Das erklärte die Vorsitzende des Gremiums, Alena Buyx, bei der Vorstellung der gut 160-seitigen Stellungnahme am Montag in Berlin.
Die Experten wollen damit Lehren aus den Erfahrungen mit der Covid-19-Pandemie ziehen. Der Text steht unter der Überschrift "Vulnerabilität und Resilienz in der Krise".
Der Rat entwickelt ethische Kriterien für schwierige Entscheidungen, um angemessener auf besondere Verletzlichkeiten von Individuen und Institutionen einzugehen und deren Widerstandsfähigkeit zu stärken.
Weltweit einschneidende Abwägungen
Seit Anfang 2020 habe die Pandemie weltweit einschneidende Abwägungen und Priorisierungen erzwungen, "die nicht nur politisch verantwortet, sondern auch ethisch gerechtfertigt werden müssen", heißt es in dem Text. Dabei könnten unterschiedliche moralische Güter nicht immer gleichzeitig oder im gleichen Maße gewahrt oder umgesetzt werden.
Eine wesentliche Frage ist dabei für die Ethiker, wann bei der Eindämmung von Pandemien individuelle Freiheit zugunsten des Gesundheitsschutzes aller zurücktreten sollte - oder umgekehrt.
Fehler und Fehlentscheidungen unvermeidlich
In einer Krise von weltgeschichtlichem Ausmaß seien Fehler und Fehlentscheidungen unvermeidlich, betont der Rat. "Die Entwicklung einer nachhaltigen Strategie zur Bewältigung zukünftiger Pandemien muss daher auch auf einer kritischen Analyse systemischer Mängel, dysfunktionaler Organisationsformen und ungeeigneter Verfahren aufbauen", mahnte die Sprecherin der zuständigen Arbeitsgruppe, Sigrid Graumann.
Ihr Stellvertreter, der Berliner Theologe und Sozialethiker Andreas Lob-Hüdepohl betonte, dass es gerechtfertigt sei, bestimmte Gruppen, etwa Ältere, aus gesundheitlichen Gründe als verletzlich einzustufen.
Daraus könne ein Anspruch auf besondere Solidarität abgeleitet werden. Allerdings blieben auch andere verletzlich, wie etwa Kinder, Jugendliche, Auszubildende und Studierende, die unter den Einschränkungen von Ausbildung und Sozialleben zu leiden hätten.
Gerechte Verteilung von knappen Impfstoffen
"Die Folgen der Pandemie und ihrer Bewältigung betreffen zwar alle, aber eben nicht alle in gleicher Weise", betonte Buyx. Deshalb kämen Aspekte der Gerechtigkeit ins Spiel.
Kriterien für die gerechte Verteilung von knappen Impfstoffen oder intensivmedizinischen Gütern seien ebenso wichtig wie der Ausgleich für besondere pandemiebedingte Belastungen, sagte die Vorsitzende.
Als weitere Themen nennt das Papier die Solidarität wohlhabender Länder mit weniger wohlhabenden oder die Frage, welche Lasten die gegenwärtig lebenden Menschen zukünftigen Generationen aufbürden dürfen.