Flughafenseelsorge Frankfurt blickt auf 50 Jahre zurück

Wenn Mutter Teresa dringend Ronald Reagan anrufen muss

Vor 50 Jahren wurde in Frankfurt am Main die erste Flughafenseelsorge Deutschlands eingesetzt. Für den aktuellen katholischen Seelsorger, Pater Edward Fröhling, geht es oft darum, einfach still dabei zu sein und Menschen zu begleiten.

Passagiere am Flughafen Frankfurt am Main / © Boris Roessler (dpa)
Passagiere am Flughafen Frankfurt am Main / © Boris Roessler ( dpa )

DOMRADIO.DE: Sie haben Ihr 50-jähriges Jubiläum groß gefeiert, auch mit ehemaligen Seelsorgerinnen und Seelsorgern.  

Der katholische Pater Edward Froehling und die evangelische Pfarrerin Bettina Kluenemann der kirchlichen Flughafenseelsorge am Flughafen Frankfurt / © Tim Wegner (epd)
Der katholische Pater Edward Froehling und die evangelische Pfarrerin Bettina Kluenemann der kirchlichen Flughafenseelsorge am Flughafen Frankfurt / © Tim Wegner ( epd )

Pater Edward Fröhling SAC (Katholischer Flughafenseelsorger am Flughafen Frankfurt am Main): Einer der vielen Gäste war einer meiner Vorgänger, Pater Walter Maader, der zum Urgestein der Flughafen-Seelsorge gehört. Er ist inzwischen 94 Jahre alt und war selbst 30 Jahre Flughafen-Seelsorger in Frankfurt am Main. Er hatte selbst auf der Feier keinen großen Auftritt, sondern war einfach als Ehrengast dabei. Aber natürlich kann er unglaublich viele Geschichten aus dem Nähkästchen erzählen.

DOMRADIO.DE: Gibt es denn besondere Leute, die am Flughafen schon betreut worden sind?

Fröhling: Pater Maader erzählt sehr gerne von seinen Begegnungen mit Papst Johannes Paul II., als er noch Kardinal war; oder Mutter Teresa, die bei ihm ins Büro geschneit ist, weil sie dringend Ronald Reagan anrufen musste.

Pater Edward Fröhling SAC, Katholischer Flughafenseelsorger am Flughafen Frankfurt am Main

"Wir haben wirklich seit 50 Jahren eine ausdrücklich ökumenische Seelsorgestelle."

DOMRADIO.DE: War die Seelsorge am Flughafen eigentlich von Anfang an ökumenisch?

Fröhling: Ja, das ist eigentlich das besonders Schöne in Frankfurt am Main, dass seit 50 Jahren – und das war damals ja wirklich ein Wunder – beide christlichen Kirchen zusammen diese Flughafenseelsorge konzipiert und auch besetzt haben. Wir haben also wirklich seit 50 Jahren eine ausdrücklich ökumenische Seelsorgestelle.

DOMRADIO.DE: Sie selbst sind noch gar nicht so lange als Flughafenseelsorger vor Ort im Einsatz. Wie erobern Sie denn Ihr Einsatzgebiet? Wie kann man sich so einen Tag vorstellen? Der Flughafen ist ja riesig.

Pater Walter Maader, ehemaliger Flughafenseelsorger / © Norbert Demuth (dpa)
Pater Walter Maader, ehemaliger Flughafenseelsorger / © Norbert Demuth ( dpa )

Fröhling: Der Flughafen ist eine Welt für sich. Es arbeiten 80.000 Leute da, die jeden Tag dort sind. Dazu kommen die Passagiere. Das sind über 100.000, manchmal 150.000 am Tag, die da durchkommen mit Landungen und Abflügen. Das ist natürlich fast unüberschaubar. Ich bin jetzt ein Jahr da, und man braucht wirklich eine ganze Zeit, um sich überhaupt in diese Netzwerke einzufinden.

Das heißt aber einfach, wir haben unsere Stellen dort in den Büros und in den Kapellen. Gleichzeitig sind wir viel im Terminal unterwegs. Die Bundespolizei, die ja auch einen großen Anteil am Flughafen-Personal einnimmt, hat mich zu Beginn meiner Amtszeit eingeladen, einfach auch in ihrem Dienst dabei zu sein und so die Abläufe und auch die wichtigen Leute kennenzulernen. Man stößt da überall auf offene Türen.

DOMRADIO.DE: Seelsorge ist etwas sehr Privates. Man ist meistens zu zweit oder zu dritt und führt Seelsorge-Gespräche. Da wird es natürlich schon mal enger zwischen den Leuten. Man erzählt Dinge, die man vielleicht nicht jedem erzählen würde, weil man weiß, man kann die irgendwo abladen. Wie schaffen Sie denn diese Atmosphäre in diesem riesigen Flughafen, der so laut und hektisch ist?

Fröhling: Das eine ist, dass wir unsere Anlaufstelle haben. Das sind sehr schöne Räume, eher ruhig gelegen im Terminal 1, in der Abflughalle B. Man geht eine Treppe hoch und dann ist man in einem ziemlich geschützten Raum. Da ist die Kapelle und da sind unsere Büros. Da kommen natürlich viele Leute einfach auch vorbei, privat oder manchmal Familien, die sich von jemanden verabschieden. Ansonsten sind wir viel im Terminal unterwegs. Es gibt verteilt – auch im Transitbereich – verschiedene Ruhe- und Gebetsräume, wo es immer möglich ist, sich mit Leuten zurückzuziehen für ein ruhiges Gespräch.

Pater Edward Fröhling SAC, Katholischer Flughafenseelsorger am Flughafen Frankfurt am Main

"Da kann man eigentlich oft nur still dabei sein, damit die Menschen nicht alleine sind."

DOMRADIO.DE: Was sind vielleicht auch Dinge, die Ihnen als Flughafenseelsorger – oder auch Ihren Kollegen und Kolleginnen – schwerfallen?

Fröhling: Das hat – glaube ich – zwei verschiedene Ebenen. Das eine ist, dass einem natürlich viel Privates einfach da gelassen wird. Am Flughafen sterben Leute. Menschen sterben unterwegs auf dem Flug. Angehörige brauchen Betreuung, manchmal Begleitung in die Kliniken. Wenn unterwegs jemand stirbt, ist es wichtig, sich um die Familie zu kümmern, die jetzt übrig geblieben ist.

Das sind schwere Zeiten, natürlich. Da kann man eigentlich oft nur still dabei sein, damit die Menschen nicht alleine sind. Das ist die persönliche Ebene von Seelsorge. Das andere, was ich am schwierigsten finde, ist, wie es uns gelingen kann, auch für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter Seelsorgeangebote zu machen. Die Zeiten sind da in den Schichten sehr eng getaktet. Da ist es ganz schwierig, schöne Gottesdienstangebote oder Begegnungsmöglichkeiten mitten im Stress zu schaffen. Das finde ich am schwierigsten, ehrlich gesagt.

Das Interview führte Michelle Olion.

Quelle:
DR