Bewegende Geschichte um einen wenig beliebten US-Präsidenten

Ein Kirchenfenster für die First Lady

Mit Romantik verbindet man den Job im Weißen Haus eher selten. Doch vor 140 Jahren residierte dort ein Präsident, dessen bittersüße Geschichte noch heute bewegt. Ein Kirchenfenster zeugt davon.

Autor/in:
Ronald D. Gerste
Demonstranten der Black-Lives-Matter-Bewegung vor der St John's Episcopal Church in Washington / © Allison C Bailey (shutterstock)
Demonstranten der Black-Lives-Matter-Bewegung vor der St John's Episcopal Church in Washington / © Allison C Bailey ( shutterstock )

Nur wenige Schritte vom Weißen Haus in Washington entfernt befindet sich die Saint John's Church, genannt die "Kirche der Präsidenten", weil viele zur Andacht hierhin kamen. Hier findet sich ein Kirchenfenster, das die Auferstehung zeigt - und der Frau eines amerikanischen Präsidenten gewidmet ist.

Mit dem Amt des US-Präsidenten verbindet man kaum noch Begriffe wie Liebe und Romantik, was nicht nur am Inhaber, sondern auch an der immensen Macht liegen dürfte, die der Mann an der Spitze der Weltmacht Nummer Eins hat. Dies war anders, als die USA noch eine junge, international wenig aktive Nation waren. Vor fast 120 Jahren gab es für die Amerikaner eine angenehme Überraschung - und sie erfuhren von einer großen, tragischen Liebe im Zentrum der Politik.

Berufspolitiker bekämpft die Vetternwirtschaft

Im November 1880 wählten die Amerikaner den früheren Collegeprofessor für Klassische Sprachen, James Garfield, zu ihrem 20. Präsidenten. Doch nach nur wenigen Monaten Amtszeit fiel er im Sommer 1881 einem Attentat zum Opfer. So rückte sein Vizepräsident, Chester Alan Arthur, nach.

Unter Kennern der politischen Szene kam es zu einem Aufstöhnen: "Chet Arthur President? Oh my God!" Denn Arthur galt als Berufspolitiker in einer durch Korruption geprägten Parteienlandschaft im Staat New York. Doch dann geschah das Unerwartete: er bekämpfte Vetternwirtschaft und Vorteilsnahme, setzte Reformen durch, vor allem in der Verwaltung. Aus dem vermeintlichen Buhmann wurde einer der integersten Präsidenten.

Trauer und Selbstvorwürfe

Seine knapp vierjährige Amtszeit absolvierte er nicht nur als schon kranker Mann (er starb bald nach seinem Ausscheiden an einem Nierenleiden), sondern auch in stetiger Trauer. Der gewichtige Lebemann liebte seine Frau Ellen über alles. Als der Wahlkampf des Jahres 1880 begann, starb sie plötzlich im Alter von nur 43 Jahren an Lungenentzündung. Arthurs Trauer war nicht frei von Selbstvorwürfen: Er wünschte nun, er hätte mehr Zeit mit Ellen und weniger mit seinen Freunden aus der Politik verbracht.

Bald nach Beginn seiner Präsidentschaft ließ er in der dem Weißen Haus am Lafayette Square gegenüber liegenden Saint John's Church ein Buntglasfenster zu Ehren Ellens anbringen. Die Kirchenleitung sorgte dafür, dass es abends beleuchtet war, und Arthur verlegte sein Schlafzimmer im Weißen Haus in einen Raum gegenüber der Kirche, so dass er das kleine Kunstwerk zur Erinnerung an seine geliebte Frau von dort aus jeden Abend sehen konnte.

Ein zeitgenössischer Journalist fand für den 21. Präsidenten die treffenden Worte: "Kein Mann ist zur Präsidentschaft unter einem so weithin verbreiteten und profunden Misstrauen ihm gegenüber gekommen wie Chester Alan Arthur und keiner ist bei seinem Abschied so rundum respektiert worden, gleichermaßen von Freund wie Feind." Ellen hat ihn dazu gemacht.


Statue von Chester A. Arthur in New York / © Joseph M. Arseneau (shutterstock)
Statue von Chester A. Arthur in New York / © Joseph M. Arseneau ( shutterstock )
Quelle:
KNA