Domkapitular Radermacher stellt Betrüger als Vorbild des Glaubens vor

"So müssten wir sein wie dieser Halunke"

Domkapitular Hans-Josef Radermacher greift das Gleichnis vom untreuen Verwalter auf und erläutert, warum Jesus ausgerechnet einen Betrüger lobt. Dabei wird deutlich, dass nur wer geistig wach ist, in der Krise seine Chancen erkennt.

Domkapitular Prälat Hans-Josef Radermacher / © Beatrice Tomasetti (DR)
Domkapitular Prälat Hans-Josef Radermacher / © Beatrice Tomasetti ( DR )

Domkapitular Hans-Josef Radermacher legt in seiner Predigt das Evangelium vom untreuen Verwalter aus. Die Erzählung Jesu zeigt einen Verwalter, der das Vermögen seines Herrn verschwendet, entlassen wird und dann kreativ handelt, um seine Zukunft abzusichern. Er erlässt den Schuldnern seines Herrn Teile ihrer Schulden – möglicherweise nicht uneigennützig, aber mit dem klarem Ziel sich Freunde zu machen.

Radermacher betont, dass Jesus diesen Mann nicht für seinen Betrug lobt, sondern für seinen klugen Umgang mit der Situation. Jesus erzähle dieses Gleichnis augenzwinkernd, um eine geistliche Botschaft zu vermitteln. Nicht immer sei der fromme Held das Vorbild – manchmal könne auch ein unheiliger Mensch zeigen, worauf es ankommt: aufmerksam, entschlossen und wach zu handeln, wenn es darauf ankommt, so Radermacher.

Parallele zwischen dem Verwalter und Jesus selbst

Dabei gehe es um mehr als nur Krisenbewältigung: Der kluge Mensch nutze die Zeit, die ihm bleibt, und denkt an die Zukunft. Wer geistlig wach lebt, erkennt in der Endlichkeit seines Lebens eine Einladung, im Licht Gottes zu leben und zu handeln. Heiligkeit bedeutet für Radermacher, sich zu entscheiden – nicht für Selbstmitleid oder Passivität, sondern für bewusstes, zielgerichtetes Leben. Radermacher zieht eine Parallele zwischen dem Verwalter im Gleichnis und Jesus selbst. Auch Jesus habe in begrenzter Zeit alles gegeben: seine Botschaft, seine Vergebung, seine Nähe. So lebten auch Heilige: Franziskus, der das Geld des Vaters an Arme weitergibt, oder Laurentius, der den Kirchenschatz verteilt. Sie handeln verschwenderisch im Vertrauen auf Gottes Fülle.

Die zentrale Botschaft der Predigt ist, dass christlicher Glaube bedeutet in der Gegenwart entschlossen und mit Blick auf die Zukunft zu leben – geistlig wach, bereit zur Entscheidung und offen für das Handeln Gottes. Wer so lebt, wird nicht zum Zuschauer, sondern zum Pilger auf ein Ziel hin. Radermacher schließt mit dem Appell, um Geistesgegenwart zu bitten, um nicht zu Flaneuren zu werden, die Zeit vergeuden, sondern zu Menschen, die bewusst im Licht Gottes unterwegs sind.


DOMRADIO.DE hat am fünfundzwanzigsten Sonntag im Jahreskreis das Kapitelsamt aus dem Kölner Dom mit Domkapitular Hans-Josef Radermacher übertragen. Die Domkantorei Köln sang unter der Leitung von Eberhard Metternich. An der Domorgel war Domorganist Winfried Bönig. Im Gottesdienst erklang u. a. die Missa Brevis von Giovanni Pierluigi da Palestrina und eine Motette von Gottfried August Homilius.

Die Domkantorei Köln hat viele große Oratorien im Repertoire. / © Beatrice Tomasetti (DR)
Die Domkantorei Köln hat viele große Oratorien im Repertoire. / © Beatrice Tomasetti ( DR )
Die Domkantorei Köln bei einem Konzert im Kölner Dom.

Evangelium vom 25. Sonntag im Jahreskreis aus dem Lukasevangelium

"In jener Zeit sprach Jesus zu seinen Jüngern: Ein reicher Mann hatte einen Verwalter. Diesen beschuldigte man bei ihm, er verschleudere sein Vermögen. Darauf ließ er ihn rufen und sagte zu ihm: Was höre ich über dich? Leg Rechenschaft ab über deine Verwaltung! Denn du kannst nicht länger mein Verwalter sein. Da überlegte der Verwalter: Was soll ich jetzt tun, da mein Herr mir die Verwaltung entzieht? Zu schwerer Arbeit tauge ich nicht und zu betteln schäme ich mich. Ich weiß, was ich tun werde, damit mich die Leute in ihre Häuser aufnehmen, wenn ich als Verwalter abgesetzt bin. Und er ließ die Schuldner seines Herrn, einen nach dem anderen, zu sich kommen und fragte den ersten: Wie viel bist du meinem Herrn schuldig? Er antwortete: Hundert Fass Öl. 

Da sagte er zu ihm: Nimm deinen Schuldschein, setz dich schnell hin und schreib "fünfzig"! Dann fragte er einen andern: Wie viel bist du schuldig? Der antwortete: Hundert Sack Weizen. Da sagte er zu ihm: Nimm deinen Schuldschein und schreib "achtzig"! Und der Herr lobte den ungerechten Verwalter, weil er klug gehandelt hatte, und sagte: Die Kinder dieser Welt sind im Umgang mit ihresgleichen klüger als die Kinder des Lichtes. Ich sage euch: Macht euch Freunde mit dem ungerechten Mammon, damit ihr in die ewigen Wohnungen aufgenommen werdet, wenn es zu Ende geht! Wer in den kleinsten Dingen zuverlässig ist, der ist es auch in den großen, und wer bei den kleinsten Dingen Unrecht tut, der tut es auch bei den großen. 

Wenn ihr nun im Umgang mit dem ungerechten Mammon nicht zuverlässig gewesen seid, wer wird euch dann das wahre Gut anvertrauen? Und wenn ihr im Umgang mit dem fremden Gut nicht zuverlässig gewesen seid, wer wird euch dann das Eure geben? Kein Sklave kann zwei Herren dienen; er wird entweder den einen hassen und den andern lieben oder er wird zu dem einen halten und den andern verachten. Ihr könnt nicht Gott dienen und dem Mammon." (Lk 16,1-13)

Auslegung zum Sonntagsevangelium

Von Alois Stöger

Wer treu ist im Geringsten, ist auch in vielem treu, und wer im Geringsten ungerecht ist, ist auch in vielem ungerecht. Wenn ihr also im ungerechten Mammon nicht treu seid, wer wird euch das Echte anvertrauen? Und wenn ihr im Fremden nicht treu seid, wer wird euch das Unsrige geben?

Vom Verwalter wird verlangt, dass er treu sei (12,42; 1Kor 4,2). Der Verwalter des Gleichnisses war nicht treu, sondern ungerecht. Er hat die Güter, die ihm der Herr anvertraut hat, vergeudet und für seine eigenen Zwecke zum Schaden des Besitzers gebraucht. Der Herr lobt nicht die Untreue des Verwalters, als ob solch schurkisches Handeln klug wäre. Wer Besitz hat, ist immer 

nur Verwalter; denn Eigentümer unseres Vermögens ist Gott. Der anvertraute Besitz muss treu, nach dem Willen Gottes verwaltet werden.

Irdischer Besitz ist nicht die höchste Gabe, die uns Gott anvertraut. Er ist nur Geringstes, nicht vieles. Vieles ist das Echte, worauf man bauen und vertrauen kann, das Kommende, die Teilhabe am Reich Gottes, das neue, ewige Leben. Die irdischen Güter sind nur Geringstes; sie vermögen das Leben nicht wahrhaft zu sichern. Sie können nicht den Tod verhindern (12,22–31), nicht einmal der Lebens- und Leibeslänge auch nur das Geringste hinzufügen (12,25). Nur wer das Wenige richtig zu verwalten 

versteht, dem vertraut man das Viele an. "Wenn ihr im Kleinen nicht treu seid, wer wird euch geben, was groß ist?" (Mt 25,21)

Gott gibt die kommenden himmlischen Güter nur dem, der die irdischen nach seinem Willen treu zu verwalten versteht.

Auslegung: Alois Stöger (österr. Neutestamentler, Weihbischof in St. Pölten, 1904–1999), aus: ders., Das Evangelium nach Lukas, 2. Teil  (Geistliche Schriftlesung 3,2), Düsseldorf 1966, 83–84, 

© Schulschwestern Amstetten (Rechtsnachfolge)

Kölner Dommusik: Die vier Chöre am Kölner Dom

Die Kölner Dommusik besteht aus vier Chören und hat mit diesen den Auftrag die Gottesdienste an der berühmten Kölner Kathedrale, dem Kölner Dom, musikalisch auf hohem Niveau zu gestalten. Darüber hinaus ist sie als Kulturbotschafter auch außerhalb Kölns eine feste Größe.

Der Mädchenchor am Kölner Dom ist einer der vier Domchöre / © Beatrice Tomasetti (DR)
Der Mädchenchor am Kölner Dom ist einer der vier Domchöre / © Beatrice Tomasetti ( DR )
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