DOMRADIO.DE: Wie alt ist der Josef denn?
Ulrich Messing (Stadtdechant Münster): Der Josef ist am 11. September 2001 - also an einem denkwürdigen Tag. Dem Tag als der Anschlag auf die Twin Towers in New York stattfand - geboren worden und erfreut sich seines 24. Lebensjahres.
DOMRADIO.DE: Und wie sieht Josef aus, welche Eselrasse ist er?
Messing: Oh, an der Stelle muss ich passen. Das weiß ich gar nicht genau. Ich würde sagen, ein normaler grauer Esel.

DOMRADIO.DE: Josef ist der zweite Esel der Gemeinde. Warum haben Sie damals denn Esel gekauft?
Messing: Weil wir an der Stelle darstellerisch verdeutlichen wollten, wie Jesus mit dem Esel einzieht. Wir lassen dem Esel auch eine besondere Rolle zukommen. Ich trage bei der Prozession ein Messgewand, weil wir miteinander eine Messe feiern, und lege dem Esel dieses Gewand auf. Das soll deutlich machen, dass in diesem Moment Christus mit seiner Gemeinde einzieht und damit begehen wir den Beginn der Karwoche und den Palmsonntag.
DOMRADIO.DE: An einem Tag im Jahr muss ihr Josef quasi arbeiten. Halten Sie den Rest des Jahres Kontakt zu dem Esel? Wo lebt er?
Messing: Josef lebt auf einem Bauernhof in der Gemeinde. Ab und an besuche ich ihn und gucke, wie es ihm geht. Dann bekommt er natürlich eine zusätzliche Ration Futter. Er hat ein sehr schönes Leben. Einmal im Jahr darf er Hauptdarsteller sein und danach auf dem Bauernhof sein Dasein haben.
DOMRADIO.DE: Wenn morgen der Esel bei der Palmsonntagsprozession dabei ist, ist das vermutlich vor allem für die Kinder ein Fest. Was erlebt man so im Laufe der Jahre? Kriegt der Josef schon mal Post oder wollen die Kinder ihn auf der Weide besuchen?
Messing: Post hat er, glaube ich, noch nicht bekommen. Aber auf der Weide wollen die Kinder ihn gerne besuchen. Vor allen Dingen sind die Medien besonders interessiert an ihm. Josef hat es schon ins Fernsehen geschafft. Der WDR hat über ihn berichtet. Natürlich wollen die Kinder ihn an Palmsonntag auch streicheln. Er ist ein sehr gutmütiger Esel und die Kinder freuen sich immer sehr. Wenn der Esel aus dem Wagen kommt, mit dem er zur Prozession gebracht wird, dann kann man Kinderaugen – aber auch viele Erwachsenenaugen – leuchten sehen, die sich darüber freuen, dass Josef wieder da ist.
DOMRADIO.DE: Haben Sie den Esel auch schon genutzt, um über den Glauben ins Gespräch zu kommen?
Messing: Ja, das haben wir auch getan, indem wir die besondere Bedeutung des Esels hervorgehoben haben. Mit dem Bild des Esels, der Christus stellvertretend trägt, und der Frage, was wir von uns mit Christus zur Kirche tragen. So habe ich schon einmal einen Palmsonntagsgottesdienst angefangen.
DOMRADIO.DE: Sie sind Profi in der Glaubensvermittlung und können die Geschichten aus der Bibel theologisch natürlich Buchstabe für Buchstabe auslegen. Aber wenn Sie bei der Palmsonntagsprozession mit einem Esel wie Josef auf Tuchfüllung gehen, bekommt eine biblische Geschichte für Sie dann einen andere Dreh?
Messing: Ja natürlich. Zumal ich viele Male vor den aktuellen Kriegsumständen im Heiligen Land gewesen bin. Dort sieht man sehr viele Esel. Ich fühle mich dann oft ins Heilige Land zurückversetzt, wenn ich mit dem Esel zur Kirche hinziehe.
DOMRADIO.DE: Und wie nimmt Josef morgen seinen Auftritt wahr?
Messing: Josef ist so lieb. Er ist so stoisch und ruhig. Er freut sich. Während wir das Evangelium des Palmsonntags vom Einzug in Jerusalem vorlesen, geht Josef in den Reihen umher und ich glaube, dass er sich freut, die vielen Menschen wiederzusehen. Aber ich weiß auch, dass es ihm guttut, wenn er wieder auf seinem Bauernhof ist und die Ruhe genießt, besonders mittlerweile in seinem Alter.
Das Interview führte Heike Sicconi.