Die Britin Valerie Amos leitet die UN-Hilfseinsätze für Millionen Menschen

Der Einsatz der Baroness

Hunger, Elend und Tod gehören in ihrem Job zum Alltag. Valerie Amos schreibt den Schutz der Opfer von Katastrophen und Kriegen ganz groß. Seit mehr als zwei Monaten ist die 56-jährige Britin die neue UN-Koordinatorin für humanitäre Hilfe. "Mein Ziel ist es, den Menschen in den Katastrophengebieten beizustehen", sagt sie in einer ersten Bilanz.

Autor/in:
Jan Dirk Herbermann
 (DR)

Amos ist eine Migrantin, die in Großbritannien politisch Karriere machte. Sie war die erste schwarze Ministerin in der britischen Geschichte und wurde sogar zur Baroness geadelt. Im Alter von neun Jahren hatte sie mit ihrer Familie die britische Ex-Kolonie Guyana in Südamerika verlassen.



Amos weiß, dass sie in ihrem neuen Amt bei den Vereinten Nationen schwierige Aufgaben zu bewältigen hat: "Wir erleben eine extreme schwierige Zeit, neue und alte Krisen halten uns in Atem." Naturkatastrophen wie das Erdbeben in Haiti im Januar oder die Überschwemmungen in Pakistan und blutige Konflikte wie im Irak oder in Somalia machen immer mehr Menschen zu Opfern.



Amos und ihre rund 2.400 Mitarbeiter im UN-Büro zur Koordinierung humanitärere Hilfe (OCHA) haben meistens die Federführung der großen Noteinsätze. Rund 30 Büros von Afghanistan bis Sudan kümmern sich vor Ort um ein möglichst reibungsloses Ineinandergreifen. Die beiden OCHA-Hauptsitze in New York und Genf koordinieren die Einsätze auf globaler Ebene.



Nachfolgerin von John Holmes

Amos wurde im Juli zur Nachfolgerin von John Holmes ernannt, der ebenfalls Brite ist und seit 2007 an der Spitze stand. Zum Job der obersten UN-Helferin gehört, auch im Krisengebiet selbst tätig zu werden. So reiste Amos direkt nach ihrem Amtsantritt Anfang September in die Überschwemmungsgebiete in Pakistan. Sie wollte überprüfen, ob die Hilfslieferungen ausreichen.



"Ist das auch genug für die Familie?", fragte Amos einen Familienvater, der ihr seine Nahrungsration für die nächsten zwei Wochen gezeigt hatte. Als sich herausstellte, dass der Reis nur für eine Woche reichen konnte, versprach Amos, selbst unverheiratet und kinderlos, persönlich für größere Zuteilungen zu sorgen.



Damit die Britin den Notleidenden besser helfen kann, muss auch das Geld stimmen. Sie will deshalb bei den reichen Staaten öfter vorstellig werden. "Vor allem der ständige Hilfsfonds der UN sollte finanziell besser ausgestattet sein", fordert die Labourpolitikerin. Aus diesen Fonds kann die UN rasch und unbürokratisch Gelder für akute Notlagen freigeben.



Enges Netz internationaler Kontakte

Amos will sich beim Spendensammeln auf ein enges Netz internationaler Kontakte verlassen: Bis zum Sommer vertrat sie Großbritannien als Botschafterin in Australien. Vorher stand sie dem Oberhaus in London vor - sie profilierte sich besonders in der Außenpolitik. Und sie wirkte zwischen 2003 und 2007 als Entwicklungsministerin im Kabinett von Premierminister Tony Blair.

Auch den 1997 erworbenen Adelstitel einer Baroness verdankt Amos der Fürsprache ihres Mentors Blair.



Mitarbeiter erklären das Erfolgsrezept des Einwandererkindes so: Amos sei mit eisernem Willen, Intelligenz und Geschmeidigkeit in die oberste Etage des britischen Establishments geklettert. In den nächsten vier Jahren will sie diese Fähigkeiten für die Millionen Opfer von Katastrophen und Kriegen einsetzen.