Karlspreis für Rumäniens Präsident Klaus Iohannis

Ein grundsolider Europäer auf schwierigem Posten

Die EU kann Europäer wie ihn wirklich gebrauchen: Rumäniens Präsident Klaus Iohannis versucht, juristischen und politischen Schlendrian im Südosten der Staaten-Union in Schach zu halten. Und das ist keineswegs einfach.

Autor/in:
Alexander Brüggemann
Verleihung des Karlspreises an Klaus Iohannis / © Federico Gambarini (dpa)
Verleihung des Karlspreises an Klaus Iohannis / © Federico Gambarini ( dpa )

Er sei ein "herausragender Streiter für die europäischen Werte": Mit dieser Begründung erhält Rumäniens Staatspräsident Klaus Iohannis am Samstag im Krönungssaal des Aachener Rathauses den Internationalen Karlspreis 2020 - verspätet wegen der Corona-Pandemie. Das "herausragend" bezieht sich nicht auf seine Körpergröße von 1,92 Metern. Das Karlspreis-Direktorium ehrt den 62-Jährigen für seinen Einsatz für Rechtsstaatlichkeit, Freiheit und Demokratie, den Schutz von Minderheiten und kultureller Vielfalt.

Die EU sei heute in vielen wesentlichen Fragen zerstritten und gespalten, so die Jury. Angesichts großer globaler Herausforderungen brauche es aber Einigkeit, gegenseitige Anerkennung und Versöhnung.
Rumänien beschreiben die Juroren als ein Land, das eine "brutale Diktatur" überwunden, nach der Wende 1989/90 gegenüber dem Westen aber auch "Enttäuschungen" erfahren habe. Iohannis habe dieses Land mit großem Einsatz und Erfolg "Schritt für Schritt zum europäischsten in Südosteuropa gemacht".

Früher war Iohannis Lehrer

Iohannis gehört der rumäniendeutschen Volksgruppe der Siebenbürger Sachsen an. Am 13. Juni 1959 in Sibiu (Hermannstadt) geboren, betrachtet sich der evangelische Christ, der mit seiner katholischen Ehefrau häufig die katholische Messe besucht, selbst als "ethnisch Deutschen und rumänischen Staatsbürger". Nach dem Physikstudium war er als Lehrer am Hermannstädter deutschen Brukenthal-Gymnasium und als Schulinspektor tätig.

Weil ihn der Niedergang seiner Stadt nach der Wende frustrierte, wechselte Iohannis in die Lokalpolitik. Obwohl die Deutschen nur noch rund ein Prozent der 170.000 Einwohner Sibius stellten, wurde er 2000 Bürgermeister - er und seine Sachsen erarbeiteten sich eine Zweidrittelmehrheit im Stadtrat.

In den 14 Jahren seiner Amtszeit mauserte sich Sibiu zur Vorzeigestadt. Iohannis schuf Vertrauen, zog Investitionen ausländischer und vor allem deutscher Firmen an, kämpfte gegen die grassierende Korruption. Auf Rumänisch sagt man zu dieser Form der Unbestechlichkeit anerkennend: "Er hat eine kleine Familie."

Bei seinen Wiederwahlen als Bürgermeister wuchs die Zustimmung noch.
Das Stadtbild wandelte sich von staubigem kommunistischem Verfall zu einem Schmuckkästchen. Als Sibiu 2007 Kulturhauptstadt Europas war, herrschte Vollbeschäftigung. Und auch in der folgenden Phase der Rezession setzte Johannis auf Kulturförderung. Kultur wandele das Bewusstsein, so sein Credo.

Überraschende Wahl zum Präsidenten

2013 schloss sich Iohannis der Nationalliberalen Partei PNL an. Ein Jahr später wurde er zu deren Vorsitzendem und als Kandidat für die Präsidentenwahlen nominiert. Überraschend setzte er sich durch und wurde im Dezember 2014 vereidigt. Der proeuropäische Politiker war als bürgerlicher Außenseiter mit dem Versprechen angetreten, die Korruption zu bekämpfen. Im Wahlkampf ließ Iohannis seinen sozialdemokratischen Rivalen spotten und persönlich angreifen, ohne auf dessen Tonlage einzusteigen.

Doch der Wechsel von der siebenbürgischen Provinz in die Hauptstadt war keineswegs einfach. Iohannis' größtes Kapital war das Renommee des "Saubermanns"; und wer einen Sumpf trockenlegen will, darf nicht die Frösche fragen. Bis der kreuzseriöse, aber auch spröde und wenig charismatische Sachse im gut geschmierten Politikbetrieb Bukarests durchdrang, musste noch einiges passieren.

Kampf gegen Korruption

Bei seiner Wiederwahl 2019 entschied Iohannis einen jahrelangen erbitterten Kampf mit der postkommunistischen PSD um Justiz und Korruption zwar am Ende für sich. Allerdings war damit noch kurz zuvor nicht wirklich zu rechnen gewesen. Quasi mit seinem letzten Trumpf wendete der Präsident das Blatt erneut für sich: Die Europawahl im Mai 2019 verband er in verzweifelter Situation mit einem Referendum über die Justizreform im Land. Sein postkommunistischer Rivale Liviu Dragnea scheint nun einstweilen außer Gefecht: Er wurde rechtskräftig zu dreieinhalb Jahren Gefängnis wegen Anstiftung zum Amtsmissbrauch verurteilt.

Iohannis ist es gelungen, die Stimmung gegen die Korruption zu mobilisieren - die es freilich auch in seinem bürgerlich-liberalen Lager gibt. Raubbau und Abholzung der Wälder in den Karpaten etwa, das schmutzige Geschäft der Holzbarone, ist wohl nicht ohne mächtige Deckung durch Parteimänner und Behörden möglich. Garanten für "saubere" Politik im Sinne der EU sind auch die bürgerlichen Parteien nicht. Der Karlspreis könnte einem wackeren Europäer zumindest den Rücken stärken.


Quelle:
KNA
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