Eine theologische Betrachtung zum Advent

Bereitsein für das Unerwartete

Überraschungsbesuche sind nicht jedermanns Sache. Doch auch die Ankunft Christi lässt sich nicht planen. Warum es deshalb sinnvoll ist, die Adventszeit für eine gute Vorbereitung zu nutzen, sich aber nicht von ihr einnehmen zu lassen.

Autor/in:
Fabian Brand
Eine rote Kerze brennt auf einem Baumstamm in einem weihnachtlichen Gesteck aus Tannenzapfen, Zimtstangen und getrockneten Orangen / © Harald Oppitz (KNA)
Eine rote Kerze brennt auf einem Baumstamm in einem weihnachtlichen Gesteck aus Tannenzapfen, Zimtstangen und getrockneten Orangen / © Harald Oppitz ( KNA )

Ein Überraschungsbesuch – was Papst Franziskus gut beherrscht hat, das führt auch sein Nachfolger weiter: einfach irgendwo auftauchen, plötzlich da sein und den Menschen begegnen. So tauchte Papst Leo XIV. im Sommer unerwartet in Castel Gandolfo auf, der Sommerresidenz der Päpste. Auch andernorts ist der Pontifex schon unangemeldet gesichtet worden. Spontan scheint er zu sein, wenngleich vielleicht doch etwas zurückhaltender als Franziskus, bei dem man stets mit einer unverhofften Begegnung rechnen musste – oder: durfte.

Papst Leo XIV. in Castel Gandolfo / © Cristian Gennari/Romano Siciliani (KNA)
Papst Leo XIV. in Castel Gandolfo / © Cristian Gennari/Romano Siciliani ( KNA )

Von einem Überraschungsbesuch ist auch im Evangelium des ersten Adventssonntags zu hören. Dort geht es ebenfalls darum, dass jemand plötzlich und unangekündigt auftaucht: nämlich Christus, der uns sein Kommen zugesagt hat. Aber diese Ankunft in dieser Welt ist nicht planbar, nicht vorhersehbar. Christus kommt überraschend.

Das sagt auch dieser Abschnitt aus dem Matthäusevangelium: Einer, der auf dem Feld arbeitet, wird mitgenommen, einer zurückgelassen. Wie in den Tagen des Noah, als die Menschen in den Tag hineinlebten und nichts Böses ahnten. Und auf einmal war sie da, die große Flut, die alles weggerafft hat. Ebenso verhält es sich mit dem Kommen des Menschensohnes: Er kommt zu einer Stunde, in der niemand es erwartet.

Dann ist er da, und es gibt kein Zurück mehr. Um so wichtiger ist es, auf dieses überraschende Kommen vorbereitet zu sein. Denn es soll uns nicht so gehen wie den Menschen zur Zeit des Noah, die überrumpelt werden von der Flut und die ihr nichts mehr entgegensetzen können.

Äußere und vor allem innere Vorbereitung

Vorbereitung – für viele Menschen ist das das große Motto der Adventszeit. Vorbereitet sein für Weihnachten, für das große Fest, an dem die Familie zusammenkommt und zuvor vieles erledigt werden will.

Dabei ist es für Christinnen und Christen wichtig, sich nicht nur äußerlich auf das Fest einzustellen, sondern auch innerlich. Im Advent sind wir angehalten, uns neu auf Christus auszurichten, der uns sein Kommen in unsere Welt zugesagt hat.

Ein Adventskranz steht in den Räumen der Bahnhofsmission an Heiligabend / © Harald Oppitz (KNA)
Ein Adventskranz steht in den Räumen der Bahnhofsmission an Heiligabend / © Harald Oppitz ( KNA )

Darum wird im Tagesgebet des ersten Adventssonntags gebetet: "Hilf uns, dass wir auf dem Weg der Gerechtigkeit Christus entgegengehen und uns durch Taten der Liebe auf seine Ankunft vorbereiten". Die Vorbereitung auf dieses Ereignis kann sich dadurch ausdrücken, dass man ein Leben führt, das dem Evangelium entspricht. Wir sollen Christus einen Platz einräumen, seine Barmherzigkeit, seine Liebe im Alltag verbreiten. Wir sollen uns ausrichten auf Gott, der Hoffnung und zugleich Stärke ist.

All das sind Bestandteile eines Lebens, das auf den Überraschungsbesuch des Menschensohnes vorbereitet ist. Elemente eines Lebens, in dem Christus das Fundament von allem ist. Denn er ist es, der trägt und hält, der Perspektiven und Zuversicht schenkt.

Ausstrecken nach dem, was vor uns liegt

Der große Theologe Karl Rahner (1904-1984) hat das einmal so formuliert: "Im Advent sollten wir uns fragen, ob Geist und Herz in uns über das Gegenwärtige hinaus noch ein wenig Raum für Neues und Zukünftiges haben." Was Rahner damit meint: Im Advent gilt es, sich auszustrecken nach dem, was vor uns liegt. Uns ausrichten auf das Kommen Christi, das wir gläubig erwarten. Wir sollen uns nicht erschöpfen in dem, was uns gerade jetzt in diesem Augenblick gefangen hält.

Wir sollen uns nicht nur in Anspruch nehmen lassen von den vielen Vorbereitungen, die für das konkrete Fest getroffen werden müssen – Geschenke besorgen, ein besonderes Mahl zaubern, die Wohnung schmücken. Sondern wir sollen offenbleiben für Überraschungen, für das Neue und Unerwartete, das in die heutige Welt einbrechen will.

Offen für die vielen Begegnungen mit Menschen, die in den kommenden Wochen bis Weihnachten möglich sind. Und offen sein für Christus, der uns seine Nähe und Gegenwart schenken will, die immer wieder überraschend in unser Leben einbricht. Bereit sein für das Zukünftige, offen sein für das überraschend Neue: Das ist eine gute Haltung, die wir in dieser Adventszeit einüben können.

Fragen und Antworten zum Advent

Was bedeutet das Wort Advent?

Advent kommt vom lateinischen "adventus" und bedeutet "Ankunft". Für Christen ist der Advent die Zeit der Vorbereitung auf die Ankunft Jesu auf Erden, die an Weihnachten gefeiert wird. In den Gottesdiensten werden häufig Texte aus dem Alten Testament verwendet, die die Ankunft des Erlösers prophezeien.

Ist der Advent heute noch Fasten- oder Bußzeit?

Symbolbild Adventskranz in einer Kirche / © Harald Oppitz (KNA)
Symbolbild Adventskranz in einer Kirche / © Harald Oppitz ( KNA )
Quelle:
KNA