Eine theologische Betrachtung zu Petrus und Paulus

Verkünder der radikalen Liebe

Die Kirche galt einst als "Haus voll Glorie". Wer sich aber auf den Weg der Nachfolge Jesu macht, muss oft auch die Abgründe menschlichen Lebens durchschreiten. Auch Petrus und Paulus waren keine Überflieger.

Autor/in:
Fabian Brand
Apostelsteinfiguren der Kirche des Heiligen Peter und Paul in Krakau, Polen / © tomeqs (shutterstock)
Apostelsteinfiguren der Kirche des Heiligen Peter und Paul in Krakau, Polen / © tomeqs ( shutterstock )

"Ein Haus voll Glorie schauet, weit über alle Land." So beginnt ein Lied, das vor allem bei Kirchweihfesten landauf landab gerne gesungen wird. "Ein Haus voll Glorie", damit ist im Lied die Kirche gemeint; die Kirche, die gewissermaßen auf einem hohen Berg liegt und deren Glanz sich in die Welt hinein verteilt - eine Vorstellung, die heute angesichts der Kirchen- und Missbrauchskrise mehr als befremdlich wirkt.

Freilich spiegelt das Lied die Umstände der damaligen Zeit: Der Text wurde 1875/76 veröffentlicht, also kurz nach dem Ersten Vatikanischen Konzil. Damals war vieles im Umbruch und unsicher geworden. Die Menschen suchten nach Halt und fanden ihn in der Kirche. In einer Kirche, die sich selbst im Glorienschein darstellt und von der behauptet wird, sie habe alles, was sie braucht, in sich selbst und bräuchte deswegen keinen Kontakt zu dem, was außerhalb von ihr ist.

Ihnen geht es um die Kirche

Auch am Fest der Apostel Petrus und Paulus geht es um die Kirche: um eine Kirche, in der immer noch gerne «Ein Haus voll Glorie schauet» gesungen wird und um eine Kirche, die immer noch nicht ganz vom Glanz vergangener Zeiten lassen kann. Die Statue des Apostels Petrus im Petersdom gibt davon ein beredtes Zeugnis: Da sitzt er, der Apostel Petrus, aus Bronze gegossen, den Schlüssel in der einen Hand, die andere zur Segensgeste erhoben. An seinem Festtag wird er geschmückt mit einem prächtigen Chormantel und der Papstkrone früherer Päpste. Glanz und Gloria, wohin man nur schaut.

Doch eigentlich stellt uns dieses Fest der Apostel Petrus und Paulus ein ganz anderes Kirchenbild vor Augen. Beide sind bodenständige Menschen, der eine arbeitete als Fischer am See Genezareth und der andere als Zeltmacher. Und beide sind im Glauben keine Überflieger: Simon Petrus verleugnet Christus am Karfreitag, und Paulus verfolgt als überzeugter Jude gar die Christen mit allem Eifer.

Eine Liebe die demütig und bescheiden ist

Doch es ereignet sich etwas in ihrem Leben, das sie radikal aus der Bahn wirft: Sie begegnen dem auferstandenen Christus, der sie erneut in seine Nachfolge ruft. Das verändert ihr Leben; das macht sie zu begeisterten Boten dieser Frohen Botschaft, die Christus allen Menschen verkünden möchte. Sie werden zu Verkündern einer radikalen Liebe, die allen Menschen gilt. Zu einer Liebe, die demütig und bescheiden ist, aber zugleich großherzig und uneingeschränkt. Das
prägt ihrer beider Leben so sehr, dass sie selbst ihr Leben für Christus hingeben.

Und trotzdem: Dieses Evangelium, für das Petrus und Paulus leben, hat überhaupt nichts Überhebliches oder Glorreiches an sich. Das Evangelium, das am Festtag der beiden gelesen wird, berichtet vom Messiasbekenntnis des Petrus: "Du bist der Christus, der Sohn des lebendigen Gottes" (Mt 16,16). Aber nur wenige Atemzüge weiter spricht dieser Christus zu seinen Jüngern: "Er müsse nach Jerusalem gehen und von den Ältesten und Hohepriestern und Schriftgelehrten vieles erleiden, er müsse getötet und am dritten Tag auferweckt werden." (Mt 16,21) Das ist das Paradoxe der Nachfolge: dass sie eben nicht nur "Hosianna" und "Halleluja" singt, sondern dass sie die Abgründe des menschlichen Lebens kennt, weil sie ein jeder Verkündiger des Evangeliums selbst durchleben muss.

Kirche voll Glanz und Gloria

"Ein Haus voll Glorie schauet, weit über alle Land": Es ist ein Lied aus längst vergangenen Tagen. Und es ist gut, wenn wir es heute nicht mehr singen. Denn die Zeiten, in denen die Kirche voll Glanz und Gloria war, sind längst vorbei. Die vergangenen Jahre haben uns als Kirche auf den Boden der Tatsachen zurückgeholt. All das Schreckliche, das Menschen im Namen der Kirche anderen angetan haben, lehrt uns, demütig und bescheiden zu sein. Wir müssen neu lernen, was es heißt, Kirche zu sein.

Christus selbst gibt uns dazu die Leitlinien mit auf den Weg: Kirche Jesu Christi zu sein, das bedeutet, seinem Beispiel nachzueifern, so zu leben, wie er gelebt hat, seine Liebe und Barmherzigkeit auch den Menschen von heute spürbar und erlebbar zu machen. So können wir heute Kirche sein. Ohne den äußeren Glanz vergangener Jahrhunderte. Aber dafür so, dass im Antlitz der Kirche das Antlitz des gekreuzigten und auferstandenen Christus widerscheinen kann.

Quelle:
KNA