Ermittlungen im Fall Orlandi stehen offenbar an einem Wendepunkt

Widersprüchliche Falschaussagen

Im Jahr 1983 verschwand Emanuela Orlandi spurlos. Ihr Vater war Vatikan-Angestellter und der Papst-Attentäter Ali Agca saß in Rom im Gefängnis. Aussagen einer Freundin ließen ein Komplott vermuten. Doch dieses scheint sich aufzulösen.

Demonstranten mit Bild der seit 1983 verschwundenen Emanuela Orlandi / © Andrew Medichini (dpa)
Demonstranten mit Bild der seit 1983 verschwundenen Emanuela Orlandi / © Andrew Medichini ( dpa )

Einer der rätselhaftesten Fälle der italienischen Kriminalgeschichte steht nach 42 Jahren offenbar vor einem Wendepunkt. Italienische Medien berichteten in den vergangenen Tagen, dass die römische Staatsanwaltschaft gegen eine wichtige Zeugin im Fall Emanuela Orlandi ermittle. Die damals 15-jährige Orlandi, deren Vater Vatikan-Angestellter war, verschwand 1983 spurlos in Rom.

Attentat auf Papst Johannes Paul II. durch den türkischen Terroristen Mehmet Ali Agca auf dem Petersplatz im Vatikan am 13. Mai 1981.  / © Pool (KNA)
Attentat auf Papst Johannes Paul II. durch den türkischen Terroristen Mehmet Ali Agca auf dem Petersplatz im Vatikan am 13. Mai 1981. / © Pool ( KNA )

Die Zeugin (heute 57) hat laut den Medienberichten die Ermittler seinerzeit mit widersprüchlichen Falschaussagen auf falsche Fährten gebracht. Sie hatte behauptet, ihre damalige Freundin Orlandi zuletzt vor einer mutmaßlichen Entführung gesehen zu haben. Anschließend berichtete sie von mysteriösen Telefonanrufen, in denen es um eine Erpressung zugunsten einer Befreiung des damals in Rom inhaftierten Papst-Attentäters Ali Agca ging.

Spektakuläre Ermittlungen ohne Erfolg

Auf dieser Grundlage entwickelten sich in den Folgejahren die unterschiedlichsten Vermutungen, die wiederum im Rahmen von mehreren großangelegten Ermittlungsverfahren überprüft wurden, aber nie zu einer Klärung führten. Dabei wurden unter anderem ein Grab in einer Opus-Dei-Kirche in Rom und ein Friedhof im Vatikan umgegraben. Eine Netflix-Serie ("Vatican Girl") machte den mysteriösen Fall weltweit berühmt.

Die Aussagen der damals 15-jährigen Zeugin, die den Untersuchungen zugrunde lagen, wurden unlängst in einem eigens zum Fall Orlandi eingesetzten Untersuchungsausschuss des italienischen Parlaments nochmals überprüft. Dabei gab die Zeugin diesmal an, sich an fast nichts erinnern zu können. Das wiederum rief die Staatsanwaltschaft auf den Plan, der ganz andere Aussagen derselben Zeugin aus den 1980er Jahren vorlagen. Die Tatsache, dass sie auch damals schon mehrere widersprüchliche Versionen über die Zeit unmittelbar vor und nach dem Verschwinden Orlandis zu Protokoll gegeben hatte, erscheint nun in einem anderen Licht.

Quelle:
KNA