Feier im Kölner Dom geschrieben und wenn die Dommusik übt, dann geht es natürlich um möglichst richtige Töne. Aber hier haben wir ganz bewusst gesagt: Kommt alle. Alle sind herzlich willkommen und eingeladen, in den gemeinsamen Gesang einzutauchen.
DOMRADIO.DE: Nach dem Konzert im Körner Dom heute Abend geht es in den nächsten Tagen und Wochen weiter. Morgen geht's direkt nach München, Freitag nach Kevelaer und Sonntag in den Frankfurter Dom. Das hört sich für Sie und Ihr Team nach Stress an.
Burggrabe: Wir fahren ganz ruhig von Ort zu Ort und freuen uns auf die Menschen, die kommen. Es ist ein ganz schlichter Aufbau, zum Glück. Hier in Köln ist es ein bisschen aufwendiger. Da kommt ein Lichtgestalter, der den Dom wunderbar illuminieren wird. Aber an den anderen Orten brauche ich nur eine halbe Stunde, um das etwas einzurichten. Es ist ganz schlicht. Wir können wirklich jeder bei sich im Eigenen anfangen. Es geht viel mehr um die Reduktion als um das Immer-noch-mehr.
Das Interview führte Carsten Döpp.
Digital mit dabei sein: DOMRADIO.DE übertragt das HAGIOS-Mitsingkonzert live in Ton und Bild. Mehr Informationen finden Sie hier.