Die ACLED ist eine nichtstaatliche Organisation mit Sitz in den USA, die Daten zu Konflikten weltweit sammelt und auswertet. Bereits 2025 waren laut ACLED schätzungsweise 831 Millionen Menschen - und somit 16 Prozent der Weltbevölkerung - von Konflikten betroffen. Die Forscher betonen, dass sich 56.000 Gewalttaten gegen Zivilisten richteten. Dies sei der höchste Wert dieser Art von Gewalt in den vergangenen fünf Jahren. 185.000 Gewalttaten wurden insgesamt für 2025 verzeichnet.
Laut Analyse waren nichtstaatliche bewaffnete Gruppen für etwa zwei Drittel aller Gewalttaten gegen Zivilisten sowie 59 Prozent der zivilen Todesopfer verantwortlich. Veränderungen gab es bei der Kriegsführung. In den vergangenen fünf Jahren nutzten 469 nichtstaatliche Gruppen - Aufständische, Milizen, Banden und transnationale Kartelle - mindestens einmal eine Drohne; 58 davon zum ersten Mal im Jahr 2025. Das sei früher Staaten vorbehalten gewesen.
Zahlreiche Akteure involviert
Den ACLED-Analysten zufolge ist es außerdem schwieriger denn je geworden, einen Konflikt zu beenden. Ein Beispiel ist der Sudan: Offiziell liefern sich die sudanesische Armee und die Rapid Support Forces (RSF) einen Krieg um die Vormacht im Land.
Involviert sind aber zahlreiche weitere Akteure, etwa die Vereinigten Arabischen Emirate, die die RSF unterstützen. Die Interessenlage ist komplex. Auch treiben Bodenschätze wie etwa im Osten des Kongo Konflikte weiter an, obwohl die Demokratische Republik Kongo und Ruanda ein Friedensabkommen geschlossen haben.
So viele Konflikte wie seit 1946 nicht mehr
Ein weiterer Aspekt: "Selbst wenn Kriege scheinbar beendet sind, flammt die Gewalt oft wieder auf und hält Zivilisten in einem Teufelskreis der Unsicherheit gefangen", schreibt ACLED. Auch würde in Konflikten zunehmend Infrastruktur zerstört - mit fatalen Folgen für Millionen Menschen: Sie würden nirgendwo Hilfe finden, wovor auch humanitäre Organisationen wie UN-Institutionen regelmäßig warnen, etwa wenn es um die Situation von Millionen Palästinensern geht. Obwohl der Bedarf riesig ist, lässt sich vielerorts Hilfe kaum leisten.
Die Entwicklung zeichnet sich schon länger ab: In einer im Juni veröffentlichten Studie des Osloer Friedensforschungsinstituts (PRIO) gab es im Jahr 2024 weltweit so viele Kriege und Konflikte wie seit Ende des Zweiten Weltkriegs nicht mehr; 1946 begannen die Aufzeichnungen. In 36 Staaten wurden 61 Konflikte verzeichnet, wobei etliche Länder zeitlich von mehreren Konflikten betroffen waren.
Für 2026 prognostiziert PRIO: Die Ukraine wird die höchste Zahl an Todesopfern haben, 28.300 Menschen, gefolgt von Palästina und Israel (7.700) und dem Sudan (4.300).
Das Institut beruft sich dabei auf eine KI-gestützte Konfliktvorhersage, die gemeinsam mit der Universität Uppsala in Schweden entwickelt wurde. Die Prognosen sind eher konservativ, geht man doch beispielsweise alleine im Sudan von mehr als 150.000 Toten in knapp zweieinhalb Kriegsjahren aus.
Naturkatastrophen verschärfen Krisen
Vor allem die beiden erstgenannten Kriege sind in Europa präsent. Auf seiner Emergency Watchlist 2026 erinnert die Hilfsorganisation International Rescue Committee (IRC) auch an Kriege und Krisen, die kaum internationale Aufmerksamkeit erhalten und sich verschärfen werden.
Auf Platz sechs liegt etwa Myanmar in Südostasien, wo nach der Machtübernahme des Militärs im Jahr 2021 der Konflikt zwischen Armee und bewaffneten Gruppen anhält. Das schwere Erdbeben mit einer Stärke von 7,7 im März verschlechterte den Alltag von Millionen Menschen weiter. Mittlerweile seien 16,2 Millionen Menschen auf humanitäre Unterstützung angewiesen.
Nach IRC-Einschätzung wird sich die Lage auch in Haiti - seit dem Tod von Präsident Jovenel Moïse im Jahr 2021 übernehmen bewaffnete Banden nach und nach die Kontrolle -, im Südsudan und Libanon verschärfen sowie in den Sahelstaaten Mali und Burkina Faso; und im Sudan, wo sich schon jetzt die größte humanitäre Krise der Welt abspielt.
Geld wird knapp
Mehr Krisen, aber weniger Finanzierung: Auch diese Entwicklung wird sich fortsetzen. In 19 Ländern klafft nach Angaben des Humanitarian Funding Forecast eine Finanzierungslücke von mehr als 50 Prozent.
Nicht nur die USA haben unter der Regierung von Präsident Donald Trump drastische Kürzungen vorgenommen. Auch der Haushalt des deutschen Entwicklungsministeriums fällt deutlich geringer aus. Für das laufende Jahr sind 10,3 Milliarden Euro vorgesehen, für das kommende Jahr aber nur noch 10 Milliarden Euro.
Nach Einschätzung von Pierre Krähenbühl, Generaldirektor des Internationalen Komitees vom Roten Kreuz (IKRK), sind die Folgen aber noch weitreichender: "Wenn das, was wir in Gaza, im Osten des Kongo, im Sudan und in der Ukraine sehen, die Zukunft des Krieges ist, sollten wir alle äußerst besorgt sein, denn dies würde die Grundfesten unserer Menschlichkeit erschüttern", heißt es im Ausblick der Organisation für 2026.
Neben einem besseren Schutz für Helfer und Einhaltung von internationalem humanitären Recht fordert das IKRK vor allem eins: Die Politik muss handeln, denn "humanitäre Hilfe kann Leid lindern, aber nur politisches Handeln kann es beenden".