Erzbischof Schick erhält beim Kirchentag viel Zustimmung

"Das ist doch der mit dem Zölibat"

Bundespräsident Horst Köhler hat ihm gedankt für seine Worte. Er ist der Prominenteste, aber beileibe nicht der Einzige. Fast überall, wo der Bamberger Erzbischof Ludwig Schick beim Ökumenischen Kirchentag (ÖKT) in München aufkreuzt, wird er auf sein "Spiegel"-Interview angesprochen. "Das ist doch der Bischof von Bamberg, der mit dem Zölibat", sagt eine Jugendliche im Vorbeigehen zu ihren Begleiterinnen.

Autor/in:
Christian Wölfel
 (DR)

Auch Bundestagsvizepräsident Wolfgang Thierse (SPD), zugleich Mitglied des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK), spricht Schick an, als sie sich hinter dem Bratwurstgrill der Coburger Kirchengemeinden im Münchner Hofgarten zufällig treffen. «In aller Diplomatie» habe der Erzbischof angedeutet, in welche Richtung es gehen müsse in der Kirche. Und dabei sei Schick viel weiter gegangen, als viele es derzeit noch denken, fügt der Politiker hinzu und verdrückt weiter seinen Imbiss.

Vor allem mit seiner Infragestellung der verpflichtenden Ehelosigkeit für Priester sorgt der Erzbischof für reichlich Gesprächsstoff. Die Ehelosigkeit sei eine wichtige Lebensform, sie brauche aber die freiwillige Entscheidung. Von einer Abschaffung habe er nie gesprochen, sondern lediglich von einem Denkprozess, korrigiert der Umlagerte manchen falschen Eindruck. Schick verweist auf die Ostkirche, wo es auch verheiratete Geistliche gibt. Darüber nachdenken könne man ja, «das Ergebnis weiß ich auch nicht».

Schick freut sich über die Zustimmung, aber es geht ihm um mehr als eine Zölibatsdiskussion. Er möchte die Kirche aus ihrer Lethargie reißen, er wünscht sich mehr Offenheit, nicht nur bei der Aufklärung der Missbrauchsfälle. Die Kirche müsse sich generell stärker öffnen, für Menschen am Rand der Gesellschaft, für Geschiedene, Homosexuelle. «Wir brauchen dabei nicht unsere Prinzipien und ethischen Grundsätze verraten», sagt er.

Der Erzbischof scheint mit seinen Worten einen Nerv getroffen zu haben. Immer wieder gratulieren ihm Menschen zu seinen Äußerungen. Zwei Benediktiner aus Münsterschwarzach berichten Schick, dass sein Interview am Dienstag sogar die Tischlesung in der Gemeinschaft gewesen sei. Die evangelische Regionalbischöfin von Bayreuth, Dorothea Greiner, begrüßt Schick als «mutigen Bischof, gratuliere». Vor allem sein «Ja» zur Frage, ob Protestanten Kirche sein dürften, habe sie «richtig bewegt».

Schon in den vergangenen Wochen hatte Schick mit verschiedenen markanten Äußerungen Schlagzeilen gemacht. Die Kirche brauche «weniger Institution und dafür mehr Jesus Christus», war nur eine, die seither die Runde macht und von vielen anderen aufgegriffen wird.

Manche werden dem Bischof unterstellen, er wolle bloß in den Medien «bella figura» machen. Indes hat Schick vor dem Kirchentag fast ein Dutzend Interview-Anfragen abgesagt. Stattdessen diskutiert er am Donnerstagmorgen lieber als Vorsitzender der Kommission Weltkirche der Deutschen Bischofskonferenz mit den Kirchentagsteilnehmern über Entwicklungszusammenarbeit. Doch auch hier holen ihn seine Worte ein. «Mut und ein starkes Rückgrat», wünscht ihm ein Mann nach der Diskussion.

Dem «Spiegel» hat Schick anvertraut, er sei nicht der einzige Bischof, der so denke. Dass er mit seiner Linie im Kreis seiner Mitbrüder auch anecken könnte, ist ihm bewusst.