Die Kopfbedeckung des Papstes gilt als Nabelschnur zu den Gläubigen

"Ein Stück Papst mit nach Hause nehmen"

Pileolus, Zucchetto oder Kalotte – die weiße Kopfbedeckung des Papstes hat verschiedene Namen. Das Scheitelkäppchen ist Teil eines Brauchs, durch den die Gläubigen dem Papst näherkommen, erklärt Vatikanexperte Ulrich Nersinger.

Autor/in:
Carsten Döpp
Papst Leo XIV. setzt aus Spaß einem Jungen seinen Pileolus auf / © Vatican Media/Romano Siciliani (KNA)
Papst Leo XIV. setzt aus Spaß einem Jungen seinen Pileolus auf / © Vatican Media/Romano Siciliani ( KNA )

DOMRADIO.DE: Das Scheitelkäppchen des Papstes ist eine Art Nabelschnur zu den Gläubigen. Was bedeutet das?

Vatikanexperte Ulrich Nersinger (EWTN)
Vatikanexperte Ulrich Nersinger / ( EWTN )

Ulrich Nersinger (Vatikanexperte und Autor): Das hat mittlerweile eine besondere Bewandtnis bekommen, weil der Papst es immer wieder neu gereicht bekommt. Wenn er zum Beispiel bei einer Generalaudienz durch die Menge fährt, sieht man immer wieder, wie ihm jemand ein neues Scheitelkäppchen reicht. 

Der Papst nimmt es an, setzt es entweder auf, oder er tauscht es sogar aus und gibt es den Gläubigen wieder zurück. Das ist eine interessante Begebenheit, die wir immer wieder sehen können, in letzter Zeit.

DOMRADIO.DE: Es gab in der Geschichte sogar Herrscher, die ausdrücklich um die Zusendung eines solchen Käppchens gebeten haben, oder?

Nersinger: Im 19. Jahrhundert gab es die Kaiserin Eugénie, die Gemahlin von Kaiser Napoleon III. Sie war eine sehr fromme Frau und eine Verehrerin des Papstes. Sie hat immer wieder für fromme Mitglieder des Hofes um neue Käppchen gebeten. Das war im Grunde fast eine Großabnehmerin dieses Brauchs.

Papst Leo XIV. im Papamobil / © Cristian Gennari/Romano Siciliani (KNA)
Papst Leo XIV. im Papamobil / © Cristian Gennari/Romano Siciliani ( KNA )

DOMRADIO.DE: Für diejenigen, die diese Käppchen herstellen, ist das ein tolles Geschäft, oder?

Nersinger: Die machen ein tolles Geschäft. Man könnte fast sagen, die haben ihren Reibach gemacht. Selbst wenn es die Gläubigen nicht schaffen, das Käppchen mit dem Papst austauschen zu lassen, ist es verkauft worden. Das ist ein gutes Geschäft für diese "geistlichen Schneider", die es in Rom gibt.

Das Pontifikat Papst Pius des IX. dauerte von 1846 bis 1878 an und prägte die katholische Kirche des späten 19. und frühen 20. Jahrhunderts maßgeblich. (KNA)
Das Pontifikat Papst Pius des IX. dauerte von 1846 bis 1878 an und prägte die katholische Kirche des späten 19. und frühen 20. Jahrhunderts maßgeblich. / ( KNA )

DOMRADIO.DE:  Welcher Papst hat besonders gerne sein Scheitelkäppchen verteilt?

Nersinger: In der jüngeren Vergangenheit tauchte dieser Brauch besonders im Pontifikat Papst Pius IX. von 1846 bis 1878 auf. Da war das ein Highlight, auch bei den Rombesuchen.

DOMRADIO.DE: Wird es auch missbräuchlich verwendet?

Nersinger: Es gab immer Versuche, gefälschte Papstkäppchen zu verkaufen oder anzubieten. Das haben wir auch in jüngster Vergangenheit erlebt.

DOMRADIO.DE: Was ist da passiert?

Nersinger: Erzbischof Georg Gänswein, der frühere Präfekt des Päpstlichen Hauses, hat angemahnt, dass Käppchen von Papst Benedikt XVI. bei Ebay angeboten wurden. Das seien Fake-Angebote, um Geld zu beschaffen oder Geld zu verdienen.

DOMRADIO.DE: Wie verhält sich Leo XIV. bei der Weitergabe seiner Käppchen?

Nersinger: Wenn man aufmerksam die Fahrten des Papstes bei der Generalaudienz beobachtet, sieht man ab und zu, wie dem Papst ein solches Käppchen gereicht wird. Leo geht damit sehr souverän um. 

Manchmal nimmt er das Käppchen direkt und tauscht es aus. Manchmal setzt er es auch nur kurz auf. Ob ihm das gefällt, weiß ich nicht. Aber es ist ein Brauch, der sich so entwickelt hat.

Der protestantische Geschichtsschreiber Ferdinand Gregorovius hat im Pontifikat Pius IX. gesagt, dass die Leute ein Stück Papst mit nach Hause nehmen wollen. Das steckt dahinter und ich denke, die Päpste in der Vergangenheit und auch der jetzige Papst haben dafür Verständnis.

Das Interview führte Carsten Döpp.

Generalaudienz des Papstes

Jeden Mittwoch findet – zumeist vormittags um 10:00 Uhr – eine sogenannte Generalaudienz (Mittwochaudienz) des Papstes auf dem Petersplatz vor dem Petersdom statt. In den Wintermonaten und bei schlechtem Wetter findet sie in der Vatikanischen Audienzhalle statt. Während der Corona-Pandemie wurde sie aus der Bibliothek gestreamt.

Papst Leo XIV. winkt, als er zu seiner ersten wöchentlichen Generalaudienz auf dem Petersplatz im Vatikan eintrifft / © Gregorio Borgia (dpa)
Papst Leo XIV. winkt, als er zu seiner ersten wöchentlichen Generalaudienz auf dem Petersplatz im Vatikan eintrifft / © Gregorio Borgia ( dpa )
Quelle:
DR

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