DOMRADIO: Bäcker müssen immer ganz früh aufstehen. Wie ist das bei Ihnen? Stehen Sie auch schon um halb vier oder vier in der Backstube?
Norbert Sietmann (Hostienbäcker im Kloster Hamicolt): Nein, so schlimm ist das bei uns nicht. Ich fange meistens um 6 Uhr an.
DOMRADIO: Sie müssen gar nicht früher anfangen?
Sietmann: Nein, wir verkaufen ja keine Brötchen. Wir verkaufen unser Produkt, und das muss nicht pünktlich für die Kunden in der Theke liegen.
DOMRADIO: Sie haben eine ganz interessante Geschichte, Sie wurden vom Klosterhausmeister zum Hostienbäcker. Das ist nicht gerade üblich. Aber Ihnen hat damals eine der Schwestern den Job verschafft. Wie ist das passiert?
Sietmann: Ich habe Ende der 80er hier als Hausmeister angefangen und dabei habe ich auch kleine Reparaturen in der Bäckerei gemacht. Da kam Schwester Eugenia zu mir und sagte, Norbert, das kannst du doch auch. Und so habe ich damit angefangen.
DOMRADIO: Und Sie konnten das? Oder mussten Sie das auch erst mal lernen?
Sietmann: Natürlich, klar. Aber ich habe mich nicht ganz dumm angestellt. Es hat geklappt.
DOMRADIO: Wie lange brauchten Sie dafür, um diesen Job wirklich ausüben zu können?
Sietmann: Ich sage immer, man lernt jeden Tag dazu. Ausgelernt hat man nie.
DOMRADIO: Bäckereien haben große Nachwuchssorgen. Keiner will so früh aufstehen. Wie ist das bei Ihnen und den Mitarbeitenden?
Sietmann: Nachwuchssorgen habe ich nicht. Ich habe ein paar Mitarbeiterinnen, ich kann nicht sagen, dass ich da Nachwuchs-Probleme habe.
DOMRADIO: Gibt es für Hostien so etwas wie ein Reinheitsgebot wie beim Bier?
Sietmann: Ja, klar. Bei uns gibt es so etwas auch. Das heißt, wir dürfen Hostien nur aus reinem Weizenmehl und Wasser herstellen. Das ist ein Reinheitsgebot, das gehört dazu, das ist kirchliches Recht. Da dürfen wir nichts anderes hineintun. Weder Hefe noch Sauerteig, das dürfen wir alles nicht zufügen.
DOMRADIO: Wird das überprüft?
Sietmann: Überprüft wird es nicht, nein.
DOMRADIO: Ich würde denken, Hostie ist gleich Hostie, immer gleich groß und gleich schwer. Ich vermute aber, das stimmt nicht, oder?
Sietmann: Wir stellen hier verschiedene Größen her, von 30 Millimetern bis 220 Millimetern Größe. Dadurch haben sie natürlich auch ein anderes Gewicht.
DOMRADIO: Und wie wird bestellt? Bestellen Katholiken und Protestanten unterschiedliche Hostienmodelle?
Sietmann: Nein, eigentlich nicht. Der eine nimmt Brothostien, der andere will weiße Hostien. Das ist einfach Geschmacksache.
DOMRADIO: Wenn die Bestellung bei Ihnen ankommt, wird alles verpackt und verschickt. Machen Sie das alles?
Sietmann: Ja, in der Regel mache ich das. Wenn ich nicht da sein sollte, dann macht das eine von meinen Mitarbeiterinnen und dann werden die Hostien auf die Reise geschickt.
DOMRADIO: Was lieben Sie an Ihrem Job? Was motiviert Sie jeden Tag, um kurz nach fünf aufzustehen?
Sietmann: Mich motiviert, ein Teil der Eucharistiefeier sein zu dürfen. Ich bin dabei ein ganz kleines Teilchen. Auch die Kundengespräche motivieren mich. Ich habe oft Gespräche mit Küstern, Priestern, die ich schon über Jahre, Jahrzehnte kenne. Da wird auch schon mal ein persönliches Wort gesprochen. Das ist eine schöne Sache.
DOMRADIO: Wohin verkaufen Sie? Deutschlandweit?
Sietmann: Ja, klar. Aber auch ins Ausland, nach Dänemark, Österreich, Tschechien.
DOMRADIO: Auf Ihrer Homepage steht: "Kein Verkauf an Privatpersonen". Warum ist das so?
Sietmann: Die Hostie soll der Kirche vorbehalten sein und ist nicht für Privatpersonen gedacht.
DOMRADIO: Was muss heute noch raus?
Sietmann: Das, was gestern an Bestellung per Mail eingegangen ist und es muss weiter produziert werden. Es ist bald Weihnachten.
DOMRADIO: Was ändert das an Ihrer Arbeit?
Sietmann: Zu Weihnachten ist natürlich immer ein bisschen mehr zu tun.
DOMRADIO: Und das geht jetzt schon los?
Sietmann: Ab nächsten Monat, ab Oktober, fangen die ersten schon mit der Bevorratung an.
Das Interview führte Carsten Döpp.