Für welchen Kandidaten stimmen Katholiken in Frankreich?

Knapper Ausgang bei Wahl erwartet

In Frankreich steht am Sonntag die Präsidentschaftswahl an. Der Vorsprung von Amtsinhaber Macron in den Umfragen vor der rechtsextremen Kandidatin Le Pen ist geschrumpft. Wen werden die Katholiken in Frankreich wählen?

Vor Präsidentschaftswahl in Frankreich geht ein Mann an Wahlplakaten des amtierenden Präsidenten Macron und seiner Herausforderin Le Pen vorbei / © Bob Edme (dpa)
Vor Präsidentschaftswahl in Frankreich geht ein Mann an Wahlplakaten des amtierenden Präsidenten Macron und seiner Herausforderin Le Pen vorbei / © Bob Edme ( dpa )

DOMRADIO.DE: Wenige Tage vor der Wahl ist Marine Le Pen Amtsinhaber Emmanuel Macron dicht auf den Fersen. Wie kommt das auf einmal?

Vor Frankreichwahl schrumpft Abstand zwischen Macron und Le Pen

Drei Tage vor der ersten Runde der Präsidentschaftswahl in Frankreich wird der Abstand zwischen Staatschef Emmanuel Macron und seiner wichtigsten Herausforderin Marine Le Pen kleiner. Während der amtierende Präsident am Donnerstag in einer Umfrage von Ipsos-Sopra Steria leicht auf 26,5 Prozent fiel, legte die Rechte Le Pen auf 23 Prozent zu. Auf Rang drei liegt der Linkspolitiker Jean-Luc Mélenchon mit 16,5 Prozent.

Wahlkampfplakate von Frankreichs Präsidenten Emmanuel Macron, dem unabhängigen Kandidaten Jean Lassalle, der rechtsextremen Kandidatin Marine Le Pen und des rechtsextremen Kandidaten Eric Zemmour / © Michel Euler (dpa)
Wahlkampfplakate von Frankreichs Präsidenten Emmanuel Macron, dem unabhängigen Kandidaten Jean Lassalle, der rechtsextremen Kandidatin Marine Le Pen und des rechtsextremen Kandidaten Eric Zemmour / © Michel Euler ( dpa )

Stefan Lunte (Sekretariat der Kommision der Bischofskonferenzen der Europäischen Union): Wahlen entscheiden sich oft auf der Zielgeraden. Und in Frankreich ist das auch so. Vor zwei Wochen ist ein Bericht des Senates, der zweiten Kammer im französischen Parlament veröffentlicht worden, aus dem hervorging, dass Präsident Macron viel häufiger als seine Vorgänger und mit viel mehr Geld auf Beratungsfirmen zurückgegriffen hat.

Dieser Bericht hat einen Skandal ausgelöst, denn die wichtigste Beratungsfirma, die dabei eine Rolle spielt, heißt McKinsey. Gleichzeitig stellte sich heraus, dass diese Beraterfirma McKinsey nie Steuern in Frankreich gezahlt hat. Außerdem gibt es Leute, die bei McKinsey arbeiten und vorher in der Kampagne von Macron tätig waren. All das belastet Macron sehr.

DOMRADIO.DE: Marine Le Pen gilt als Anhängerin Russlands und auch Putins. Hat sie sich seit Beginn des Krieges in der Ukraine da schon eindeutig positioniert?

Lunte: Ja, sie hat wie alle Präsidentschaftskdidaten eine klare Absage an den Krieg und vor allen Dingen auch an Putin veröffentlicht. Aber Marine Le Pen von der rechtsextremen Partei Rassemblement National hat ihre vergangenen Wahlkämpfe nur durch Kredite von russischen Banken finanzieren können. Das liegt wie eine schwere Hypothek auf ihr. Es besteht da also eine enge Beziehung. Viele vermuten auch, sollte sie gewählt werden, dass sie nicht ganz frei ist in ihren Handlungen. Da liegt ein dunkler Schatten auf ihr.

DOMRADIO.DE: Ein Sieg Le Pens, gegebenenfalls auch nach einer Stichwahl, würde vermutlich die französische Europapolitik um 180 Grad drehen. Wollen die Franzosen das wirklich?

Lunte: Nein, das wollen die Franzosen nicht. Sie wollen nicht aus dem gemeinsamen Markt und der Währungsunion heraus. Aber sie wollen gleichzeitig ihren Lebensstandard so behalten, wie er jetzt ist. Das ist ja auch verständlich. Sie wollen ihre sozialen Sicherungssysteme nicht angehen.

Präsident Macron hat aus meiner Sicht eine ziemlich mutige Entscheidung getroffen und gesagt, er macht, wenn er wiedergewählt wird, eine Rentenreform. Bei Frau Le Pen ist das ganz klar nicht auf dem Programm. Sie will die Rente bei 60 belassen.

Sie ist überhaupt viel weniger auf dem Feld von Immigration und Migration und den typischen rechtsextremen Themen unterwegs, sondern sie profiliert sich als Kandidatin der der einfachen Leute, deren Kaufkraft eingeschränkt wurde. Sie macht ständig Vorschläge, wie die Lebenshaltungskosten niedrig gehalten werden könnten.

DOMRADIO.DE: Die katholische Kirche in Frankreich hat andere Sorgen, wie zum Beispiel den Missbrauchsskandal. Wie wählen denn Frankreichs Katholiken?

Valérie Pécresse, Präsidentschaftskandidatin der konservativen Partei Républicains / © Laurent Cipriani (dpa)
Valérie Pécresse, Präsidentschaftskandidatin der konservativen Partei Républicains / © Laurent Cipriani ( dpa )

Lunte: Das kann ich nur aus meiner eigenen Erfahrung und meinen Beobachtung ableiten. Ich würde sagen, sie wählen zu einem großen Teil weiterhin die praktizierenden Katholiken.

Also diejenigen, die weiterhin in die Kirche gehen und an den Sakramenten teilnehmen, die wählen zu einem großen Teil Valérie Pécresse. Sie ist die Präsidentschaftskandidatin der Partei Républicains, eine bürgerliche Partei vergleichbar der CDU.

Dann gibt es einen Teil aus dieser Gruppe, die wird eher für Èric Zemmour, einen weiteren rechtsextremen Kandidaten, wählen.

Eine dritte Gruppe wird Macron, der für die Partei La République en Marche! antritt, wählen. Die praktizierenden Katholiken stimmen eher weniger für Marine Le Pen.

Das Interview führte Michelle Olion.

Quelle:
DR