Erstpilgerin berichtet von Premierentour auf dem Jakobsweg

Vom Altenberger zum Kölner Dom

Pilgern liegt im Trend. Viele tausend Menschen schnüren alljährlich die Schuhe, um auf dem Jakobsweg oder anderen Strecken zu sich und Gott zu finden. Moderatorin Dagmar Peters hat es nun auch mal ausprobiert. Mit Erfolg?

Autor/in:
Dagmar Peters
Der Altenberger Dom am 8. November 2020 / © alfotokunst (shutterstock)
Der Altenberger Dom am 8. November 2020 / © alfotokunst ( shutterstock )
Dagmar Peters / © Dagmar Peters
Dagmar Peters / © Dagmar Peters

Als Moderatorin interviewe ich regelmäßig Menschen, die über ihre Pilgertouren berichten, so auch unsere Pilgerexpertin Beate Steger. Auch sonst habe ich mich schon oft mit Menschen unterhalten, die ein Stück des Jakobswegs gelaufen sind. Zuletzt hat mich ein Achtzigjähriger beeindruckt, der mit seinem Rollator pilgert. Warum sollte ich also nicht auch mal eine Runde pilgern? Einfach mal einen Tag raus aus dem trubeligen Redaktionsalltag, rein in die Wanderschuhe und ab auf den Jakobsweg?

Zuerst einmal: Fragen über Fragen

Ich möchte keinen langen Anfahrtsweg für einen Schnupperpilgertag einplanen. Soll ich vor der Haustüre loslaufen? Wo verläuft der Jakobsweg in meiner Umgebung? Mir fällt die Pilgertour der Jugendlichen ein, über die ich im Radio berichtet hatte. Die Jugendlichen waren vom Kölner Dom zum Altenberger Dom gepilgert. Der Entschluss ist gefasst: Ich pilgere die Strecke in die andere Richtung. Knapp 20 Kilometer bergab von Altenberg nach Köln, das sollte doch die perfekte Anfängerstrecke sein.

Panoramablick auf den Altenberger Dom / © Dagmar Peters (DR)
Panoramablick auf den Altenberger Dom / © Dagmar Peters ( DR )

Wo bekomme ich jetzt auf die Schnelle einen Pilgerausweis her? Wie funktioniert das mit dem Pilgerstempel? Muss ich zu einer bestimmten Uhrzeit ankommen, um noch einen Stempel zu bekommen? Um diese Fragen zu beantworten, habe ich erstmal unsere Pilgerexpertin Beate Steger befragt.

Zum Pilgern und Stempeln braucht es wenig

Ich weiß schon längst, dass man beim Pilgern keine neuen Schuhe und auch keine Turnschuhe anziehen soll. In der Theorie bin ich ja auch kein Neuling, aber eben in der Praxis. Wanderkleidung, etwas Proviant und Wasser, mein Handy und eine Powerbank – das ist meine Ausrüstung für den Tag. Bei wunderschönem Herbstwetter mache ich mich auf den Weg und starte zur Mittagszeit in Odenthal-Altenberg.

Pilgerstempel von der Jakobusgesellschaft und dem Altenberger Dom / © Dagmar Peters (DR)
Pilgerstempel von der Jakobusgesellschaft und dem Altenberger Dom / © Dagmar Peters ( DR )

Den Pilgerausweis bekomme ich am I-Punkt Altenberg (die zentrale Touristeninformation für die Gäste des Bergischen Landes, Anm. d. Red.), direkt neben dem kleinen Domladen. Stempel gibt es hier sogar zwei, einen im Buchladen und den anderen im Dom. "Der Schönere ist der im Dom", sagt man mir und da finde ich ihn auch im Eingangsbereich: einen Stempel an einer Schnur befestigt, daneben ein Stempelkissen. Bevor ich überhaupt losgehe, habe ich schon zwei Stempel in meinem Pilgerausweis: den von der Jakobusgesellschaft und den Stempel aus dem Altenberger Dom.

Wie soll man da zur Ruhe kommen?

Der Altenberger Dom und die umliegenden Wiesen leuchten hellgrün im Sonnenlicht. Doch der Weg, den die Jakobsmuschel zeigt, führt leider schnell weg von der wunderschönen Kulisse und vorbei an einer großen Landstraße. Asphaltwege, kleine hübsche Dörfer, aber auch Landstraßen mit lautem Verkehr begleiteten mich unterwegs. Wie soll man da zur Ruhe kommen, frage ich mich.

Wäre ich besser eine Strecke nur durch den Wald gelaufen? Ich fühle mich zwischendurch eher gestresst als ruhig. Das ist nicht das, was ich mir von diesem Tag "Schnupperpilgern" erhofft hatte. Soweit die Gedanken, die Füße laufen derweil ununterbrochen weiter – wie ein Motor, ich habe einen Laufrhythmus gefunden.

Weder Jakobsmuschel-Schilder noch Orientierung 

Die Turmspitze der vom Architekten Gottfried Böhm entworfenen Herz-Jesu-Kirche in Bergisch Gladbach / © Dagmar Peters (DR)
Die Turmspitze der vom Architekten Gottfried Böhm entworfenen Herz-Jesu-Kirche in Bergisch Gladbach / © Dagmar Peters ( DR )

Kurze Pause in Schildgen an der katholischen Pfarrkirche Herz-Jesu, gebaut nach Entwürfen von Gottfried Böhm. Ein Blick in die Kirche, ein nächster Stempel in meinem Pilgerausweis, ein Apfel und weiter geht es durch ein Waldstück. Endlich Ruhe. Aber wo sind die Schilder mit den Jakobsmuscheln? Hier im Wald ist es zwar ruhig, aber mir fehlt die Orientierung und es sind auch keine Menschen da, die ich fragen könne, wo es hier weitergeht.

Pilgern auf dem Jakobsweg-Abschnitt zwischen Altenberg und Köln / © Dagmar Peters (DR)
Pilgern auf dem Jakobsweg-Abschnitt zwischen Altenberg und Köln / © Dagmar Peters ( DR )

Diakon Willibert Pauels ist die Strecke auch gelaufen. Als er vor ein paar Monaten nach dem Pilgern dieser Strecke bei mir im Sendestudio war, hat er erzählt, dass er sich ein paar Mal unterwegs verlaufen hat. Ich dachte, das passiert mir nicht. Jetzt muss ich an ihn denken. Die Beschilderung könnte wirklich deutlich besser sein. Ohne mein Handy als Backup wäre ich verloren.

War das wirklich die richtige Strecke?

Außerdem schwitzen meine Füße in den Wanderschuhen. Ich hätte hier ohne Probleme die Turnschuhe anziehen können, die wären jetzt bequemer. Am Liebsten würde ich die Schuhe ausziehen. Besser nicht – wer weiß, ob ich danach noch reinpasse.

Die weitere Strecke führt durch die Kölner Stadtteile, Dünnwald, Höhenhaus und Mülheim, vorbei an einer Hauptverkehrsstraße. Überall sind auf einmal Menschen und dazu noch alle möglichen Gerüche. Der totale Kontrast zum Waldstück davor. Nochmal die Zweifel, ob das die richtige Strecke für mein Pilgerexperiment ist. Oder wäre es besser gewesen, aus der trubeligen Stadt ins idyllische Bergische zu pilgern, so wie die Jugendlichen es vor ein paar Wochen getan haben?

Dom in Sicht!

Jetzt ist es so. Ich habe mich selbst dazu entschieden. Ich bin unterwegs und ich werde heute noch ankommen. Daran glaube ich. Das Stück bis zum Rhein zieht sich in die Länge, meine Zehen schmerzen inzwischen stärker. Ich brauche eine Pause – oder lieber doch direkt weiter gehen? Was für eine verrückte Idee, hier zu pilgern. Warum wollte ich das eigentlich?

Langsam zeichnen sich die beiden Spitzen des Kölner Doms in der Ferne ab / © Dagmar Peters (DR)
Langsam zeichnen sich die beiden Spitzen des Kölner Doms in der Ferne ab / © Dagmar Peters ( DR )

Am Rhein angekommen sind die Füße dann für kurze Zeit vergessen. Traumhaftes Licht, viele gut gelaunte Menschen spazieren am Rhein entlang, einige sitzen auf einer Mauer und so mache ich es auch. Endlich nehme ich mir Zeit für eine Pause. Wie lange werde ich wohl von hier aus noch brauchen? Der Dom sieht noch so klein aus. Das Ziel ist endlich in Sicht. Das spornt an! Ich bin froh, wenn ich endlich da bin.

Echte Entdeckungen im Altbekannten

Mit dem Kölner Dom fest im Blick geht das Laufen auch mit schmerzenden Zehen wieder etwas besser. Über eine kleine Brücke gelange ich auf eine Landzunge im Rhein. Dort liegt der Jugendpark Köln. Ich komme aus dieser Stadt und war dort noch nie. Eine echte Entdeckung für mich.

Blick auf den Kölner Dom vom Jakobsweg zwischen Altenberg und Köln / © Dagmar Peters (DR)
Blick auf den Kölner Dom vom Jakobsweg zwischen Altenberg und Köln / © Dagmar Peters ( DR )

Ich laufe einfach immer weiter den Rhein entlang, durch den Rheinpark, vorbei am Kölner Tanzbrunnen, der Kölner Messe, über die Hohenzollernbrücke, vorbei an der Kölner Philharmonie, ein kurzer Blick auf den Hauptbahnhof und einmal quer über den Roncalliplatz und dann steht er in voller Größe vor mir – oder besser gesagt ich vor ihm.

Ein letzter Stempel und ein erstes Fazit

Ich sehe ihn jeden Morgen, wenn ich zur Arbeit komme – den Kölner Dom. Aber heute freue ich mich besonders über diesen Anblick im Abendlicht. Ein freundlicher Domschweizer begrüßt mich am Domportal. Als ich nach einem Pilgerstempel frage, holt er ein Glas mit Stempel und Stempelkissen hervor und nun bekomme ich zum Abschluss meiner allerersten Pilgertour den Stempel mit dem Kölner Dom in meinen noch so jungen Pilgerausweis. Endlich habe ich es geschafft.

So sieht ein Pilgerausweis nach Zurücklegen des Jakobsweges zwischen Altenberg und Köln aus / © Dagmar Peters (Kölner Dom)
So sieht ein Pilgerausweis nach Zurücklegen des Jakobsweges zwischen Altenberg und Köln aus / © Dagmar Peters ( Kölner Dom )

Mein Fazit? Eine Blase am Fuß, es war anstrengender als ich dachte, ich bin innerlich nicht wie erhofft zur Ruhe gekommen, ich bin um eine Erfahrung reicher. Und: Ich habe nach dieser Tour so gut geschlafen wie lange nicht mehr. Da war sie dann also doch noch, die erhoffte Ruhe – allerdings erst ganz am Ende des Tages.

Werde ich weitere Stempel in meinem Pilgerheft sammeln? Ich weiß es ehrlich gesagt noch nicht. Ich werde sicher mal eine ruhigere Strecke ausprobieren, die komplett durch Wald, Felder und Wiesen führt, vielleicht auch mehrere Tage am Stück. Danach werde ich entscheiden, ob ich weitermache und wer weiß, vielleicht pilgere ich ja doch irgendwann bis nach Spanien.

Jakobsweg

Der Jakobsweg ist ein europaweites Netz von Straßen und Wegen. Seit dem neunten Jahrhundert führt er Pilger vom Baltikum über Polen, Deutschland, die Schweiz und schließlich Frankreich zum angeblichen Grab des Apostels Jakobus ins spanische Santiago de Compostela. Im Mittelalter erstreckten sich die Tagesetappen meist von einem "heiligen Ort", an dem Reliquien verehrt wurden, zum nächsten.

 © Sonja Geus (DR)
© Sonja Geus ( DR )
Quelle:
DR