Gemischte Reaktionen auf erste Auslandsreise

Begeisterung und Zurückhaltung

In Rio wird Papst Franziskus von den Jugendlichen gefeiert. Auch viele Kardinäle schätzen den Papst für seinen frischen Stil - aber es gibt auch Stimmen, die die ersten Monate des neuen Papstes kritischer betrachten.

Autor/in:
Tobias Käufer
Papst Franziskus im Regen  (dpa)
Papst Franziskus im Regen / ( dpa )

Die Auftritte von Papst Franziskus beim Weltjugendtag im brasilianischen Rio gleichen einem Triumphzug. Doch in die überwiegend begeisterten Reaktionen auf dem amerikanischen Festland von der Hudson Bay bis Feuerland mischen sich auch erste kritische Zwischentöne zur ersten Auslandsreise des neuen Kirchenoberhauptes aus Lateinamerika.

Für Erzbischof Nicolas Cotugno aus Montevideo, der Hauptstadtdiözese Uruguays, ist der neue Stil des Papstes "revolutionär". Das erste Kirchenoberhaupt aus Lateinamerika, so sagte Cotugno der uruguayischen Tageszeitung "El Pais", sorge dafür, dass die Menschen wieder einen direkten Zugang und eine Nähe zum Papst spürten.

Inspiration für die Kardinäle

Auch der New Yorker Kardinal Timothy Dolan erklärte im Gespräch mit der Zeitschrift "National Catholic Reporter", er fühle sich geradezu ganz neu inspiriert. "Ich stelle fest, dass ich mein eigenes Gewissen erforsche... Stil, Einfachheit, Vieles... Ich fange an zu sagen, dass ich es brauche, diesen Kerl gut zu beobachten - denn er ist ein prima Beispiel für mich."

Der prominente kubanische Priester Jose Conrado Rodriguez Alegre glaubt schon jetzt an eine nachhaltige Wirkung auf die Kirche: "Dieser Papst hat eine gewisse Zärtlichkeit, und ich glaube, dass diese bei den Menschen wirklich ankommt", sagte der Castro-Kritiker dem Radiosender "Marti". Er glaube, dass dies auch Veränderung in Kuba und Lateinamerika nach sich ziehen werde. Dieser Papst, so Rodriguez, stimuliere Sehnsucht auf Veränderung.

Der honduranische Kardinal Oscar Andres Rodriguez Maradiaga, einer der engen Vertrauten von Franziskus, glaubt, dass die einfachen Gesten eines Papstes, der seine Tasche selbst trage, bei den Jugendlichen sehr genau registriert werden - und deren Appetit wecke, sich auf ihn einzulassen.

"Franziskus muss sch mehr um die konservativen Teile kümmern"

Weniger euphorisch freilich werten laut der argentinischen Tageszeitung "Clarin" konservative Kräfte in der katholischen Kirche die ersten Monate von Papst Franziskus. Der neue Stil von Franziskus schrecke sie ab, weil er durch seine starke persönliche Präsenz - verstärkt durch die Medien - Jesus aus der zentralen Botschaft der Kirche verdränge. Kritiker werfen ihm vor, so das Blatt, durch den neuen Stil selbst ins Zentrum zu geraten.

Der "New Catholic Reporter" zitiert gar Philadelphias Erzbischof Charles Joseph Chaput mit den Worten, konservative Kirchenkreise seien derzeit nicht wirklich glücklich mit den ersten Monaten des Papstes. Er müsse sich um diesen Teil mehr kümmern und dürfe die konservativen Kräfte nicht vergessen. Sie erwarteten von ihm klare Stellungnahmen etwa zu Fragen wie Abtreibung, Zölibat und "Homo-Ehe", so Chaput.

Zusammenarbeit mit der venezolanischen Regierung

Unterdessen suchen erste Politiker Lateinamerikas offen einen Schulterschluss mit Franziskus. Venezuelas neuer sozialistischer Staatspräsident Nicolas Maduro schlug dem Vatikan eine strategische Zusammenarbeit vor. Die katholische Kirche und der vorwiegend aus sozialistisch regierten Nationen bestehende Staatenbund Alba könne eine strategische Allianz bilden, hieß es aus Caracas. Ziel könne der Kampf gegen Analphabetismus und Hunger sein, so der Wunschnachfolger des im März (wenige Tage vor der Papstwahl) verstorbenen Populisten Hugo Chavez, der in Venezuela eine "Regierung der Straße" ausgerufen hat.

Zwar steckt hinter der Idee auch schlicht innenpolitisches Kalkül: Die venezolanischen Bischöfe gelten als scharfe Kritiker der Sozialisten; zuletzt verurteilten sie den Wahlprozess als ungerecht und parteiisch. Doch zuvor hatten bereits Ecuadors sozialistischer Staatspräsident Rafael Correa und Boliviens Evo Morales die Nähe zum neuen Papst gesucht. Vor allem in Venezuela kommentierten die vielen Katholiken der Opposition den herzlichen Empfang Maduros im Vatikan enttäuscht. Kein Zweifel: Es brodelt vor Freude über den ersten Papst aus Lateinamerika - aber nicht nur vor Freude.


Quelle:
KNA