Forschungsgemeinschaft will Gesetze lockern - Schavan und EKD pochen auf Schutz menschlichen Lebens

Wieder Streit um Stammzellforschung

 (DR)

Mit ihrer Forderung nach Lockerung der gesetzlichen Auflagen für die Forschung mit embryonalen Stammzellen hat die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) eine neue Debatte über Bioethik ausgelöst. Bundesforschungsministerin Annette Schavan (CDU) und die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) lehnten am Freitag den Vorstoß der Forschungsorganisation zur vollständigen Streichung der Stichtagsregelung ab. Hingegen gab es von der FDP Zustimmung für die Initiative.

DFG fordert: Stichtagsregelung abschaffen
Die DFG kritisierte in ihrer Stellungnahme vor allem die Regelung, wonach nur an Stammzellen geforscht werden darf, die vor dem Jahr 2002 angelegt wurden. "Die Stichtagsregelung sollte abgeschafft werden", wird empfohlen. Zudem sollte die Strafandrohung gegen Wissenschaftler, die bei internationalen Forschungskooperationen gegen die Regelungen des Stammzellgesetzes verstoßen, entfallen.

Weiter sprach sich die DFG dafür aus, die Einfuhr neuer Zellkulturen auch für präventive und therapeutische Zwecke zu erlauben. Damit würde die Wettbewerbsfähigkeit deutscher Stammzellforscher nachhaltig verbessert. Die Forschung an embryonalen Stammzellen ist seit Jahren umstritten. Mediziner erhoffen sich von der Stammzellforschung neue Heilungschancen schwerer Krankheiten.

Schavan verteidigt Stichtagsregelung
Für die Bundesregierung erklärte Forschungsministerin Schavan, der Schutz menschlichen Lebens auch im frühesten Stadium stehe nicht zur Disposition. Das Stammzellgesetz von 2002 sei ein Lösungsweg, der unterschiedliche ethische Bewertung wahre und gleichzeitig Forschung ermögliche. Die Stichtagsregelung stelle sicher, dass von Deutschland keine Anreize zur Zerstörung von Embryonen ausgingen. "Deshalb lehnen wir die von der DFG geforderte Abschaffung der Stichtagsregelung ab", erklärte die CDU-Politikerin.

Die EKD warnte vor einer Aufweichung des Embryonenschutzes. Der Wegfall der Stichtagsregelung für die Forschung mit embryonalen Stammzellen würde den Geist des vom Bundestag 2002 beschlossenen Stammzellgesetzes verraten, widersprach der EKD-Ratsvorsitzende Wolfgang Huber dem DFG Vorschlag. Was die Forschungsorganisation empfehle, könne in gesellschaftlicher, rechtlicher und ethischer Hinsicht nicht als Beitrag zur Problemlösung akzeptiert werden.

Eine Festsetzung des späteren Stichtages könnte für einen Ausgleich zwischen gegensätzlichen ethischen Positionen sorgen, so der Berliner Bischof. Generelle Bedenken gegen den Verbrauch menschlicher Embryonen zur Stammzellgewinnung würden damit allerdings nicht ausgeräumt.

Der Bundestagsabgeordnete Hubert Hüppe (CDU) erklärte, die DFG-Forderungen seien ein Angriff auf das Menschenrecht auf Leben. Durch den Wegfall eines Stichtages würde der Embryonenschutz untergraben. Der Forschungsexperte der SPD-Fraktion, Jörg Tauss, signalisierte Gesprächsbereitschaft hinsichtlich der Strafandrohung.

FDP für "forschungsfreundlichere Rahmenbedingungen"
Einen klaren Auftrag an die Politik zur Anpassung des Stammzellgesetzes sieht der stellvertretende FDP-Vorsitzende Andreas Pinkwart in der DFG Empfehlung. Zumindest müsse erreicht werden, dass eine "nachlaufende Stichtagsregelung" eingeführt und endlich Rechtssicherheit für deutsche Forscher geschaffen werde. Nur dann könnte die deutsche Forschung mit neueren Zelllinien arbeiten, die frei von Verunreinigungen und deshalb auch für therapieorientierte Forschung geeignet seien.

Deutschland brauche forschungsfreundlichere Rahmenbedingungen für die embryonale Stammzellenforschung, um mittelfristig auch beim Übergang von der Grundlagenforschung in die therapeutische Anwendung mithalten zu können, erklärte Pinkwart. Er ist auch nordrhein-westfälischer Innovationsminister.