Erzbischof Welby bittet Missbrauchsopfer um Entschuldigung

Kirche zu sicherem Ort machen

Anglikaner-Primas Justin Welby hat erneut sexualisierte Gewalt in der Kirche scharf verurteilt. Der Erzbischof von Canterbury äußerte sich am Freitag beim anglikanischen Weltbischofs-Treffen "Lambeth-Konferenz".

Der Erzbischof von Canterbury, Justin Welby, nach einer Mahnwache für die Opfer des Terroranschlags / © Victoria Jones (dpa)
Der Erzbischof von Canterbury, Justin Welby, nach einer Mahnwache für die Opfer des Terroranschlags / © Victoria Jones ( dpa )

"Während meiner neuneinhalb Jahren als Erzbischof von Canterbury und auch vorher habe ich viele Geschichten gehört über Missbrauch, der vertuscht wurde. Ich hörte von Kindern, die gefoltert wurden, jungen Menschen und vulnerablen Erwachsenen", so Erzbischof Welby.

"Ich werde fortfahren, mich mit Tränen in meinen Augen für die Kirche zu entschuldigen, die Sie so schrecklich im Stich gelassen hat", unterstrich Welby: "Wir müssen alles tun, um die Kirche zu einem sicheren Ort für alle Menschen zu machen, wo jeder sich entfalten kann." Das Hauptproblem sei die Verteilung von Macht. "Wenn wir als Bischöfe uns nicht unsere Macht eingestehen, sind wir zu leicht in der Gefahr, sie zu missbrauchen", mahnte Welby die rund 660 anglikanischen Bischöfe und Bischöfinnen, die an der Lambeth-Konferenz teilnehmen.

Versuchungen der Macht

"Die Versuchungen von Macht sind so alt wie Adam und Eva, Kain und Abel", fuhr der Erzbischof fort. "Macht steht hinter dem größten Paradox und Rätsel der Kirche: Wie kann es sein, dass Institutionen, die untrennbar mit dem Evangelium verbunden sind, so böse Dinge tolerieren oder vertuschen, wie es die Kirche so oft getan hat?"

Betroffen seien alle Kirchen der Gemeinschaft: evangelikale, traditionelle und liberale Kirchen. Missbrauchstäter seien alleinstehend oder verheiratet, alt oder jung, Geistliche oder Laien. Die Versuchung für Autoritäten in der Kirche, solche Taten zu vertuschen, bestehe bis heute. "Es ist die dunkelste aller dunklen Sünden, es ist ein Affront gegen das Evangelium von Jesus Christus."

Lob für Betroffene

Ausdrücklich lobte er "die Tapferkeit und Widerstandsfähigkeit von Überlebenden, die uns ihre Geschichten immer wieder erzählt haben, Jahr für Jahr, bis ihnen endlich jemand zuhörte. Manchmal nach 30 Jahren." Weiter erklärte Welby, ihm sei bewusst, dass wahrscheinlich unter den Anwesenden einige seien, "die Opfer von vielen verschiedenen Arten von Missbrauch geworden sind, in der Kirche oder sonst irgendwo". Er forderte sie auf, sich an die bei der Konferenz anwesenden Ansprechpartner zu wenden. "Sprechen Sie die Leute an. Schauen wir, was getan werden kann."

Die 15. Lambeth-Konferenz, die am Sonntag nach knapp zwei Wochen mit einem Abschlussgottesdienst zu Ende geht, steht unter dem Motto "Gottes Kirche für Gottes Welt". Dabei werden Themen wie Mission, Ökumene, Klimaschutz, Menschenwürde, wissenschaftlicher Fortschritt sowie "Safe Church", also Missbrauchsprävention, diskutiert.

Anglikanische Bischöfe diskutieren über Missbrauch und Mission

Der Sonntag begann für die 650 Bischöfinnen und Bischöfe mit einem Festgottesdienst, der alles bot, was ein anglikanisches Herz höherschlagen lässt: Kirchenmusik von höchster Qualität, geistlichen Zuspruch in vielen Sprachen, eine freudig-andächtige Gemeinde aus aller Welt - und all das in der atemberaubenden Architektur der Kathedrale von Canterbury. Damit ist die 15. Lambeth-Konferenz offiziell eröffnet. Nun gilt es für die Teilnehmer aus 165 Ländern, eine Woche lang über "Gottes Kirche für Gottes Welt" zu diskutieren.

Justin Welby, anglikanischer Erzbischof von Canterbury / © Paul Haring (KNA)
Justin Welby, anglikanischer Erzbischof von Canterbury / © Paul Haring ( KNA )
Quelle:
KNA