Pilgerexpertin erklärt Bedenken von Frauen beim alleinigen Pilgern

"Ich würde ja gerne, aber"

Vielen Frauen würden gerne alleine pilgern, trauen sich aber aus unterschiedlichen Gründen nicht. So besteht auch die Sorge um die eigene Sicherheit auf einsamen Pilgerwegen. Aber was hält Frauen darüber hinaus noch ab?

Symbolbild Pilgern / © nataliafrei (shutterstock)

DOMRADIO.DE: Welche sind die wichtigsten Bedenken, die uns Frauen beim Pilgern oft davon abhält, alleine loszuziehen?

Steger: Einmal ist es der große Wunsch, das zu tun, was man sich vornimmt. Das ins Tun zu kommen ist das Schwierige. Viele, nicht nur die Frauen, sondern die Menschen im Allgemeinen, verschieben Sachen gerne und sparen sich ihre Vorhaben für einen späteren Zeitraum auf. Auf die Rente, oder wenn die Kinder aus dem Haus sind. Das sind oft die ersten Hürden. Die zweite Hürde ist das Thema Sicherheit.

Beate Steger

"Wenn man jedoch den Statistiken glauben darf, wie oft und wo Überfälle auf Frauen verübt werden, ist es hauptsächlich im häuslichen Bereich und nicht so oft in einem einsamen Waldstück".

DOMRADIO.DE: Wie sieht es in der Praxis aus? Wie gefährlich ist es tatsächlich, Ihrer Erfahrung nach für Frauen alleine unterwegs zu sein?

Steger: Es ist nicht gefährlicher, als alleine durch den Wald zu joggen oder alleine in den Weinbergen spazieren zu gehen. Es ist nie ungefährlich für uns Frauen, alleine unterwegs zu sein. Das ist als solches traurig genug, dass es einfach so ist. Wenn man jedoch den Statistiken glauben darf, wie oft und wo Überfälle auf Frauen verübt werden, ist es hauptsächlich im häuslichen Bereich und nicht so oft in einem einsamen Waldstück. Insofern ist es nicht gefährlicher, als unterwegs zu sein in der Freizeit.

Beate Steger

"Wenn man das jedoch in Relation setzt, sind mittlerweile statistisch gesehen zum Beispiel in Spanien mehr Frauen unterwegs als Männer. Viele Frauen sind alleine unterwegs".

DOMRADIO.DE: Abgesehen von der Statistik, wie können Sie Frauen, die Sie ansprechen, die Befürchtungen nehmen?

Steger: Ich informiere, wie viele Frauen alleine pilgern gehen. Ich erinnere an eine Asiatin, die vor vielen Jahren in Spanien vergewaltigt und ermordet worden ist. Es ist ein sehr trauriger Fall, ihr Bruder hat lange nach ihr gesucht und man hat Sie irgendwann gefunden. Sie ist gezielt in die Irre geführt worden von einem Anwohner, der die Wegzeichen verändert hat. Wenn man das jedoch in Relation setzt, sind mittlerweile statistisch gesehen zum Beispiel in Spanien mehr Frauen unterwegs als Männer. Viele Frauen sind alleine unterwegs. Wenn man sich das vor Augen führt, erkennt man, dass es eigentlich sicher ist.

DOMRADIO.DE: Es gibt sicherlich einsame und weniger einsame Wege. Kommt es auch auf den Weg an?

Steger: Wenn ich zum Beispiel auf den Camino Francés gehe, den beliebtesten und meistbegangene Weg in Spanien, habe ich Chancen, dass ich ständig mit Pilgerinnen und Pilgern unterwegs bin. In Frankreich gibt es die großen vier historischen Wege. Via Podiensis ist beispielsweise der Bekannteste. Dort habe ich eher Chancen, Pilgerinnen oder Pilger zu treffen. Die Via Tolosana geht bei Arles los und kommt durch Toulouse. Daher ist auch der Name entstanden. Dort sind eher weniger Pilger unterwegs. Insofern kann man dort natürlich auch schauen.

Beate Steger (DR)
Beate Steger / ( DR )

DOMRADIO.DE: Was mich auch beschäftigen würde abseits von Sicherheitsgedanken wäre, ob ich es schaffe, die ganze Zeit mein Gepäck zu schleppen. Wie sieht es mit Gepäcktransport aus?

Steger: Gepäcktransport gibt es in Spanien ganz hervorragend, die sind dort sehr gut organisiert. Das ist zum Teil die spanische Post. Die habe ich selbst auch schon einmal in Anspruch genommen, als ich einen doppelten Bänderriss hatte. Ich hatte aber schon den Flug gebucht und es war dann nicht so ein großer Pilgerweg. Ich bin dort nur auf den Camino Finisterre gegangen, es sind nur 100 Kilometer. Wenn man nach Muxia läuft, sind es circa 120 Kilometer. Ich hatte den Transport von der spanischen Post. Es gibt aber auch private Anbieter, bei denen man diesen Transport buchen kann. Ich habe gerade mit dem Pilgerverlag in Speyer ein neues Sondermagazin gemacht über Pilgern auf Französisch durch Frankreich. Da habe ich im Zuge der Recherchen festgestellt, auch da gibt es von einem Anbieter Gepäcktransport auf einigen Wegen. In Deutschland ist das noch recht schwierig, dort muss man dann eher etwas privat organisieren. Aber es ist sowieso so, dass man sich beim Gepäck sehr minimieren soll. Am besten ist es, man nimmt ganz wenig mit. Dann schafft man das auch.

Beate Steger

"Ich lege Wert darauf, dass ich noch ein paar Informationen habe über die Kirchenkapellen am Weg oder andere Sehenswürdigkeiten".

DOMRADIO.DE: Wie navigiere ich dann am besten? Mit Karte oder App?

Steger: Ich persönlich bin ein großer Fan von Papier in der Hinsicht. Ich habe entweder einen Pilgerführer mit dabei oder eben Karten. Ich lege Wert darauf, dass ich noch ein paar Informationen habe über die Kirchenkapellen am Weg oder andere Sehenswürdigkeiten. Da schwächeln auch die Apps. Bei den Apps sind zwar auch Unterkünfte zu buchen aber ich brauche immer Strom für mein Handy, mit dem ich navigiere. Dann brauche ich noch eine Powerbank. Es geht, aber ich persönlich bin lieber mit einem Pilgerführer unterwegs.

Beate Steger

"Ich hatte viel mehr Begegnungen alleine. Ich kann dann auch mein Tempo gehen, ich kann mehr Innenschau halten, bin nicht abgelenkt durch das ewige Plappern".

DOMRADIO.DE: Wir haben bereits über viele Hürden gesprochen, die es zu meistern gilt. Welche Vorteile gibt es aber, wenn man alleine pilgert?

Steger: Ich habe selbst schon beides gehabt. Ich bin in Gruppen gepilgert, zu zweit oder alleine. Wenn man alleine pilgert hat viel mehr Begegnungen, sowohl mit den Einheimischen am Wegesrand als auch mit anderen Pilgerinnen und Pilgern. Wenn man zu zweit unterwegs ist, ist man wie eine Insel. Man wird dann eher nicht angesprochen. Obwohl ich auf dem portugiesischen Jakobsweg auch schon andere Erfahrungen gemacht habe. Alleinreisende Frauen haben uns zu zweit auch angesprochen. Aber ich hatte viel mehr Begegnungen alleine. Ich kann dann auch mein Tempo gehen, ich kann mehr Innenschau halten, bin nicht abgelenkt durch das ewige Plappern. Wenn man in der Gruppe geht oder zu zweit, dann rate ich auch immer dazu, dass man zumindest Zeitfenster einsetzt, in der beide bewusst auch mal für sich gehen. Die eine Person kann eine Viertelstunde in einem Café warten und die andere Person geht schon los. So kann man zumindest das Gefühl von alleine pilgern auch genießen.

Dieses Interview führte Heike Sicconi.

Quelle:
DR

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