Wie eng Esoterik und Verschwörungsmythen zusammenhingen, habe nicht zuletzt die Corona-Pandemie gezeigt, mahnt Pöhlmann, der auch landeskirchlicher Beauftragter für Sekten- und Weltanschauungsfragen der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Bayern ist.

In der Folge drohten "ein Abrutschen in irrationale, auch rechtsoffene Sonderwelten, gesellschaftliche Spaltung, permanente Selbstüberforderung und die Sucht nach spirituell-emotionaler Dauererhitzung", schreibt Matthias Pöhlmann in einem Gastbeitrag für die Zeitschrift "Psychologie Heute" (März-Ausgabe).
"Spiritueller Tanz um das eigene Ich"
Vielen spirituellen Zeitgenossen sei derweil der Begriff "Religiosität" verdächtig: Nach einer weit verbreiteten Auffassung stehe er für "verkopfte, dogmatische, den Einzelnen entmündigende Kirchendoktrin". Dazu passe ein "Organisationen Bashing", so der Experte: "Religiös-weltanschauliche, rational-kritische Diskurse werden damit im Keim erstickt."
Spiritualität erscheine dagegen "besonders anschmiegsam", als individuell und verbunden mit Entschleunigung und Achtsamkeit. Der "spirituelle Tanz um das eigene Ich" drohe jedoch den Blick zu vernebeln, was "menschliche Grenzen, Krankheit und Tod" betreffe.