Die Vatikan-Option ist für Palästina die wahrscheinlichste Lösung

Auf einer Stufe mit dem Papst

In der kommenden Woche will die Palästinenserführung seine Eigenständigkeit als Staat auf den Weg bringen. Sollten die Vereinten Nationen die Anerkennung versagen, bliebe noch eine andere Lösung: Am Ende könnte der neue Staat auf einer Stufe mit dem Papst stehen.

Autor/in:
Flacia Krause-Jackson
 (DR)

Die Unterstützung der notwendigen Zweidrittelmehrheit der 193 UN-Mitglieder bei ihrer Vollversammlung ab Dienstag (20.09.2011) für eine Aufwertung der palästinensischen Gebiete auf den Status eines "Nicht-Mitgliedsstaats" ist wahrscheinlich. Damit stünden die palästinensischen Autonomiegebiete auf Augenhöhe mit dem von Papst Benedikt XVI. regierten, kleinsten souveränen Staat der Erde.



Eine Anerkennung als "Nicht-Mitgliedsstaat" wäre aber vornehmlich ein symbolischer Erfolg. Allerdings könnte die palästinensische Autonomiebehörde dann internationale Verträge wie das Rom-Statut unterzeichnen und erhielte damit Zugang zum System des Internationalen Strafgerichtshofs, wie aus Kreisen europäischer Diplomaten verlautete. Dann könnte die palästinensische Regierung vom Gericht in Den Haag die Verfolgung mutmaßlicher israelischer Kriegsverbrechen im Westjordanland und im Gazastreifen verlangen.



"Die große Frage ist, ob es sich dafür lohnt, die Brücken zu den Amerikanern abzubrechen", sagte Ghaith al Omari, ehemaliger palästinensischer Unterhändler und mittlerweile Direktor der in Washington ansässigen American Task Force on Palestine, eine Organisation, die sich für eine friedliche Lösung des Nahostkonflikts einsetzt. An den Verhältnissen vor Ort würde sich wenig ändern, sagte er voraus.



Widerstand Israels und der USA

Bisher bekleidet die palästinensische Autonomiebehörde bei den UN einen Rang unterhalb dem des Vatikan. Doch die USA und Israel widersetzen sich den palästinensischen Plänen. Die Obama-Regierung werde weiter jeden Versuch bekämpfen, die UN als Vehikel zur Etablierung eines palästinensischen Staates zu benutzen, sagte ein Sprecher des US-Außenministeriums. Ein palästinensischer Staat kann nach Ansicht der USA und Israels nur durch Verhandlungen zwischen Israel und den Palästinensern zustande kommen.



Der geplante Antrag auf Anerkennung durch die UN ist der größte Vorstoß der Palästinenser seit 13 Jahren. Damals erhielten sie zusätzlich zu ihrem 1974 gewährten Beobachterstatus das Recht zur Beteiligung an der Generaldebatte zu Beginn der Vollversammlung, das Recht zur Unterstützung von Resolutionsentwürfen und das Recht, in Nahostfragen Punkte auf die Tagesordnung zu setzen. Allerdings besitzt die Autonomiebehörde nach wie vor kein Stimmrecht.



"Unser Streben nach Anerkennung als Staat sollte nicht für einen Trick gehalten werden", schrieb Abbas im Mai in der "New York Times". Der palästinensische Gesandte bei den UN, Rijad Mansur, sagte, alle Optionen seien noch auf dem Tisch. Während das Ziel eine volle UN-Mitgliedschaft sei, wie sie der Südsudan im Juli erhalten habe, sei die Vatikan-Option auch noch nicht vom Tisch.



Kein Vertrauen mehr in die Friedensbemühungen der USA

Mit einem Gang vor die Vollversammlung werde allerdings auch deutlich, dass Abbas das Vertrauen in die Fähigkeiten der US-Regierung, den Friedensprozess voranzubringen, verloren habe, sagte Hussein Ibish, Mitglied der American Task Force on Palestine. Wenn er seinen Antrag im Plenum zur Abstimmung bringt, vermeidet Abbas den Gang in den Sicherheitsrat, in dem die USA sein Vorhaben per Veto blockieren könnten. Um eine Machtprobe in der Vollversammlung doch noch zu verhindern, entsandte Obama am Mittwoch zwei Nahost-Vermittler zu Abbas.



Die EU-Staaten sind in ihrer Haltung gespalten. Belgien, Griechenland, Irland, Portugal und Spanien sympathisieren offen mit dem Anliegen der Palästinenser. Italien und Deutschland stehen eher auf Israels Seite. Großbritannien und Frankreich neigen eher auf die Seite der Palästinenser.



Papst Benedikt hat wiederholt die Etablierung eines souveränen Palästinenserstaats gefordert. Während seines Besuchs im Heiligen Land 2009 widersetzte er sich dem Wunsch des israelischen Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu und besuchte die Stadt Bethlehem im Westjordanland. Zum palästinensischen Antrag auf Anerkennung der Souveränität durch die UN werde Benedikt aber keine Position beziehen, teilte sein Sprecher Federico Lombardi telefonisch mit.