Fakultätentagspräsident sieht Thunberg-Doktortitel kritisch

Worin liegt ihr "besonderer Verdienst"?

Die lutherisch-theologische Fakultät der Universität Helsinki will der Klimaaktivistin Greta Thunberg die Ehrendoktorwürde verleihen. Wäre sowas auch auf katholischer Seite denkbar? Ein Gastbeitrag vom Vorsitzenden des Fakultätentages.

Autor/in:
Dirk Ansorge
Greta Thunberg / © Laurent Gillieron (dpa)
Greta Thunberg / © Laurent Gillieron ( dpa )
Professor Dirk Ansorge, Vorsitzender des Katholisch-Theologischen Fakultätentags (KThF) / © Annika Schmitz (KNA)
Professor Dirk Ansorge, Vorsitzender des Katholisch-Theologischen Fakultätentags (KThF) / © Annika Schmitz ( KNA )

Nach der Apostolischen Konstitution "Veritatis Gaudium", der seit 2018 geltenden und weltweit verbindlichen Studienordnung für katholische Universitäten und Fakultäten, kann ein Ehrendoktorat "wegen besonderer wissenschaftlicher oder kultureller Verdienste um die Förderung kirchlicher Wissenschaften verliehen werden" (VG 51). Ich verstehe das so, dass die betreffenden Leistungen inhaltlich mit dem Fach katholische Theologie zu tun haben und formal dessen Methoden entsprechen muss.

Keine Frage: Wofür Frau Thunberg seit Jahren einsteht, nämlich die Bewahrung der Schöpfung, ist im Licht der päpstlichen Enzyklika "Laudato si" uneingeschränkt zu bejahen. Ob der dazu von ihr beschrittene Weg öffentlicher Stellungnahmen und Kundgebungen der "Förderung kirchlicher Wissenschaften" dient, scheint mir indes weniger eindeutig.

1995 erhielt der Filmemacher Wim Wenders von der katholisch-theologischen Fakultät der Universität Fribourg in der Schweiz die Ehrendoktorwürde; 2005 wurde sie ihm von der Katholischen Universität Leuven in Belgien verliehen. Man muss also nicht gelehrte Abhandlungen verfassen, um einen theologischen Ehrendoktortitel zu erhalten. Aber die Anstöße, die vom Medium des Filmes für die theologische Reflexion ausgehen, sind mit Blick auf das Werk von Wim Wenders doch offensichtlicher als beim Aufruf zu Schulstreiks und Demonstrationen.

In jedem Fall muss eine katholisch-theologische Fakultät vor der Verleihung einer Ehrendoktorwürde mit den kirchlichen Autoritäten sprechen. Anders als weltweit üblich ist das in Deutschland der Ortsbischof oder der Ordensobere. Wie dann im Einzelnen entschieden wird, orientiert sich auch an den jeweiligen Promotionsordnungen. Persönlich würde ich das Kriterium von "Veritatis Gaudium" jedenfalls nicht leichtfertig preisgeben, wonach ein Ehrendoktorat "besondere Verdienste um die Förderung kirchlicher Wissenschaften" anerkennt.

Über den Autor: Prof. Dr. Dirk Ansorge ist seit 2023 Vorsitzender des katholischen Fakultätentages. Seit 2012 hat er an der Frankfurter Hochschule für katholische Theologie und Philosophie Sankt Georgen den Lehrstuhl für Dogmatik und Dogmengeschichte inne. 

Klima-Aktivistin Greta Thunberg erhält Ehrendoktor in evangelischer Theologie

Die schwedische Klima-Aktivistin Greta Thunberg (20) wird für ihren "kompromisslosen und konsequenten" Einsatz mit der Ehrendoktorwürde der Universität Helsinki ausgezeichnet. Dies gab die Theologische Fakultät der Hochschule auf ihrer Website bekannt. "Ihr Handeln hat uns alle vor die Aufgabe gestellt, als Mitglieder von Gemeinschaften und Gesellschaften, aber vor allem als Menschen unser tägliches Leben zu verändern", so die Begründung.

Greta Thunberg bei der Generaldebatte der UN-Vollversammlung / © Mary Altaffer (dpa)
Greta Thunberg bei der Generaldebatte der UN-Vollversammlung / © Mary Altaffer ( dpa )
Quelle:
DR