Größte deutsche Moschee in Duisburg vor der Eröffnung

"Glückauf" im Hause Allahs

Die letzten Marmorplatten im Foyer werden noch eilig verlegt, Kabel in den Nebengängen der Moschee hängen unnütz in der Luft, die Schutzfolie auf den Türen wartet darauf, entfernt zu werden. Doch bald wird alles fertig und blitzblank poliert sein. Die Merkez-Moschee in Duisburg-Marxloh soll zur Eröffnung am 26. Oktober so strahlen wie schon jetzt der riesige, goldene Leuchter unter der üppig ausgemalten Kuppel.

Autor/in:
Viola van Melis
 (DR)

Hoher Besuch kommt dann in die Warbruckstraße, deren ärmlichen Häusern man ansieht, warum Politiker vom "Sozialen Brennpunkt" sprechen und warum die EU die 7,5 Millionen Euro teure Moschee und ihre - auf interreligiösen Dialog angelegte - Begegnungsstätte mit 3,2 Millionen Euro gefördert hat. Auf dem Ex-Gelände einer Bergwerkskantine ist Deutschlands größtes islamisches Gotteshaus entstanden - im traditionell osmanischen Stil, in enger Nachbarschaft zu zahlreichen Mehrfamilienhäusern und in Sichtweite zur katholischen Kirche Sankt Peter und Paul.

Wenn der Präsident des Amtes für religiöse Angelegenheiten der Türkei, Ali Bardakoglu, und NRW-Ministerpräsident Jürgen Rüttgers (CDU) das rote Band zur Eröffnung durchschnitten und der katholische Bischof Felix Genn und der evangelische Präses Nikolaus Schneider den Muslimen von Marxloh in Grußworten die Ehre erwiesen haben, sollen Luftballons und Konfetti in den Farben der deutschen und türkischen Flaggen fliegen. Musiker der Duisburger Philharmoniker spielen gemeinsam mit einer türkischen Band für die 7.000 erwarteten Gäste.

"Miteinander gesprochen statt übereinander"
Das sind nur zwei von vielen Symbolen der Festwoche, mit denen die Verantwortlichen von der Türkisch-Islamischen Union der Anstalt für Religion (DITIB) den interkulturellen Austausch bewerben wollen. Geraten dazu hat ein Beirat, der seit 2000 über viele Fragen gestritten hat. In dem Gremium, das auch die künftige Begegnungsarbeit begleiten will, sitzen nicht nur Muslime, sondern auch Vertreter der Schulen, Parteien, Anwohner und Kirchengemeinden.

"Wir haben miteinander gesprochen statt übereinander. Es gab keine Tabus", betont Gemeindesprecher Mustafa Kücük. Christina Becker von der Bezirksvertretung pflichtet ihm bei. So habe man dem Beirat zu verdanken, sagt Kücük, dass die Moschee große Fenster vom Boden bis zur zweiten Etage bekommen hat: Jeder soll hineinschauen und hereinkommen können, lautet die Botschaft. Integrationsexperten sehen in dem Beirat das Geheimrezept, warum die Moschee keine wütenden, neidvollen oder hasserfüllten Proteste von Anwohnern und Rechtsextremen auf den Plan gerufen hat - anders als etwa in Köln oder Berlin.

Schon 52 islamische Gotteshäuser stehen in der Stadt
Vielleicht sind die Duisburger auch deshalb gelassen, weil schon 52 islamische Gotteshäuser in ihrer Stadt stehen. Keines allerdings ist wie der Neubau von weitem als Moschee zu erkennen. Das Gebäude des türkischstämmigen Architekten Cavit Sahin erinnert an die Hagia Sophia in Istanbul. Der Kuppelbau bietet auf weichem rotem Gebetsteppich Platz für 1.400 Gläubige. Die Grundfläche beträgt 40 mal 28 Meter, das Minarett ist 34 Meter hoch. Die Hauptkuppel wird von vier Halbkuppeln und zehn kleineren Kuppeln umgeben. Die helle Fassade strahlt Sachlichkeit aus.

Wer die Moschee jedoch betritt und auf die überbordenden bunten Ornamente und Koranverse an Wänden und Decken stößt, fühlt sich in ein anderes Land versetzt. Bei vielen der 740 türkischstämmigen Gemeindemitgliedern dürften sie Heimatgefühle wecken. Nicht jeder sieht eine solche Sehnsuchtsarchitektur positiv. Für die geplante Kölner Moschee hat Kirchenbauer Paul Böhm ein modernes Gegenmodell entwickelt. In Duisburg aber sind erst einmal alle glücklich, dass sie es nach Jahren des Spendensammelns geschafft haben.

Viele der 18.000 Marxloher freuen sich, dass auch Nicht-Muslime die Festwoche gestalten. Türkische Spezialitäten und Tänze stehen genauso auf dem Programm wie ein deutsch-türkisches Symposion über Islamunterricht, deutscher Hiphop und afrikanischer Tanz. Ein Blasorchester wird auf dem früheren Kantinengelände das Bergmannslied "Glückauf" schmettern. Und so mancher ältere Einwohner des Stadtteils dürfte aufmerksam beobachten, ob der muslimische Nachbar die "Ruhrgebietshymne" mitsingen kann.