Einige engagierte Katholiken wollen neu in den Bundestag

"Emotionale Heimat"

Friedrich Merz, Willy Wimmer, Georg Brunnhuber, Hartmut Schauerte, Gerald Weiß, Maria Eichhorn.... Die Liste der katholischen Unionsabgeordneten, die jetzt aus dem Bundestag ausscheiden, ist lang. Meist waren sie in kirchlichen Verbänden engagiert, bevor sie ins Parlament zogen. Doch heute bewerben sich einige neue, katholisch sozialisierte Bewerber um die Gunst der Wähler. Zumeist auf dem Ticket der Union oder der Grünen.

Autor/in:
Christoph Strack
 (DR)

Da ist zum Beispiel Sabine Weiss. Sie will am linken Niederrhein im Wahlkreis Wesel I, die Nachfolge von Inge Falk antreten. "Von Kindertagen an war die katholische Kirche meine geistige und emotionale Heimat", sagt die 51-jährige Rechtsanwältin der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA). Nach dem Jurastudium und einem Freiwilligen Sozialen Jahr war sie vier Jahre in einer Obdachlosensiedlung des Caritasverbands Essen tätig, dann wurde sie Anwältin. In der katholischen Soziallehre findet Weiss "eine politisch überzeugende Richtschnur für das gesellschaftliche Engagement aus dem Glauben heraus".

Weiss steht für ungewöhnliche Koalitionen. Als sie 1999 Bürgermeisterin von Dinslaken wurde, setzte sie sich mit den Stimmen von CDU, FDP und Grünen gegen den SPD-Konkurrenten durch. Jamaika lässt grüßen. Die CDU-Politikerin setzt auf Sieg in ihrem Wahlkreis. Aber mit Platz 24 der CDU-Landesliste Nordrhein-Westfalen ist ihr Wechsel nach Berlin eh' sicher.

Im Wahlkreis Krefeld I will Ansgar Heveling (37), Kirchenvorstandsmitglied und Ex-Messdienerleiter, Nachfolger von Willy Wimmer werden. Der Ministerialbeamte ist nicht auf der CDU-Liste abgesichert, hat aber gute Aussichten auf ein Direkt-Mandat. Auch Stephan Strack (35), Jurist und Kolping-erfahren, kann sich schon aufs Pendeln zwischen dem Süden und der Hauptstadt einstellen. Der CSU-Politiker kandidiert im Ostallgäu rund um Memmingen und Füssen. Da ist die Direktwahl ungefährdet.

Spitz auf Knopf in vielen Wahlkreisen
Das gilt längst nicht für alle der katholisch gefärbten Bewerber. Gerade jene Kräfte aus Jugendverbänden, die nicht im C-Lager antreten, müssen kämpfen. Im Wahlkreis Erding-Ebersberg bei München ist Stefan Kisters einer von acht Direktkandidaten. Im Lebenslauf des 43-jährigen Berufsschullehrers finden sich auch vier Jahre als BDKJ-Diözesanvorsitzender. Als Grüner will er den sozialen Frieden durch eine bessere Einbindung von Bürgern in den politischen Prozess sichern - aber wird es damit kaum nach Berlin schaffen. Ähnlich ergeht es Michael Holl (19) aus Randersacker, BDKJ-Vorstand in Würzburg-Land, der in der Bischofsstadt für die parteilose "Alternative" kandidiert, der gegen grüne Gentechnik streitet und auf Jugendarbeit setzt.

Spitz auf Knopf steht es für Heiko Thomas (40) in Berlin. Er will im heiß umkämpften Wahlkreis Pankow das Direktmandat für die Grünen holen. Thomas war mal bei den katholischen Pfadfindern und gehörte in Köln BDKJ-Diözesangremien an. "Mittlerweile bin ich nicht mehr in der Kirche", sagt er. "Aber ich wäre nicht der, der ich bin, ohne die katholische Kirche und die Jugendarbeit." Parteiintern hat er auch seine Sprachregelung gefunden. "Ich komme auch aus einer K-Gruppe. Aber aus einer anderen."

Für die Kirche ist das politische Engagement von Interesse
Neu ist es nicht, dass BDKJ'ler in unterschiedlichen Parteien auftauchen. Im letzten Bundestag gab es sie bei der Union, aber auch bei SPD und Grünen. Das gilt auch für andere politische Ebenen. Derzeit machen im Duisburger Norden vier junge Kommunalpolitiker Furore, weil sie - in vier politischen Lagern beheimatet - jugendpolitische Interessen gemeinsam pushen.

Für die Kirche ist das politische Engagement von Interesse. "Es ist wichtig, dass engagierte Katholiken kandidieren und ins Parlament einziehen", sagt Prälat Karl Jüsten, der Vertreter der Deutschen Bischofskonferenz im politischen Berlin. Die kirchlichen Jugendverbände, meint er, sollten wieder stärker darauf achten, dass sich aus ihren Reihen junge Leute auch in den Parteien engagieren.