Eine theologische Betrachtung zu Erntedank

Zwischen Gartenplanung und Gottes Güte

Bertolt Brecht spottete über das Scheitern menschlicher Pläne. Das Erntedankfest zeigt jedoch, dass ein reicher Ertrag nicht allein in unserer Hand liegt. Warum Gottes Segen zählt und menschliche Planung trotzdem ihren Platz hat.

Autor/in:
Fabian Brand
Erntedankaltar / © Julia Steinbrecht (KNA)
Erntedankaltar / © Julia Steinbrecht ( KNA )

"Ja, mach nur einen Plan! Sei nur ein großes Licht! Und mach dann noch 'nen zweiten Plan: Gehn' tun sie beide nicht": Diese Worte stammen aus der berühmten "Dreigroschenoper", einem Theaterstück aus der Feder von Bertold Brecht. Uraufgeführt wurde es Ende August 1928, und viele kennen aus diesem Stück die "Moritat von Mackie Messer" - jenem Ganoven, der im Londoner Stadtteil Soho sein Unwesen treibt und dessen Gaunertaten in dieser Moritat besungen werden.

Aber auch "Das Lied von der Unzulänglichkeit menschlichen Strebens" gehört zur "Dreigroschenoper". Darin geht es nicht nur um das Scheitern von Plänen, sondern auch darum, dass Menschen immer stets nach Höherem streben und doch nicht dorthin gelangen oder das Glück verlangen und es doch nicht finden. Von einer großen Ernüchterung ist das Lied deswegen durchzogen.

Kein Jahr wie das andere

"Mach nur einen Plan": Wer einen Garten hat oder in der Landwirtschaft tätig ist, weiß, dass man manchmal durchaus Pläne braucht. Im Frühjahr steht man immer neu vor der Frage: Welches Gemüse, welche Früchte werden wo angebaut? Wo ist der richtige Ort für eine bestimmte Saat? Da gibt es nicht nur den besten Standort zu bedenken, sondern auch die sogenannte Fruchtfolge. Sie soll die Fruchtbarkeit des Bodens verbessern, indem nach und nach unterschiedliche Feldfrüchte angebaut werden. Und so steht man am Anfang des Jahres da, macht seinen Plan und hofft auf eine reichliche Ernte. Aber was am Ende dabei herauskommt, das liegt nicht mehr in der Hand der Gärtnerin oder des Landwirts. Man ist nur bedingt selbst dafür verantwortlich.

Das Erntedankfest erinnert Jahr um Jahr daran, dass das Gelingen von Plänen nicht selbstverständlich ist. Das wird am Beispiel der Feld- und Gartenfrüchten deutlich: Kein Jahr ist wie das andere. Während die Ernte in einem Jahr überreich ausfällt, macht sich im nächsten Jahr Ernüchterung breit. Im Vorfeld lässt sich kaum abschätzen, wie sich das Jahr entwickelt, ob es eine gute oder schlechte Ernte wird. Gerade angesichts des fortschreitenden Klimawandels bangt man jedes Jahr neu. Dennoch dürfen wir jedes Jahr wieder Erntedank feiern, wenn uns die Schöpfung wieder teilhaben lässt an der Fülle der Erde und der menschlichen Arbeit.

Der Schöpfung in Liebe zugewandt

Einer, der sich mit dem Scheitern menschlicher Pläne auskannte, war der alttestamentliche Prediger Kohelet. Er spricht nicht nur davon, dass alles Windhauch ist, sondern auch davon, dass das menschliche Streben immer ein begrenztes Streben ist, das dem Schicksal des Scheiterns unterliegt. Und doch ist Kohelet kein Pessimist - denn er weiß, dass alles in Gott gründet, dass er seiner Schöpfung in Liebe zugewandt ist. Pläne mögen zerbrechen, aber man fällt dadurch nicht ins Nichts. Es ist Gottes Hand, die jede und jeden auffängt, weil er alles mit seiner Liebe umfängt.

Das Erntedankfest macht deutlich, dass nicht wir Menschen es sind, die das Werden und Gedeihen in der Hand haben - aber dass wir uns getrost darauf verlassen dürfen, dass Gott es gut mit uns meint. Er ist der gute Schöpfer, der sich von seinem Werk nicht abwendet. Er bleibt der Schöpfung in Liebe zugewandt, er hält sie in seiner Hand. Auch, wenn das menschliche Planen und Plänemachen manchmal nicht so gelingt - Gott sorgt dafür, dass es uns gut geht.

Leben aus Liebe und Fürsorge

Darum weiß der Psalmist, wenn er im 104. Psalm singt: "Du lässt Gras wachsen für das Vieh und Pflanzen für den Ackerbau des Menschen, damit er Brot gewinnt von der Erde". Nicht wir Menschen sind es, die mit planvollem Handeln das hervorbringen, was wir zum Leben brauchen. Am Ende ist es Gottes Güte, die wachsen und gedeihen lässt.

Aber wir Menschen müssen mitanpacken: Wir müssen die Saat ausbringen und uns um die kleinen und großen Pflanzen kümmern. Und wir sind mit dieser Sorge nicht allein. Gott gibt seinen Segen über das Land, damit es die Früchte der Erde hervorbringt, damit wir Menschen leben können aus seiner Liebe und seiner Fürsorge. Gott hat schon einen Plan für unser Leben - und dieser Plan gelingt immer.

Erntedankfest

Kirchengemeinden in ganz Deutschland feiern Anfang Oktober das Erntedankfest. In Gottesdiensten bedanken sich Christen für die Ernte eines Jahres und erinnern damit an die Verbindung von Mensch und Schöpfung. Die Altäre werden in den Kirchen mit Feldfrüchten geschmückt. Kindern soll das Erntedankfest die Zyklen des Jahreslaufes und der Nahrungsproduktion bewusst machen.

Erntedank / © Sr. Emmanuela (privat)
Erntedank / © Sr. Emmanuela ( privat )
Quelle:
KNA