Vor 100 Jahren kam die Autorin Ellis Kaut zur Welt

Die Mutter des "Pumuckl"

Ihre Bekanntheit verdankt Ellis Kaut dem "Pumuckl". Die Geschichten vom Klabautermann, der bei Meister Eder ein Zuhause findet, machten sie berühmt. Doch die vor 100 Jahren geborene Kaut war eine vielseitige Künstlerin.

Autor/in:
Barbara Just
Pumuckl-Erfinderin Ellis Kaut / © Matthias Schrader (dpa)
Pumuckl-Erfinderin Ellis Kaut / © Matthias Schrader ( dpa )

In ihrer Schulzeit liebte Ellis Kaut biblische Geschichten und solche über Heilige. Besonders gefielen ihr die Bilder von weiblichen Heiligen: "Waren sie nicht alle auch weltberühmt geworden?", fragte sich das Mädchen und beschloss, eine Heilige zu werden.

Dieses Ziel erreichte es trotz ungewöhnlicher Anstrengungen nicht. Dafür wurde aus der vor 100 Jahren, am 17. November 1920, in Stuttgart geborenen und in München aufgewachsenen Kaut eine bekannte Schriftstellerin. Ihr Lebenswerk, wie sie selbst einmal bekannte, war ein kleiner frecher Klabautermann mit dem Namen "Pumuckl".

Kaut erprobt sich auf vielen Gebieten

Bevor dieser rothaarige Schelm über Radio und Fernsehen ein Star wurde, erprobte sich Kaut auf vielen Gebieten. Bei den Heiligen war es der Bekennermut gewesen, der ihr imponierte. "Die ließen sich foltern, verbrennen, den Löwen vorwerfen und wichen keinen Schritt von ihrem Bekenntnis ab", notierte die Autorin in ihren 2009 erschienenen Memoiren.

So war sie als Schülerin an einem Montagnachmittag tapfer in eine riesige, stille Kirche gegangen und hatte bis zum Altar und wieder zurück in voller Lautstärke "Großer Gott, wir loben dich" gesungen. Die Folgen? Keine.

Was ihr blieb, war die Courage, ihren Weg zu gehen. Als Jugendliche schrieb Kaut Theaterstücke und meldete sich mit 16 Jahren zum Schauspielunterricht an. Die Eltern hielten die Tochter nicht zurück, auch wenn sie sie gerne in einem seriösen Beruf gesehen hätten.

Aber zumindest finanzierte sie sich ihre Ausbildung von dem geringen Gehalt als Städtische Kanzlei-Anwärterin im Münchner Rathaus. Das perfekte Schreiben auf der Maschine sollte ihr einmal von Vorteil sein. Bei der Stadt lernt sie zudem ihren künftigen Mann kennen, den Journalisten Kurt Preis.

Kaut sorgt sich mitten in der Nazi-Zeit um Zukunft

Kaut mag eine selbstbewusste, junge Frau gewesen sein. Doch 1937, mitten in der Nazi-Zeit, als immer häufiger von einem bald beginnenden Krieg die Rede war, sorgte sie sich um die Zukunft. Mit 17 Jahren sei ihr einziger Wunsch gewesen, "wenigstens 25 zu werden", erzählte sie einmal in einer Sendung des Bayerischen Rundfunks.

Dieser erfüllte sich; sie heiratete sogar noch vor Kriegsausbruch. Ihr Gatte gehörte indes zu den ersten Männern, die eingezogen wurden. Statt in der Premiere eines Goldoni-Stücks am Wiesbadener Residenztheater aufzutreten, reiste die Ehefrau nach Markt Schwaben, um sich von ihrem Kurt zu verabschieden.

Die Bühnenlaufbahn war damit beendet. Ab 1940 begann Kaut ein Studium der Bildhauerei an der Akademie der Bildenden Künst in München. Derweil nahmen die Bombenangriffe auf die Stadt zu. Als Kaut nach einem Fronturlaub ihres Mannes mit ihrem Wunschkind schwanger wurde, beantragte sie die Evakuierung zu den Schwiegereltern nach Kiefersfelden.

Dort konnte sie sich ihren bildhauerischen Arbeiten widmen und mit dem Verkauf des einen oder anderen Ton-Porträts oder Grabsteins den Lebensunterhalt bestreiten. Im März 1945 kam dann Tochter Ursula zur Welt.

"Geschichten des Kater Musch" wurden Renner

Gelegentlich verfasste Kaut damals Texte und Erzählungen für den Bayerischen Rundfunk. Ihre Kreativität wurde geschätzt. Zum Renner entwickelten sich ihre "Geschichten des Kater Musch". Über 100 halbstündige Folgen waren sieben Jahre lang zu hören. Als für den Kinderfunk eine neue Serie gesucht wurde, meinte deren Leiterin zu Kaut: "Fällt Ihnen denn gar nichts ein?"

"Ein Pumuckl bist du!"

Mitten im Sommer kam ihr da eine Szene aus dem Winterurlaub in Erinnerung. Bei einem Waldspaziergang hatte sie ihren Mann mit Schnee geneckt, den sie von Zweigen auf ihn herabfallen ließ. "Ein Pumuckl bist du!", sagte der. Der Name war geboren, und mit Kauts Fantasie entstanden die dazugehörigen Geschichten.

Rund 90 Pumuckl-Hörspiele, 11 Bücher und 50 Schallplatten folgten, und schließlich die TV-Serie. Die Schreinermeister wechselten, den Kobold aber sprach stets Hans Clarin. Kaut setzte sich zudem mit einer Stiftung dafür ein, Kinder spielerisch ans Lesen und die Literatur heranzuführen. Bis zuletzt widmete sie sich auch der Bildhauerei, malte und fotografierte. Mit 94 Jahren starb die vielseitige Künstlerin 2015 in München.


Quelle:
KNA