Früherer Bischof und Nobelpreisträger Belo wird 75

Überschattet von Missbrauchstaten

Carlos Filipe Ximenes Belo, früherer Bischof von Osttimor und Friedensnobelpreisträger von 1996, wird an diesem Freitag 75 Jahre alt. Früher galt Belo als Nationalheld, zuletzt wurde er mit massiven Missbrauchsvorwürfen konfrontiert.

Autor/in:
Alexander Brüggemann
Bischof Carlos Belo  (KNA)
Bischof Carlos Belo / ( KNA )

In den 1990er-Jahren galt Belo als Nationalheld für seinen mutigen Kampf für die Menschen und die Unabhängigkeit in Osttimor, wurde er zuletzt mit massiven Missbrauchsvorwürfen konfrontiert. Der Vatikan verhängte 2020 und 2021 Disziplinarmaßnahmen gegen Belo.

Kontakt mit Osttimor verboten

Dazu gehörten Einschränkungen der Bewegungsfreiheit und der Ausübung seines Amtes sowie ein Verbot des Kontakts mit Minderjährigen. Weiter wurde ihm der Kontakt mit Osttimor verboten. Belo habe die Maßnahmen in beiden Fällen förmlich angenommen, so der Vatikan. Dem Geistlichen wird vorgeworfen, in den 70er bis 90er Jahren in zahlreichen Fällen minderjährige Jungen sexuell missbraucht zu haben.

Belo war 2002 als Bischof (Apostolischer Administrator) der Hauptstadt Dili zurückgetreten; als Begründung gab er mentale wie körperliche Erschöpfung an. Nach einer Station als Hilfspriester in Maputo (Mosambik) lebt er heute in Portugal.

Betroffene von damals sagen laut Medienberichten aus, der Bischof habe seine Machtposition gegenüber Jungen in extremer Armut missbraucht. Aus Scham hätten sie lange Jahre nicht über die Vorfälle gesprochen.

Gefallener Volksheld

Papst Franziskus sagte in einem jüngsten Interview der Nachrichtenagentur AP zum Vorwurf der Geheimhaltung der Vorfälle durch den Vatikan seit Anfang der 2000er Jahre, als die Vorgänge um Belo im September 2022 über den Bischof von Osttimor herausgekommen seien, habe er zugestimmt: "Ja, lasst es am helllichten Tag geschehen. (...) Ich habe nicht die Absicht, es zu vertuschen." Es handele sich aber um (kirchliche) Entscheidungen, die "vor 25 Jahren getroffen wurden", als es noch kein solches Bewusstsein für den Umgang mit sexuellem Missbrauch gegeben habe wie heute.

Die katholische Zeitung "La Croix" veröffentlichte (online Mittwochabend) eine lange Reportage aus Dili, die das Ausmaß der Verschwiegenheit über die Taten des gefallenen Volkshelden verdeutlicht. Zeitzeugen berichten, dass sie sehr wohl und lange von dessen Neigungen gewusst hätten. Es habe sich aber niemand getraut, gegen eine Figur dieser Größe mit Vorwürfen dieser Art aufzustehen.

Der Rom-Korrespondent der Zeitung assistierte dem Reporter. Mehrere Kardinäle hätten nicht auf Fragen geantwortet, darunter Stanislaw Dziwisz, der damalige Sekretär von Papst Johannes Paul II.; Robert Sarah, damals Sekretär der heutigen vatikanischen Missionsbehörde, dessen Vize und ab 2004 Papstbotschafter in Indonesien und Osttimor, Malcolm Ranjith, sowie der Patriarch von Lissabon, Manuel do Nascimento Clemente. Auch die derzeitigen Leiter der Missionsbehörde hätten nicht auf Fragen reagiert.

Osttimor

Osttimor ist eine Republik in Südostasien. Der langgestreckte Inselteil von der ungefähren Fläche Thüringens grenzt westlich an Indonesien und liegt etwa 500 Kilometer nördlich von Australien.

Über etwa 400 Jahre gehörte Osttimor zum portugiesischen Kolonialreich, ehe es nach einem Bürgerkrieg um staatliche Unabhängigkeit 1975 von Indonesien annektiert wurde. Die brutale indonesische Besatzung endete 1999 im Zuge eines Referendums. Die Vereinten Nationen übernahmen bis zur förmlichen staatlichen Unabhängigkeit am 20. Mai 2002 die Kontrolle. Bis 2013 waren UN-Blauhelme im Land.

Osttimor / © JoaoCachapa (shutterstock)
Quelle:
KNA