Größte Moschee Deutschlands eröffnet

Das "Wunder von Marxloh"

Verkehrschaos in der Duisburger Warbruckstraße. Riesenandrang am Sonntagnachmittag rund um die neue Merkez-Moschee. Tausende drängen in das große, bunt geschmückte Festzelt neben dem osmanisch gestalteten Kuppelbau - überwiegend Türken im feinen Anzug, Türkinnen mit seidenen Kopftüchern, aber auch Hunderte deutsche Duisburger. Alle wollen dabei sein, wenn Deutschlands größtes islamisches Gotteshaus eröffnet wird.

Autor/in:
Viola van Melis
 (DR)

2.400 Quadratmeter Nutzfläche und 1.400 Plätze bietet der Bau, der schon im Vorfeld bundesweit zum Symbol für Dialog und Integration erhoben wurde, weil es gegen ihn anders als in Köln oder Berlin kaum Proteste gab.

Tosender Applaus gleich zu Beginn, als nach der deutschen die türkische Nationalhymne erklingt. «Bei der Einweihung eines christlichen Gotteshauses wäre keine Hymne zu hören», ist aus einer der hinteren Reihen zu hören. Der Verdacht, der türkische Staat übe zu viel Einfluss auf Moscheevereine der Türkisch-Islamischen Union der Anstalt für Religion (DITIB) aus, schwingt mit. Als hätten die Verantwortlichen auf der Bühne die Kritik gehört, erfolgt sogleich der geistliche Part - ein Gebet des Imam und gesungene Rezitationen aus dem Koran. Später bringen die Duisburger Philharmoniker Johann Sebastian Bach auf die Bühne - eines von vielen Symbolen für den interkulturellen Austausch, den sich die Moscheegemeinde auf die Fahnen geschrieben hat.

Kein Festredner lässt denn auch die Begegnungsstätte unbedacht, die im Hause der 7,5 Millionen Euro teuren Moschee untergebracht ist und Anlaufstelle für alle Bewohner des Stadtteils Marxloh werden soll. «Die ganze Konzeption gründet auf offenen Türen, auf Gespräch», lobt Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Jürgen Rüttgers (CDU). Bei so viel Dialogbemühungen fällt es dem Landeschef leicht zu sagen: «Wir brauchen mehr Moscheen in unserem Land, nicht in den Hinterhöfen, sondern sichtbar.» Viel Applaus. Der katholische Essener Bischof Felix Genn fügt später an, die Verbindung von Moschee und Begegnungsstätte sei einmalig. Auch der evangelische Präses Nikolaus Schneider betont, der Neubau, der anderswo Proteste hervorrufe, führe in Duisburg zusammen.

Einen Vorgeschmack auf gemeinsame Teestunden von türkischstämmigen und deutschen Marxlohern im gemeindeeigenen Restaurant bieten die Döner-Verkaufsstände im Festzelt - während des ganzen Festaktes stark frequentiert. Nicht die typisch vornehme Stille deutscher Festakte prägt den Nachmittag, sondern der Lautstärkepegel, den die türkische Art, Feste zu feiern, gern hervorbringt.

So bekommt auch mancher Gast am Schluss nur aus dem Augenwinkel mit, als Rüttgers und Bardakoglu gemeinsam mit drei Kindern aus der Gemeinde das rote Band durchschneiden und den Weg in die Moschee frei machen. Bewundernde Blicke der Prominenz beim ersten Moscheerundgang auf Strümpfen - für die üppigen Ausmalungen der Kuppel und den riesigen goldenen Leuchter über dem roten Gebetsteppich. Die junge Vorsitzende der Begegnungsstätte, Elif Saat, bleibt gewohnt nüchtern. Die eigentliche Integrationsarbeit, den Kuppelbau mit Inhalt zu füllen, beginn erst nach dem Fest.