Forum Co-Vorsitzende Mock zieht Fazit der Synodalversammlung

"Ein historischer Moment"

Diskutiert wurde bei der Synodalversammlung auch der Umgang der Kirche mit Homosexualität. Das Thema liegt in der Zuständigkeit des Forums "Leben in gelingenden Beziehungen". Wie beurteilt die Co-Vorsitzende die Entwicklung?

Birgit Mock, Co-Vorsitzende des Forums "Leben in gelingenden Beziehungen" beim Synodalen Weg / © Julia Steinbrecht (KNA)
Birgit Mock, Co-Vorsitzende des Forums "Leben in gelingenden Beziehungen" beim Synodalen Weg / © Julia Steinbrecht ( KNA )

DOMRADIO.DE: "Das ist hier fast schon ein historischer Moment." Der Satz fiel in Frankfurt in den vergangenen Tagen mehrmals, als über 200 Delegierte des Synodalen Weges zusammen gekommen sind. Erstmals gings auch um Beschlüsse. "Ein historischer Moment". Gehen Sie da mit oder ist das ein bisschen zu hoch gegriffen?

Birgit Mock (Leiterin des Forums "Leben in gelingenden Beziehungen"): Für mich war es ein wirklich historischer Moment. Ich hatte fast den Eindruck, dass wir in diesen drei Tagen in Frankfurt den Reformstau der letzten 30 Jahre bearbeitet haben.

DOMRADIO.DE: Die Texte Ihres Forums wurden in erster Lesung befürwortet, also noch nicht endgültig beschlossen. Viele Stimmen sagen aber, dass es gerade jetzt drängt, zum Beispiel bei der Frage des kirchlichen Arbeitsrechts mit Blick auf Homosexuelle. Kann man da warten bis das Reformprojekt beendet ist? Oder muss man da jetzt schnell was passieren?

Birgit Mock: Viele von uns haben die Initiative #OutInChurch, denke ich, erlebt, die am 24. Januar mit Statements an die Öffentlichkeit getreten ist. Da haben sie Katholikinnen und Katholiken erstmals in der Geschichte geoutet als queer, hatten den Mut, mit diesem Bekenntnis, dieser Selbstoffenbarung vor die Kamera zu treten und haben noch mal deutlich gemacht, was dieses queer sein in den letzten Jahrzehnten für sie auch an Leid verursacht hat. Insofern ist das Drängen zum Handeln vorhanden und dazu in allererster Linie natürlich das kirchliche Arbeitsrecht. Das ist auch unser Vorschlag, den wir mit dem Text vorgelegt haben, dass wir gesagt haben, die Frage nach der sexuellen Identität, nach der sexuellen Orientierung darf kein Grund mehr für eine Kündigung sein.

DOMRADIO.DE: Beschlossen hat der synodale Weg am Wochenende zum Beispiel eine weitreichende Gewaltenteilung oder Volksbeteiligung bei der Bischofswahl, aber mit der Einschränkung, dass diese Entscheidungen nicht bindend sind. Wie zuversichtlich sind Sie denn dann, dass die Beschlüsse trotzdem umgesetzt werden, zum Beispiel von den Bischöfen, die dagegen gestimmt haben?

Birgit Mock: Für die kirchliche Grundordnung, also die Änderung des Arbeitsrechts, bin ich hoffnungsvoll, dass sich Dinge verändern aus mehreren Gründen. Erstens, weil wir bereits vor der Synodalversammlung, nachdem die Initiative #OutInChurch an die Öffentlichkeit getreten ist, schon sehr viele kirchliche Stimmen hörten. Zum Beispiel von Generalvikaren, die schon öffentlich sagten, dass sie bereits jetzt keine Kündigungen aussprechen bei Menschen mit homosexueller Identität. Wir haben für diesen Text, über den wir jetzt in Frankfurt intensiv beraten haben, auch eine Zustimmung bekommen von über 93 Prozent. Das ist wirklich eine ganz hohe Zustimmungsrate. Ich glaube, eine der höchsten, die wir bei Texten jetzt am Wochenende errungen haben. Insofern bin ich da wirklich optimistisch.

DOMRADIO.DE: Macht und Gewaltenteilung ist auch etwas, das Sie hinter den Kulissen im Synodalen Weg bewusst leben. Ihr Forum zu "Leben in gelingenden Beziehungen" leiten Sie nämlich zusammen und gleichberechtigt mit Aachens Bischof Helmut Dieser. Der Synodale Weg arbeitet jetzt schon über zwei Jahre. Haben Sie eigentlich da in der persönlichen Zusammenarbeit auch einen Wandel gemerkt? Ein Umdenken bei Ihrem Bischofskollegen?

Birgit Mock: Also wir arbeiten sehr gut zusammen. Das ist für uns beide, das sagen wir immer wieder, eine sehr gute Konstellation und wir erleben auch, dass wir geteilte Verantwortung jetzt schon umsetzen. Für uns ist das, was der Synodale Weg eigentlich möchte, eine geschwisterliche Kirche, eine geteilte Verantwortung. Alle werden gehört, alle Meinung werden idealerweise integriert. Das versuchen wir jetzt schon, dass erste Inseln davon jetzt schon spürbar sind. Und für unsere Doppelspitze kann ich das in jedem Fall und aus vollem Herzen bejahen.

DOMRADIO.DE: Die Kirche ist in sehr schwerem Fahrwasser im Moment. Viele haben gehofft, dass die Synodalversammlung ein kleiner Befreiungsschlag wird. Bischof Bätzing hat das verneint. Die Probleme sind drängend und bleiben drängend. Aber haben diese drei Tage, Donnerstag bis Samstag, in Frankfurt für Sie was verändert an der Lage und auch an der Wahrnehmung der Kirche?

Birgit Mock: Diese drei Tage haben extrem wichtige Weichen gestellt und da kommen wir auch nicht mehr zurück. Alle 14 Texte, die wir vorgelegt haben, sind befürwortet worden und einige Texte sogar auch schon in zweiter Lesung verabschiedet worden. Das ist ein Riesenerfolg. Das hätten viele, glaube ich, auch vor zwei, drei Jahren noch nicht für möglich gehalten. Nichtsdestotrotz ist es natürlich richtig, die Arbeit geht weiter. Vor allem auch die Arbeit in der konkreten Umsetzung hinterher. Wenn wir jetzt Texte beschließen und dafür steht die Ampel aus meiner Sicht auf grün, dann bedeutet das aber auch noch, dass jeder Bischof aufgerufen und aufgefordert ist, diese Beschlüsse in seinem Bistum dann am Ende auch ins Handeln zu bringen.

Das Interview führte Katharina Geiger.

Die Voten des Synodalen Wegs im Überblick

Bei der dritten Vollversammlung des Synodalen Wegs in Frankfurt haben die Teilnehmenden erstmals konkrete Beschlüsse zu Reformen in der Kirche gefasst. Die Katholische Nachrichten-Agentur (KNA) fasst nachfolgend wesentliche Inhalte und Abstimmungsergebnisse zusammen:

Eine Hand hält ein Gerät für die digitale Abstimmung am 5. Februar 2022 in Frankfurt. / © Julia Steinbrecht (KNA)
Eine Hand hält ein Gerät für die digitale Abstimmung am 5. Februar 2022 in Frankfurt. / © Julia Steinbrecht ( KNA )
Quelle:
DR
Mehr zum Thema