Orthodoxe Mönche wollen im Kiewer Höhlenkloster bleiben

Klare Botschaft nach Rauswurf

In der ukrainischen Hauptstadt Kiew droht ein Machtkampf um das bedeutendste Heiligtum des Landes. Dutzende orthodoxe Mönche wollen nicht akzeptieren, dass die Regierung sie aus dem berühmten Höhlenkloster verbannt.

Autor/in:
Oliver Hinz
Blick über den Dnjepr auf die Trabanten-Städte von Kiev und auf die Höhlenklosteranlage Kyivo-Petscherska-Lawra, einen der bedeutendsten Heiligtümer der Orthodoxie in der Ukraine. / © KNA-Bild (KNA)
Blick über den Dnjepr auf die Trabanten-Städte von Kiev und auf die Höhlenklosteranlage Kyivo-Petscherska-Lawra, einen der bedeutendsten Heiligtümer der Orthodoxie in der Ukraine. / © KNA-Bild ( KNA )

"Wir wollen nicht ausziehen - und werden es auch nicht tun", sagte Klosterabt Metropolit Pawlo am Montag in einer Videobotschaft.

Die Behörden drohten zwar mit Strafmaßnahmen, aber heute sei "nicht das 17. Jahrhundert", es gebe Gesetze, so der wegen seiner Nähe zu Russland in der Ukraine umstrittene Geistliche. Viele Ordensmänner lebten bereits seit 1988 in dem Heiligtum und "haben keinen anderen Ort als hier".

Räumung bis Ende März gefordert

In dem Höhlenkloster hat die Leitung der Ukrainisch-Orthodoxen Kirche (UOK) ihren Sitz, die lange dem Moskauer Patriarchat unterstand und sich erst im Mai 2022 von diesem lossagte. Die zuständige ukrainische Behörde hatte am Freitag die UOK aufgefordert, das Höhlenkloster zum Ende des Monats ganz zu verlassen.

Kulturminister Olexandr Tkatschenko begründete die Kündigung des Nutzungsvertrages der Kirche für das Kloster damit, dass diese gegen Regelungen verstoßen habe, indem sie etwa auf dem Klostergelände ohne Genehmigung Gebäude errichtet habe.

Selenskyj: Stärkung spiritueller Unabhängigkeit

Präsident Wolodymyr Selenskyj bezeichnete das strikte Vorgehen seiner Regierung gegen die UOK als "Bewegung zur Stärkung unserer spirituellen Unabhängigkeit". In einer Videoansprache sagte er, man werde nicht zulassen, dass Russland "irgendeine Gelegenheit bekommt, die Spiritualität unseres Volkes zu manipulieren, ukrainische Heiligtümer - unsere Lawras - zu zerstören oder aus ihnen irgendwelche Wertsachen zu stehlen".

Unbefristeter Nutzungsvertrag seit 2013

Metropolit Pawlo widerspricht mit der auf der Kloster-Website veröffentlichten Videobotschaft auch dem Oberhaupt seiner Kirche, dem Kiewer Metropoliten Onufri. Dieser hatte am Sonntag bei einem Gottesdienst im Kloster signalisiert, man werde sich den Anordnungen der Behörden fügen. Er rief jedoch die Gläubigen auf, dafür zu beten, "damit der Herr die Meinungen derer ändert, die wollen, dass die Brüder das heilige Kloster verlassen". Die UOK hatte 2013 unter dem damaligen Staatspräsidenten Viktor Janukowitsch einen unbefristeten Vertrag über die kostenlose Nutzung eines Großteils des Höhlenklosters geschlossen.

Weiterhin Ort der Anbetung

Die Abtei aus dem 11. Jahrhundert gilt als die Wiege der ostslawischen Orthodoxie. Der 23 Hektar große Klosterkomplex mit rund 140 Gebäuden trägt den Ehrentitel "Lawra", wie insgesamt nur drei Abteien in der Ukraine und zwei weitere in Russland. Die Unesco nahm das Kiewer Höhlenkloster 1990 in ihre Liste des Welterbes auf.

Minister Tkatschenko schloss eine mögliche Zukunft für die Ordensmännern in dem Kloster nach Abschluss einer Prüfung nicht aus. Das Heiligtum werde ein Ort der Anbetung und religiösen Zeremonien bleiben, versicherte er.

Vorwurf: Nähe zu Russland

In der Ukraine gibt es zwei konkurrierende orthodoxe Kirchen. Die Regierung unterstützt die 2018 mit Hilfe des Ökumenischen Patriarchen von Konstantinopel und orthodoxen Ehrenoberhaupts Bartholomaios I. gegründete Orthodoxe Kirche der Ukraine (OKU). Sie ging aus zwei Konfessionen hervor, die sich bereits vor Jahrzehnten vom Moskauer
Patriarchat getrennt hatten. 

Selenskyj und seine Regierung beschuldigen die UOK seit Monaten, weiter mit Moskau zu kollaborieren. Anfang Dezember setzte er neun Bischöfe, darunter auch Pawlo, auf eine Sanktionsliste, weil sie sich im Krieg auf die Seite Russlands gestellt haben sollen. Der nationale Sicherheits- und Verteidigungsrat beschloss, für fünf Jahre ihr Vermögen einzufrieren. Zudem wurden ihnen bestimmte Handelsgeschäfte untersagt. Ukrainische Gerichte verurteilten mehrere Priester zu hohen Haftstrafen, unter anderem wegen Spionage für Russland. Insgesamt eröffnete die Ukraine  Strafverfahren gegen etwa 60 Geistliche der UOK.

Orthodoxe Kirchen in der Ukraine

Rund 70 Prozent der 45 Millionen Ukrainer bekennen sich zum orthodoxen Christentum. Sie gehören allerdings zwei verschiedenen Kirchen an: der ukrainisch-orthodoxen Kirche des Moskauer Patriarchats und der autokephalen (eigenständigen) "Orthodoxen Kirche der Ukraine".

Orthodoxe Kirche der Ukraine / © Sergey Korovayny (KNA)
Orthodoxe Kirche der Ukraine / © Sergey Korovayny ( KNA )
Quelle:
KNA