Religionslehrerin sehnt Ende des Lockdowns herbei

"Die Luft ist bei uns raus"

Schüler und Lehrer ertragen seit einem Jahr einen wilden Mix aus Präsenz-, Wechsel- und Distanzunterricht. Trotz großer Disziplin auf allen Seiten sei aber jetzt die Luft raus, sagt die katholische Religionslehrerin Marlis Knoll.

Lernen im Distanzunterricht / © Juliya Shangarey (shutterstock)
Lernen im Distanzunterricht / © Juliya Shangarey ( shutterstock )

DOMRADIO.DE: Religion im Distanzunterricht - machen die Kinder da gerne mit?

Marlis Knoll (katholische Religionslehrerin am Hermann-Josef-Kolleg, Kall): Auch während des Distanzunterrichts haben wir ja, die "Großen", sprich die Q1 und die Q2, die ja jetzt momentan im Abitur sitzen, die ganze Zeit auch in der Schule gehabt. Das heißt, die sehen wir auch im Präsenzunterricht. Und unsere Schüler der Klasse 7 bis EF, sie sitzen tatsächlich zu Hause an ihren Bildschirmen und arbeiten auch Aufgaben im Fach Religion auf. Wir haben das allerdings so, dass wir nicht verpflichtet sind, die ganze Zeit per Videokonferenz mit den Schülern Unterricht zu machen. Wir können das so ein kleines bisschen selber entscheiden als Lehrer, ob man lieber Aufgaben einstellt und die Schüler schicken die zurück und wir bewerten die dann in gewisser Weise. Oder ob ich tatsächlich eine Stunde Zoom-Unterricht am Tablet mache.

DOMRADIO.DE: Was geht ihrer Erfahrung nach beim Reli-Unterricht am Bildschirm gut?

Knoll: Im Grunde genommen geht, je nachdem welches Material man verwendet, am Bildschirm alles gut. Besonders wenn es um Themen geht, die besprochen werden müssen. Ein Arbeitsblatt bearbeiten, das kann ich ja immer. Dafür brauche ich aber keinen Bildschirm. Anders bei Themen, wo man lieber drüber spricht. Beispiel war jetzt zum Beispiel bei mir: Vor den Osterferien haben wir die Schüler ja zum Glück noch eine Woche in der Schule gesehen. Da ging es eben um das Thema Ostern. Was bedeutet Ostern überhaupt für euch? Wie feiert ihr das zu Hause in euren Familien? Warum ist das ein wichtiges Fest? Da ist natürlich das Gespräch, das ich ja dann auch per Videokonferenz übers Tablet machen kann, natürlich schon wichtiger, als wenn ich denen nur eine Aufgabe gebe, "schreib mal auf, was bedeutet das für dich".

DOMRADIO.DE: Wie ist das aber mit dem "Zur-Ruhe-Kommen"? Haben Sie das auch mal ausprobiert, per Videokonferenz zu beten oder meditieren?

Knoll: Ja, das funktioniert auf jeden Fall auch per Video. Wir sind ja eine Schule in privater Trägerschaft, also Religion spielt bei uns in der Schule schon eine große Rolle. Und wir fangen jeden Tag mit einem Gebet an, wenn wir in der Schule sind. Und die Kollegen sind eigentlich auch angehalten, mit diesem Morgengebet, sofern sie in der ersten Stunde per Zoom mit ihren Schülern Unterricht machen, den Tag zu beginnen.

DOMRADIO.DE: Haben Sie das Gefühl, dass das auch für die Kinder gut funktioniert, dass sie da ganz bei der Sache sind?

Knoll: Ja, das funktioniert auf jeden Fall. Das funktioniert gut, im Gegensatz zu Schulgottesdiensten, die aktuell nicht stattfinden dürfen. Aber wir haben vor Ostern von der Fachschaft Religion eine kleine Meditation entwickelt, mit Text und Bild und Musik. Also wir haben das, was man vielleicht normalerweise im Meditationsraum der Schule vor Ostern mit seiner Klasse machen würde, aufgezeichnet und haben das an alle Kollegen, an alle Schüler und an alle Eltern geschickt. Das war unser kleiner Ostergruß.

DOMRADIO.DE: Welches Gefühl haben Sie jetzt? Wie geht es den Kindern und Jugendlichen jetzt, nach mehr als einem Jahr in der Corona-Pandemie?

Knoll: Man merkt allmählich tatsächlich, dass die Luft raus ist. Unsere Schüler sind unheimlich diszipliniert, was den Unterricht angeht, egal ob Distanz- oder Wechselunterricht. Die machen das ganz toll mit ihren Aufgaben und es gibt wirklich eine gute Kommunikation zwischen Schülern und Lehrern und auch Eltern. Aber man merkt tatsächlich, allmählich ist die Luft raus, sowohl bei Schülern als auch bei Lehrern. Irgendwann hat man ja auch gar keine Möglichkeit mehr, noch was Schönes sich zu überlegen, was könnte man zur Motivation machen. Dafür ist jetzt einfach die Zeit schon zu lange so ins Land gegangen mit dieser Art von Unterricht.

Das Interview führte Dagmar Peters.


Quelle:
DR
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