Ehemaliger polnischer Primas Jozef Kowalczyk ist gestorben

Früherer Vertrauter von Johannes Paul II.

Er war Papstbotschafter, Primas von Polen und Mahner für Gerechtigkeit. Erzbischof Jozef Kowalczyk prägte Polens Kirche über Jahrzehnte. Nun ist der frühere Vertraute von Papst Johannes Paul II. gestorben.

Symbolbild Trauer um verstorbenen Bischof / © Antonio Gravante (shutterstock)
Symbolbild Trauer um verstorbenen Bischof / © Antonio Gravante ( shutterstock )

Er war der erste Papstbotschafter in Polen nach dem Zweiten Weltkrieg. Am Mittwoch ist der frühere Primas von Polen, Erzbischof Jozef Kowalczyk, und enge Vertraute von Papst Johannes Paul II. (1978-2005) gestorben, wie sein früheres Erzbistum Gniezno (Gnesen) am Donnerstag mitteilte. Er wurde 86 Jahre alt.

Nach Angaben des Erzbistums wurde Kowalczyk seit mehr als drei Wochen im "ernsten Zustand" in der Klinik behandelt. Primas Erzbischof Wojciech Polak hatte Ende Juli zu Gebeten für seinen Vorgänger aufgerufen.

Integrationsfigur mit Bodenhaftung

Der langjährige Vatikandiplomat Kowalczyk prägte von 1989 bis 2014 die katholische Kirche in Polen entscheidend mit - zuerst als Papstbotschafter in Warschau und dann ab 2010 als Primas. Seine diplomatische Ader machte ihn zur idealen Integrationsfigur für alle Flügel der Polnischen Bischofskonferenz.

Auch als Ehrenoberhaupt behielt Kowalczyk seine Bodenhaftung. Seinen 75. Geburtstag zum Beispiel beging er nicht in seinem Bistum, sondern in seinem kleinen Geburtsort Jadowniki Mokre bei Tarnow im Süden Polens. Als Primas forderte er mehr soziale Gerechtigkeit. Die sich immer weiter öffnende Schere zwischen Arm und Reich müsse geschlossen werden, appellierte er an die Politik.

Erster Papstbotschafter in Polen seit dem Krieg

Nach seiner Priesterweihe 1962 im nordpolnischen Olsztyn (Allenstein) arbeitete Kowalczyk kurz als Vikar, bevor er an der Katholischen Universität Lublin und anschließend an der Päpstlichen Universität Gregoriana in Rom Kirchenrecht studierte. Die Gregoriana verlieh ihm

1968 den Doktortitel. Schon ein Jahr zuvor begann er für die römische Kurie zu arbeiten: zunächst im Generalsekretariat der Bischofssynode, dann in der Gottesdienstkongregation. 1978 baute er die Polen-Abteilung im Staatssekretariat auf und wurde deren Leiter.

Gar nicht begeistert reagierte Kowalczyk nach eigenen Worten, als Papst Johannes Paul II. (1978-2005) ihn 1989 - nach der Wiederaufnahme voller diplomatischer Beziehungen - zum ersten Apostolischen Nuntius in Polen seit dem Zweiten Weltkrieg machen wollte: "Ich war entsetzt und sagte dem Heiligen Vater, dass diese Aufgabe vielleicht meine Kräfte übersteigt." Doch der Papst habe geantwortet: "Ich werde beten, und Sie werden dort arbeiten und sehen, dass viele Dinge getan werden können."

Weltweite Besonderheit

Es habe sich dann als Vorteil herausgestellt, dass ein Pole den Wiederaufbau der während des Kommunismus verwaisten Nuntiatur in Warschau übernahm und die Strukturreform der Kirche in Polen organisierte, meinte Kowalczyk. Zudem hatte er schon von 1976 bis 1978 den vatikanischen Sondernuntius Luigi Poggi bei seinen Warschau-Reisen begleitet. Nicht nur, dass Kowalczyk Nuntius in der eigenen Heimat war; auch, dass er den Botschafterposten fast 21 Jahre lang inne hatte, ist weltweit eine Besonderheit.

In Warschau verhandelte Kowalczyk mit den Behörden über ein Konkordat, das er 1993 unterzeichnete und das 1998 vom polnischen Parlament ratifiziert wurde. Im Januar 2007 wurde er heftig kritisiert, weil der bereits ernannte Warschauer Erzbischof Stanislaw Wielgus am Vortag seiner Amtseinführung wegen Geheimdienstkontakten zurücktreten musste. Man warf Kowalczyk vor, den Kandidaten nicht ausreichend geprüft zu haben. Er selbst beteuerte, Wielgus habe ihm gegenüber nicht die ganze Wahrheit über seine Kontakte zur Staatssicherheit gesagt. Kowalczyk wurde außerdem vorgeworfen, Informationen über übergriffiges Verhalten sowie sexuellen Missbrauch durch Kleriker nicht an den Vatikan gemeldet zu haben.

Träger des Bundesverdienstkreuzes

2010 wurde Kowalczyk dann Erzbischof von Gnesen und erhielt damit den Ehrentitel Primas von Polen. Hauptaufgabe des Primas ist es, für die Einheit der Kirche zu sorgen, die Leitung der Bischofskonferenz geht mit dem Ehrentitel nicht einher.

Im Mai 2014 nahm Papst Franziskus den altersbedingten Rücktritt des damals 75-jährigen Kowalczyk als Gnesener Erzbischof an. Ein herzliches Verhältnis verband Kowalczyk mit dem Berliner Kardinal Georg Sterzinsky (1936-2011). Dieser stammte aus dem einst ostpreußischen Ermland, wo Kowalczyk seine Priesterausbildung absolvierte und den Kontakt zur deutschen Minderheit suchte. Als "Freund der Deutschen" erhielt er 2006 das Bundesverdienstkreuz.

Katholische Kirche in Polen

Die römisch-katholische Kirche hat in Polen traditionell viel Einfluss. Das hat auch historische Gründe:

Spätestens seit Ende des 18. Jahrhunderts, als die drei Nachbarmächte den polnischen Staat für 123 Jahre ganz auflösten, gilt die Kirche als Bewahrerin der nationalen Identität. In den vergangenen Jahren verlor sie aber besonders in der jungen Generation an Ansehen.

Prozession in Polen / © Dariusz Banaszuk (shutterstock)
Prozession in Polen / © Dariusz Banaszuk ( shutterstock )
Quelle:
KNA