Friedensgebet in Solidarität mit Herner Pfarrerin

Zeichen gegen Spaltung der Gesellschaft

Nach den Todesdrohungen gegen die Herner Pfarrerin Melanie Jansen haben Vertreter aus Kirche und Gesellschaft am Samstag mit einem Friedensgebet öffentlich Solidarität gezeigt. Hunderte Menschen trafen sich auf dem Herner Europaplatz.

Solidarität / © Klaus-Dietmar Gabbert (dpa)
Solidarität / © Klaus-Dietmar Gabbert ( dpa )

Sie hätten vor der Kreuzkirche für Frieden gebetet und ein Zeichen gegen eine Spaltung der Gesellschaft setzen wollen, teilte der evangelische Kirchenkreis Herne mit. Unter den Teilnehmenden sei neben Vertretern der Evangelischen Kirche von Westfalen unter anderen auch Hernes Oberbürgermeister Frank Dudda (SPD) mit einer Delegation des Stadtrats gewesen. Pfarrerinnen und Pfarrer des Kirchenkreises und ihre katholischen Kollegen haben im Talar an der Andacht teilgenommen.

Morddrohungen gegen Pfarrerin aus Herne

Eine Pfarrerin aus Herne, die parallel zu Demonstrationen gegen Corona-Maßnahmen samstags regelmäßig Friedensgebete organisiert, hat Todesdrohungen erhalten. Der Staatsschutz ermittle nach zwei Vorfällen gegen unbekannt, teilte ein Polizeisprecher am Donnerstag mit. Die Evangelische Kirche im Rheinland verurteilte die Drohungen scharf. "Wir stehen in uneingeschränkter Solidarität hinter unserer Kollegin und Schwester in Christus und an der Seite aller Menschen, die gegen Hass und Gewalt Position beziehen", hieß es in einer Solidaritätserklärung der Landessynode 2022.

Prozess um Morddrohungen gegen dunkelhäutigen Ex-Pfarrer  / © Sven Hoppe (dpa)
Prozess um Morddrohungen gegen dunkelhäutigen Ex-Pfarrer / © Sven Hoppe ( dpa )

Friedensgebet als Zeichen der Deeskalation

Die Superintendentin des Kirchenkreises Herne, Claudia Reifenberger, hat die Andacht zusammen mit dem katholischen Pfarrer Meinolf Mika unter Beteiligung von Tuncay Nazim von der islamischen Gemeinde Röhlinghausen geleitet. Thema war das Jesuswort "Wer ohne Sünde ist, der werfe den ersten Stein". "Woher kommt diese Wut, woher dieses Verlangen jemanden auszumachen, der schuld sein muss?", fragte Reifenberger. Aufgeheizte Stimmung verleite dazu, einfache Antworten, Schuldige zu finden.

"Das Friedensgebet vor der Kreuzkirche ist ein Zeichen", betonte die Pfarrerin. Es sei eine Form der Deeskalation. "Eine heilsame Unterbrechung, um den eigenen Blick neu zu justieren in der Pandemie,
die von uns allen viel abverlangt, die uns müde macht und unsere Haut dünn." Im Gebet gehe es darum, den Druck abzuleiten und den Blick wieder klarer zu machen. "Wir sehen einander an und erkennen, dass wir einander brauchen", betonte Reifenberger.

Todesdrohungen nach Kritik an "Corona-Spaziergängen"

Jansen organisiert als evangelische Pfarrerin der Kreuz-Kirchengemeinde in Herne Friedensgebete im Gedenken an die Opfer der Corona-Pandemie. Im Rahmen der Gebete hatte sie sich öffentlich gegen die sogenannten "Spaziergänge" in der Stadt als Protest gegen Corona-Maßnahmen positioniert. Nach Todesdrohungen gegen sie ermittelt nun der Staatsschutz. Die Kirchenleitung der westfälischen Kirche hatte der jungen Pfarrerin ihre umfängliche Unterstützung zugesagt. Auch die Evangelische Kirche im Rheinland hatte als Nachbarkirche die Morddrohungen "aufs Schärfste" verurteilt. Ausgerichtet werden die Friedensgebete gemeinsam von den Kirchengemeinden der Stadt und der Islamischen Gemeinde Röhlinghausen.

Quelle:
epd