Die Konferenz Europäischer Rabbiner (CER) und die Orthodoxe Rabbinerkonferenz Deutschland (ORD) haben den verstorbenen emeritierten Papst Benedikt XVI. als großen Theologen gewürdigt.
Die Beziehung zum Judentum sei für Benedikt von wesentlicher Bedeutung für seinen Glauben gewesen, sagte der Präsident der Konferenz der Europäischen Rabbiner (CER) und frühere Oberrabbiner von Moskau, Oberrabbiner Pinchas Goldschmidt, am Sonntag in München.
"Historische Persönlichkeit"
Auch nach seiner Emeritierung habe Benedikt XVI. den Dialog mit den Rabbinern Europas fortgesetzt. Dabei sei es insbesondere um die Frage gegangen, welche religiöse Bedeutung die Rückkehr der Juden in ihre Heimat nach zwei Jahrtausenden im Exil für die Katholiken hat.
Auch der Vorstand der Orthodoxen Rabbinerkonferenz Deutschland (ORD) vertreten durch die Rabbiner Avichai Apel (Frankfurt), Zsolt Balla (Leipzig) und Yehuda Pushkin (Stuttgart) würdigte den Verstorbenen als eine "historische Persönlichkeit". Mit umstrittenen Positionen, etwa zum jüdisch-christlichen Dialog, habe er die interreligiöse Debatte "fruchtbar angeregt". Er habe aber auch stets die Nähe zur jüdischen Gemeinschaft gesucht. Bei seinem Besuch in der Synagoge in Köln anlässlich des Weltjugendtages 2005 habe sich Benedikt XVI. für die Verbesserung der Beziehungen und der Freundschaft mit dem jüdischen Volk eingesetzt, hieß es.
Knobloch: "Mensch von Geist und Wort"
Die Präsidentin der Israelitischen Kultusgemeinde München und Oberbayern, Charlotte Knobloch, hat den verstorbenen emeritierten Papst Benedikt XVI. als "Mensch von Geist und Wort" gewürdigt. Er habe nicht nur die katholische Kirche geprägt, sondern auch einen intensiven Austausch mit Vertretern der jüdischen Gemeinschaft gepflegt, sagte Knobloch am Samstagabend in München. Nicht in allen Belangen habe man dieselbe Sprache gesprochen, sagte Knobloch weiter. "Manche Fragen blieben offen."
Die Rolle von Papst Benedikt in der modernen Kirchengeschichte sei einzigartig gewesen. Sein Wirken sei besonders in Bayern profund gewesen. "Seine Spuren werden lange erkennbar sein, und er selbst wird unvergessen bleiben", fügte Knobloch hinzu.
Die wichtigsten Leitlinien des Denkens von Joseph Ratzinger
Benedikt XVI. war der erste Papst der Neuzeit, der freiwillig sein Amt abgab. Dabei berief er sich auf sein Gewissen - obwohl er dieser Instanz stets misstraute und theologisch ganz andere Schwerpunkte setzte. Wie wohl kein Papst vor ihm ist Benedikt XVI. auch auf dem Stuhl Petri ein Theologe geblieben.
Bereits als junger Wissenschaftler gehörte er zu den führenden deutschen Dogmatik-Professoren, die das Zweite Vatikanische Konzil (1962-1965) prägten. Später entfremdete er sich immer mehr von seinen Kollegen.
