DOMRADIO.DE: Am Wochenende wurden in der US-Diözese Arlington im Bundesstaat Virginia zwölf Männer zu Priestern geweiht. In Deutschland werden für das ganze Jahr nicht besonders viele Weihen erwartet. Warum ist die Zahl in den USA derzeit so hoch?

Klaus Prömpers (Journalist und USA-Experte): Wir haben in Deutschland, wenn ich das richtig sehe, in diesem Jahr 24 Weihen zu erwarten. Das ist auf die Gesamtzahl der 27 Diözesen sehr wenig. In den USA sind die zwölf Weihen in Arlington auf den ersten Blick eine sehr große Zahl. Aber wenn man aufs Gesamte schaut, ist auch das nur ein Tropfen auf den heißen Stein, denn es gibt 175 Diözesen in den USA.
Es ist im Grunde in den USA ähnlich wie bei uns in Westeuropa. Es gibt zu wenig Priester-Nachwuchs, sodass die Anzahl der Priester, die wir jetzt haben, sich über längere Sicht nicht halten lassen wird. Es stellt sich die Frage, wie man die fehlenden Priester in den Gemeinden ersetzen wird. Alleine Gemeindezusammenlegungen können es sicher nicht sein.
DOMRADIO.DE: 24 Weihen in Deutschland klingen ziemlich wenig.
Prömpers: Es sind in der Tat so wenige. Die Deutsche Bischofskonferenz überlegt seit Jahren, die verschiedensten Priesterseminare zusammenzulegen. Einige haben schon Zusammenlegungen hinter sich. Einige Diözesen bilden beispielsweise in St. Georgen bei den Jesuiten aus. Andere haben andere Wege gefunden. Es ist nicht einfach, die Ausbildungsstandards der Vergangenheit für die vergleichsweise wenigen Priesteramtskandidaten zu erhalten.
Blickt man in der Erzdiözese Köln auf die Thomas-Morus-Akademie in Bensberg, dann war dies einmal so etwas wie die Brutstätte von Priesteramtskandidaten und jenes riesige Haus, was jetzt als Hotel und Bildungsstätte geführt wird, war voll von Priesteramtskandidaten. Das lag damals daran, dass in katholischen Familien sehr viele Kinder geboren worden waren und dadurch sehr viele jüngere Männer die Idee hatten, Priester zu werden. Das würde eine bessere Ausbildung bedeuten, einen sicheren Job.
So kamen viele Menschen aus der Eifel, aus dem Bergischen Land, aus ländlichen Gebieten vor allem in das Priesteramt und haben sich dann da bewähren können. Das ist heute nicht mehr so. Das trifft in gewisser Weise auch auf die USA zu.
Auch da stellt man fest: Die Masse der Priesteramtskandidaten gibt es eher in kleineren Diözesen, unter 100.000 Katholiken auf dem Lande, in der Mitte des Kontinents. Dort werden am ehesten Priesteramtskandidaten hervorgebracht, die aus sehr katholischen Familien kommen, die noch intakt sind, wo die Eltern schon den Kindern den Glauben beigebracht haben. Die Kinder waren oft Messdiener oder Vorbeter.

DOMRADIO.DE: Woher kommt der durchschnittliche US-Priesteramtskandidat?
Prömpers: Es gibt seit ungefähr acht Jahren eine jährliche Untersuchung, die von der Georgetown University gemacht wird, vom Center for Applied Research on the Apostolate. Diese schlüsselt auf, wie unterschiedlich die Zugänge sind. Man muss dabei feststellen, dass zunehmend Menschen im Alter von etwa 34 Jahren geweiht werden.
Zwar sagen sie selber bei Befragung von sich, dass sie bereits mit 16 Jahren dachten, sie würden Priester werden oder sie wollen Priester werden. Aber manch einer von denen geht dann doch erst mal einen anderen Weg, macht einen normalen Berufsweg und geht dann, in der zweiten Runde sozusagen, das Theologiestudium an und wird Priester. Das ist ein sehr buntes Spektrum.
Im Moment sind die Weißen in den USA bei den Katholiken noch mit 54 Prozent in der Überzahl, aber die Spanisch sprechenden Mexikaner holen sehr stark auf, sind bei 36 Prozent. Immer mehr kommen aus dieser Gruppe von US-Amerikanern und immer weniger aus der weißen Bevölkerung.
DOMRADIO.DE: Kann man von einem Priesterboom in den USA sprechen?
Prömpers: In der Relation dazu, dass in den nächsten zehn Jahren wahnsinnig viele Priester aus dem Dienst scheiden werden, würde ich das nicht sagen. Es gibt vereinzelte, sehr starke Diözesen, insbesondere die kleinen, wo der Bischof noch nah bei den Gläubigen sein kann und auch genug Priester noch da sind. Diese Diözesen übererfüllen teilweise das, was für die Auffrischung des Priesterstandes in der jeweiligen Diözese notwendig ist.
Aber in vielen Diözesen ist das bei Weitem nicht der Fall. Insofern kann man das nicht pauschal für die gesamten USA sagen, wo 53 Millionen Katholiken leben, sondern man muss das zwischen West- und Ostküste, zwischen innen und außen differenzieren.
Das Interview führte Dagmar Peters.