Die Pius-Brüder schaffen mit einer Priesterweihe neue Fakten

"Tiefe Wunde im Leib der Kirche"

Der Streit um die ultrakonservative Piusbruderschaft spitzt sich weiter zu. Während sich deutsche katholische Bischöfe noch über eine nicht genehmigte Kapellenweihe der Piusbruderschaft in Fulda erregen, haben die Traditionalisten längst weiter gehende Fakten geschaffen. Im französischen Bellaigue weihte der Obere der Gemeinschaft, Bernard Fellay, bereits am 3. Mai einen jungen Mann zum Priester.

Autor/in:
Joachim Heinz
 (DR)

Wie der deutsche Distrikt der Bruderschaft am Montagabend auf seiner Homepage bekanntgab, handelt es sich um den Schweizer Anselm Genilloud, der wenige Tage später im deutschen Traditionalistenkloster Reichenstein seine Primiz feierte. Fellay selbst ist einer der vier Traditionalisten-Bischöfe, deren Exkommunikation Papst Benedikt XVI. unlängst aufgehoben hatte.

Mit dem bislang in der Öffentlichkeit kaum wahrgenommenen Vorgang in dem abgeschiedenen Auvergne-Kloster erweist sich die aktuelle Debatte in Deutschland fast schon wieder als überholt. Im Streit um die von den Pius-Brüdern Anfang Juni geplanten Priesterweihen im bayrischen Zaitzkofen hatte der Vorsitzende der Deutschen Bischofkonferenz, Erzbischof Robert Zollitsch, noch am Dienstagmorgen klare Worte aus dem Vatikan angemahnt. In einem Interview des Deutschlandfunks bezeichnete er das Verhalten der Traditionalisten als "Affront gegen die Einheit der Kirche".

Zugleich betonte Zollitsch, dass den Bischöfen der Bruderschaft kirchenrechtlich die Weihe von Priestern verboten bleibe. Die Aufhebung der Exkommunikation bedeute nicht, dass die Betroffenen wieder Amt und Funktion innerhalb der Kirche ausüben dürften. Genau das aber sehen die Pius-Brüder anders. Mit der päpstlichen Aufhebung der Exkommunikation sei ein "provisorischer rechtlicher Status" eingetreten, so der Regens des Seminars in Zaitzkofen, Pater Stefan Frey. Damit könne das Leben in der Bruderschaft normal weitergehen - Priesterweihen inklusive.

Deutsche Bischöfe fordern Klarstellung Roms
Welche der beiden kirchenrechtlichen Interpretationen korrekt ist, bleibt unter Experten umstritten. Um Klarheit zu schaffen, wandte sich daher der Regensburger Bischof Gerhard Ludwig Müller, in dessen Diözese Zaitzkofen liegt, bereits im Frühjahr schriftlich an den Vatikan. Bisher ging jedoch laut Auskunft seines Sprechers keine Antwort ein. Einstweilen blieben ihm deswegen die Hände gebunden, so Müller. Allein dem Papst sei es vorbehalten über mögliche Sanktionsmaßnahmen, etwa die erneute Exkommunikation eines weihenden Bischofs, zu entscheiden. Um den Konflikt zu entschärfen, empfing Müller überdies am 13. Mai Vertreter der Bruderschaft zu einem klärenden Gespräch, an dessen Ende aber die jeweiligen Rechtsstandpunkte unverändert blieben.

Unterdessen berichtete am Dienstag die den Traditionalisten nahestehende spanischsprachige Internet-Redaktion von "Religion en libertad" (Religion in Freiheit), der Pius-Obere Fellay sei am vergangenen Freitag in der Römischen Glaubenskongregation empfangen worden. Über Details wurde nichts bekannt. Die deutschen Pius-Brüder sprachen von einem "ersten Kennenlernen für die bevorstehenden Diskussionen".

Deutsche Bischöfe fordern derweil fast flehentlich eine Klarstellung Roms. Etwa zuletzt der Fuldaer Bischof Heinz Josef Algermissen. Ihm sei sehr wichtig, dass der Papst sehe, wie die Gruppe auf sein großzügiges Entgegenkommen reagiere, sagte er der "Fuldaer Zeitung".
Angesichts der aus seiner Sicht unerlaubten Kappellenweihe am vergangenen Wochenende verurteilte er das Verhalten der Traditionalisten und nannte die Pius-Brüder "eine tiefe Wunde im Leib der Kirche". Eine Wunde, die offenbar weiterhin schwärt.