Gysi fürchtet eine Gesellschaft ohne Religion 

"Ich selbst glaube nicht an Gott"

Der Linken-Politiker Gregor Gysi fürchtet nach eigener Aussage eine Gesellschaft ohne Religion. Die Linke könne Moralnormen formulieren, aber sie habe nicht die Kraft sie allgemeinverbindlich zu machen, sagte er gestern im BR.

 © Juergen Nowak (shutterstock)

"Ich selbst glaube nicht an Gott" sagte Gysi in der Livesendung "Der Sonntags-Stammtisch" im BR-Fernsehen.

"Wenn wir nicht die Bergpredigt hätten, hätten wir überhaupt keine allgemeinverbindliche Moral." Natürlich richteten sich die Leute
nicht danach. Aber deshalb hätten sie zu Weihnachten auch ein schlechtes Gewissen. Christinnen und Christen spendeten dann ganz
viel, und die Nichtchristen spendeten "vor Schreck" gleich mit.

Kirche verliert an Glaubwürdigkeit 

Doch mit dem Bekanntwerden des sexuellen Missbrauchs sei der Bruch gekommen, führte Gysi weiter aus. "Wenn Du eine solche Moral über die Bergpredigt in die Gesellschaft hinein interpretierst und selber
zulässt, dass unschuldige Kinder, die ja keine Abwehrmittel dagegen haben, sexuell missbraucht werden, bringst Du alles durcheinander, wofür du gestanden hast."

Was hier passiere, ergänzte die Politikwissenschaftlerin Ursula Münch, wirke sich letztlich auf die Gesamtgesellschaft aus. Nachdem viele Menschen schon zunehmend das Vertrauen in die Politiker verloren hätten, gelte dies nun auch für eine weitere Institution.

Flagge zeigen

Christian Springer, nach eigenen Worten einer der wenigen Kabarettisten in Bayern, die noch katholisch sind, gab sich kämpferisch: "Ich bin noch dabei und ich gebe da auch nicht auf." Derzeit sei in Deutschland ein langsames Sterben der katholischen Kirche zu erleben.

In Bayern würden sich gerade noch 50 Prozent zu beiden großen Kirchen bekennen. "Ich weiß noch nicht, was ich anzettle", räumte Springer ein. Aber die Gläubigen, die die Kirche bräuchten, müssten Flagge zeigen und protestieren. Warum nicht vor das Erzbischöfliche Ordinariat ziehen, um deutlich zu machen, man sei hier und jetzt müsse geredet werden, damit sich etwas ändere.

Als einen "Riesenskandal" bewertete Springer im Zusammenhang mit dem sexuellen Missbrauch von Kinder, dass die Kirche diese strafrechtlichen Dinge immer selbst habe regeln wollen. "Das geht nicht." Da müsse irgendwann ein Staatsanwalt her und die Polizei kommen, damit einer mal eine Zeit lang "ins Kittchen" gehe.

Quelle:
KNA