Experte findet westliches Bild vom Iran verzerrt

Religion ist ein Vehikel

Zuletzt blickte die Welt mit Sorge auf die Konflikte in Nahost. Nun rät ein Wissenschaftler zu besonnenem Handeln. Das westliche Bild vom Iran sei in manchen Punkten verzerrt. Etwa, was die Rolle der Religion angehe.

Eine Frau mit den Farben der iranischen Flagge im Gesicht / © Johnny Silvercloud (shutterstock)
Eine Frau mit den Farben der iranischen Flagge im Gesicht / © Johnny Silvercloud ( shutterstock )

Religion ist nicht entscheidend für das Selbstbild des Iran: Das beobachtet der amerikanische Politologe Vali Nasr. "Die Ideologie in Iran, die Bedeutung des Hijab, der Religion, ist nach Ansicht des Regimes notwendig, um die nationale Sicherheit zu gewährleisten, sagte Nasr im Interview der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" (Freitag). 

Das Regime sehe sich gezwungen, antiwestlich zu sein, und brauche diese Ideologie, um die Unterstützung der Bevölkerung zu bekommen: "Der Ajatollah sieht sich selbst weniger als Ajatollah, sondern eher als Oberbefehlshaber der iranischen Streitkräfte."

Im Westen halte man Iran für eine Theokratie und glaube, "dass der Islam und der Koran die Position Irans gegenüber dem Westen erklären und dass die Feindseligkeit gegenüber dem Westen kulturell und zivilisatorisch bedingt sei. Das ist falsch", so der Experte. Das Land wolle unabhängig sein von dem, was es als Imperialismus der USA bezeichne. "Es handelt sich nicht um einen zivilisatorischen oder religiösen Krieg. Es ist ein nationalistisches Konzept."

Dies sei keine neue Entwicklung, fügte der Forscher hinzu: "In den vergangenen vierzig Jahren hat sich die Islamische Republik nicht nur durch die Religion definiert, sondern durch nationale Sicherheit. Ihr Apparat, ihre Denkweise, all das spiegelt einen Staat wider, der sich seit Jahrzehnten im Krieg befindet."

Hoffnung auf einen Kompromiss bleibt

Derzeit versuche Iran, wieder abschreckend zu erscheinen. Es gelte, Bedrohungen so weit zu reduzieren, dass dies möglichst wenig nötig sei: "Denn je mehr sich Iran bedroht fühlt, desto mehr wird es nach Abschreckung suchen", warnte Nasr. 

Hardliner im Land betrachteten Diplomatie als Zeitverschwendung, anderen hofften auf einen Weg, der für Iran keine Kapitulation bedeute. "Eine tragfähige Vereinbarung bedeutet, dass Iran und der Westen bereit sein müssen, etwas aufzugeben, sowohl in Bezug auf die Wirtschaftssanktionen als auch in Bezug auf den Umfang des Atomprogramms."

Quelle:
KNA