Ein Überblick über die Geschichte der Dresdner Frauenkirche

"Eine außergewöhnlich normale Kirche"

Der Wiederaufbau der kriegszerstörten Dresdner Frauenkirche sorgte international für Aufsehen: Aus der ganzen Welt gingen Spenden ein. Vor 20 Jahren wurde der neu errichtete Sakralbau feierlich eingeweiht und eröffnet.

Autor/in:
Katharina Rögner
Altstadt in Dresden mit der Frauenkirche / © DaLiu (shutterstock)
Altstadt in Dresden mit der Frauenkirche / © DaLiu ( shutterstock )

Die Dresdner Frauenkirche ist längst wieder ein Wahrzeichen. Gut 60 Jahre nach der Zerstörung im Zweiten Weltkrieg wurde mit ihrer Weihe am 30. Oktober 2005 eine Lücke geschlossen. Jahrzehntelang war die Ruine der barocken Kirche aus dem 18. Jahrhundert zuvor ein Mahnmal im Zentrum der Stadt gewesen. Ende Oktober feiert Dresden den Wiederaufbau nach historischem Vorbild vor 20 Jahren. Die Stiftung Frauenkirche lädt zu einem Festwochenende ein, zu dem auch die britische Bischöfin von Coventry, Sophie Jelley, erwartet wird.

Symbol für Frieden und Versöhnung

Das Gebäude mit der markanten Kuppel sei heute "ein Ort des Alltags wie der Ausnahmemomente, eine außergewöhnlich normale Kirche", so formuliert es Geschäftsführerin Maria Noth. Die Frauenkirche gilt als Symbol für Frieden und Versöhnung, sie ist ein Zentrum der Musik sowie des gesellschaftlichen und geistlichen Lebens. Jährlich zieht sie rund zwei Millionen Gäste an.

In den sakralen Raum werde bewusst bei freiem Eintritt eingeladen, sagt Noth. Dennoch habe sich einiges verändert: Kamen anfangs jährlich rund 600.000 Menschen in die Andachten und Gottesdienste, waren es 2024 nur noch rund 115.000 Menschen. Ein Publikumsrenner sei aber auch der - nicht kostenfreie - Kuppelaufstieg: Jährlich genießen mehr als 200.000 Menschen den Ausblick aus 67 Metern Höhe.

Geistliche Angebote und Besucher

"Die Leute sollen etwas Positives mitnehmen, damit sie den Besuch in guter Erinnerung behalten und auch weitererzählen, was es hier an geistlicher Nahrung gibt", sagt Frauenkirchenpfarrerin Angelika Behnke. Nahezu täglich gibt es Orgelandachten, immer montags bis samstags um 12 Uhr sowie an vier Tagen zusätzlich um 18 Uhr, mit anschließender Kirchenführung im Hauptraum. In der Regel nehmen 100 bis 300 Menschen teil, im Advent können das auch mal bis zu 700 Gäste sein.

Die Frauenkirche hat keine eigene Gemeinde. Sie ist als Stiftung organsiert und muss sich eigenständig finanzieren. Rund 350 Ehrenamtliche unterstützen die Besucherangebote.

Blick auf Geschichte und Verantwortung

In der täglichen Arbeit wolle die Stiftung "aus dem ständigen Wiederholen der Wiederaufbaugeschichte herauskommen - nicht zuletzt mit Blick auf die heranwachsende Generation, für die das nicht mehr diese emotionale Bedeutung hat", sagt Frauenkirchenpfarrer Markus Engelhardt. Ein Ort, in denen die Schrecken der Geschichte eingeschrieben und eingemauert sind, wird die Frauenkirche aber immer bleiben.

Der barocke Prachtbau wurde von 1726 bis 1743 nach Plänen des Dresdner Ratszimmermeisters George Bähr erbaut. Sie prägte mehr als 200 Jahre lang mit ihrer monumentalen Sandsteinkuppel die Stadt, bis sie nach den alliierten Bombenangriffen im Februar 1945 ausbrannte und einstürzte.

Vom Mahnmal zum Neubeginn

Zu DDR-Zeiten dominierten Frauenkirchen-Ruine und Trümmer den Neumarkt in der Mitte der Stadt als Mahnmal gegen den Krieg. 1989 bildete sich in Dresden eine Bürgerinitiative zum Wiederaufbau, unter ihnen der bekannte Trompeter Ludwig Güttler. 1994 begannen die Arbeiten am neuen Bauwerk. Finanziert wurde die Rekonstruktion überwiegend mit Spenden aus dem In- und Ausland. Medizin-Nobelpreisträger Günter Blobel etwa spendete einen großen Teil seines Preisgeldes. Die Gesamtkosten betrugen rund 180 Millionen Euro.

Etwa ein Fünftel der historischen Steine wurde im Neubau integriert. Der bauliche Zustand der Frauenkirche ist laut dem leitenden Architekten Thomas Gottschlich noch immer hervorragend. "Zum Teil sind wir jetzt nach 20 Jahren sogar besser aufgestellt als zum Zeitpunkt der Weihe", sagt er. Viele technische Anlagen seien modernisiert worden, die Beleuchtung sei in einem Topzustand.

Erhalt und Zukunftsperspektiven

Der anfangs helle Sandstein patiniert - das heißt, er wird grauer. Dabei entstehe auch eine Schutzschicht gegen eindringende Feuchtigkeit, sagt Gottschlich. Das sei ein ganz normaler chemischer Prozess, aber vor allem helfe er dem Bauwerk. Etwa eine Million Euro sind für den Erhalt des Gebäudes jährlich notwendig. Der Haushalt der Frauenkirche wird nach wie vor aus Spenden und Zustiftungen gestemmt. Der Betrieb bleibt eine Herausforderung.

Pfarrer Engelhardt sieht für die nächsten Jahre noch eine besondere Aufgabe: "Wir wollen politischer werden. Als Kulturort werden wir uns klar positionieren müssen, zum Beispiel in den heutigen Konflikten, soweit das irgendwie möglich ist."

Hoffnung und spirituelle Offenheit

Seiner Kollegin Behnke fällt auf, dass Gäste immer häufiger persönlich gesegnet werden wollen. "Die Leute sind nahezu segenshungrig", sagt die Pfarrerin. Dafür müsse sich niemand vorher anmelden oder eine Taufurkunde vorlegen, das sei wichtig. "Mit der Stiftungssatzung ist uns in die Wiege gelegt, eine Gratwanderung zwischen Kirche und Gesellschaft zu praktizieren", sagt Behnke. "Mit der Frauenkirche können wir zeigen: Man kommt aus Ruinen wieder raus, es gibt ein Danach und es gibt die Hoffnung."

Die Kirche und der Nationalsozialismus in Deutschland

Pflicht, Opfer, Vaterland: Als Hunderttausende katholischer deutscher Soldaten ab 1. September 1939 in den Zweiten Weltkrieg zogen, vermieden die meisten Bischöfe politische Stellungnahmen. Einzig der Münsteraner Bischof Clemens August von Galen rechtfertigte den Krieg unter Verweis auf den "ungerechten Gewaltfrieden" von Versailles 1918.

Turm der St. Matthiaskirche in Berlin (shutterstock)
Quelle:
epd