Diese ersten Konsequenzen hat das Segnungspapier ausgelöst

Ein frühes Weihnachtsgeschenk?

Viele hätten nicht für möglich gehalten, was der Vatikan am Montag verkündet hat: Homosexuelle und wiederverheiratete Paare dürfen gesegnet werden. Die Entscheidung sorgte für unterschiedliche Reaktionen in der Kirche in Deutschland.

Autor/in:
Sabine Kleyboldt und Christoph Arens
Georg Bätzing, Bischof von Limburg und Vorsitzender der Deutschen Bischofskonferenz (DBK), segnet ein Ehepaar am Rande einer Veranstaltung in Hachenburg am 12. Mai 2022. / © Harald Oppitz (KNA)
Georg Bätzing, Bischof von Limburg und Vorsitzender der Deutschen Bischofskonferenz (DBK), segnet ein Ehepaar am Rande einer Veranstaltung in Hachenburg am 12. Mai 2022. / © Harald Oppitz ( KNA )

Nach der Vatikan-Freigabe von Segnungen für Homosexuelle sowie für unverheiratete oder wiederverheiratete Paare will das Bistum Rottenburg-Stuttgart zeitnah Vorschläge für entsprechende Segnungen erarbeiten. Geplant sei eine "Materialsammlung mit Bausteinen für Segnungen", sagte der Leiter des Bistums, Clemens Stroppel, am Dienstag.

Der Münchner Kardinal Reinhard Marx sagte in München, er sei schon ein bisschen überrascht. Der Erzbischof sprach von einem ersten Schritt, der für die Katholiken in Deutschland klein ausschauen möge - "aber für manche in der Weltkirche ist das gewaltig, das so zu hören, dass das möglich sein soll". In Afrika würden bestimmt einige den Kopf schütteln.

Dokument unmissverständlich

Der Kölner Kardinal Rainer Maria Woelki äußerte sich auf Anfrage nicht persönlich zu der römischen Erklärung. Die Pressestelle des Erzbistums Köln betonte, das Dokument verknüpfe die überlieferte Lehre vom Ehesakrament mit dem Aufruf zu einer behutsamen Pastoral für Paare "in besonderen Lebenssituationen".

Kardinal Rainer Maria Woelki / © Julia Steinbrecht (KNA)
Kardinal Rainer Maria Woelki / © Julia Steinbrecht ( KNA )

Es lasse keine Art von liturgischem Ritus oder diesem ähnliche Segnungen zu, die Verwirrung stiften könnten. "Dem Dokument entsprechend werden wir im Erzbistum Köln auch weiterhin unsere Pastoral in Einheit mit der Universalkirche gestalten."

Deutsche Bischöfe überrascht

Der Bischof von Dresden-Meißen, Heinrich Timmerevers, zeigte sich "sehr froh und sehr überrascht" über die Entscheidung. "Das hat es noch nicht gegeben in der Geschichte der Kirche, diesen Meilenstein, den der Papst jetzt hier ermöglicht", sagte er im ARD-Morgenmagazin. Vielleicht habe auch der deutsche Reformprozesses Synodaler Weg zum Zustandekommen des Papiers beigetragen.

Auch der künftige Bamberger Erzbischof Herwig Gössl begrüßte die Entscheidung. Es dürfe aber nicht übersehen werden, dass die Erklärung zwischen Segnung und Eheschließung unterscheide.

Positiv und Ausgewogen

Der Speyerer Bischof Karl-Heinz Wiesemann sprach von einer erneuerten pastorale Haltung, die in dem Schreiben aus dem Vatikan sichtbar werde. "Eine Haltung, die nicht moralisch verurteilt und ausgrenzt, sondern die positiven Werte sieht und anerkennt, die auch in Paarbeziehungen jenseits der christlichen Ehe gelebt werden."

Der Bischof von Münster, Felix Genn, lobte eine große Ausgewogenheit, die in dem Dokument zum Ausdruck komme.

Politik begrüßt Segnung

Aus den Reihen der Bundesregierung meldete sich Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP). "Als Katholik begrüße ich es, wenn sich die Kirche der Lebenswirklichkeit aller Menschen öffnet", erklärte er auf Anfrage.

Die beiden katholischen Frauenverbände KDFB und kfd begrüßten die Entscheidung des Vatikans. Die kfd-Bundesvorsitzende Mechthild Heil sprach von einem "guten, aber auch längst überfälligen Schritt". KDFB-Präsidentin Anja Karliczek sagte, die Entscheidung sei ein Signal für mehr Vielfalt und Toleranz in der Kirche.

Kleiner Schritt, längst überfällig

Die Initiative "Wir sind Kirche" sprach von einem kleinen Schritt in die richtige Richtung. Allerdings zeige die Begründung des Vatikans, dass sich im Verständnis der Kirchenspitze in Bezug auf die Lebensrealität homosexueller wie auch wiederverheirateter Paare nicht wirklich etwas geändert habe.

Die Initiative Maria 2.0 erklärte, die Maßnahme zeige zwar eine lange überfällige Öffnung, doch würden "die tiefergehenden strukturellen Probleme und Diskriminierungen innerhalb der katholischen Kirche" damit keineswegs angemessen behandelt.

Keine Ablehnung von Segensbitten

Schon die Unterscheidung in "irreguläre und reguläre Partnerschaften"stelle weiterhin eine gravierende Form der Diskriminierung dar und widerspreche den Menschenrechten, so Maria 2.0.

Aus Sicht des Bonner Moraltheologen Jochen Sautermeister ist die Erklärung wegweisend. "Seelsorger und Priester können sich bei Segensbitten nun nicht mehr auf ein kirchliches Verbot von Segnungen gleichgeschlechtlicher Paare mit Verweis auf die kirchliche Lehre berufen", sagte er dem Internetportal domradio.de.

Katholische Kirche erlaubt Segnung für homosexuelle Paare

Homosexuelle Paare können ab sofort auch in der katholischen Kirche gesegnet werden. Die vatikanische Glaubensbehörde veröffentlichte am Montag eine Grundsatzerklärung, wonach katholische Geistliche unverheiratete und homosexuelle Paare segnen dürfen. In dem Text mit dem Titel "Fiducia supplicans" (deutsch: Das flehende Vertrauen) wird betont, dass dabei eine Verwechslung mit einer Eheschließung ausgeschlossen werden muss. Auch darf ein Geistlicher den Segen nicht im Rahmen eines Gottesdienstes erteilen.

Ein Regenbogen leuchtet über dem Petersdom vor dem Beginn der wöchentlichen Generalaudienz von Papst Franziskus im Vatikan / © Gregorio Borgia (dpa)
Ein Regenbogen leuchtet über dem Petersdom vor dem Beginn der wöchentlichen Generalaudienz von Papst Franziskus im Vatikan / © Gregorio Borgia ( dpa )
Quelle:
KNA