Deutschlands zweitgrößte Bronzeglocke wird gegossen

"Stoßt den Zapfen aus"

Nach monatelanger Vorbereitung steigt an diesem Freitag in der Innsbrucker Glockengießerei Grassmayr die Spannung. Am Nachmittag soll die 14 Tonnen schwere Credamusglocke für den Magdeburger Dom gegossen werden.

Probe für das künftige Rinnwerk und das Eingießen mit dem Gusstigel für die Credamusglocke (Glockengießerei Grassmayr)

CREDAMUS – Lasst uns glauben! So lautet der Name der großen Magdeburger Domglocke, die an diesem Freitagnachmittag bei Grassmayr gegossen wird. Der Innsbrucker Familienbetrieb besteht seit 1599 und zählt zu den ältesten Glockengießereien. Am 1. Oktober wurde im Magdeburger Dom der Vertrag über den Guss der Glocke der Öffentlichkeit präsentiert. Da die Vereinbarung zu dem Zeitpunkt bereits einen Monat alt war, liefen die Arbeiten an der Glockenform in vollem Gang, heißt es in einer Mitteilung der Gießerei. Man arbeite "auf Hochtouren", um diesen letzten Guss für den Magdeburger Dom noch in diesem Jahr zu realisieren.

Der Glockenkern, der erste Teil der Form, sei zum Tag der Vertragsunterzeichnung nahezu fertiggestellt gewesen. Bereits zwei Wochen später konnten Gert und Edda Weber ihre künstlerischen Verzierungen auf den zweiten Formteil, die sogenannte "falsche Glocke", aufbringen. Dabei erfuhren sie große Unterstützung durch die Bildhauerinnen der Glockengießerei. Diese "falsche Glocke" trägt ihren Namen, weil sie exakt der späteren Form der Bronzeglocke entspricht.

Verzierte falsche Glocke (Vorderseite) (Glockengießerei Grassmayr)

Der dritte Formteil wird "Mantel" genannt. Inzwischen wurden bereits zwölf hauchdünne Schichten feinen Zierlehms über die Wachsverzierungen aufgetragen – jede Schicht muss vollständig trocknen, bevor die nächste folgt. Danach kommen dicke Schichten eines speziell gemischten, groben Lehms hinzu, um den "Mantel" zu vollenden.

Investition in Forschung und Innovation

Die Glockengießerei Grassmayr hat nach eigenen Angaben in den vergangenen Jahrzehnten viel in Forschung und Innovation investiert, um im internationalen Vergleich führend zu bleiben. Das "traditionelle Lehmformverfahren" sei dabei stetig weiterentwickelt worden. Um Porosität (Lufteinschlüsse) im Metall der Glocke zu vermeiden, werde die rund 1.100 Grad heiße Bronze heute nicht mehr von oben in die Form gegossen, sondern fließe über ein Rohrsystem von unten ein (sogenannter Steigguss). So könne die Form gleichmäßiger und mit weniger Turbulenzen gefüllt werden.

Das flüssige Metall übe beim Glockenguss in der Glockenform enorme Druckkräfte aus, heißt es in der Mitteilung der Gießerei weiter. Aus diesem Grund werde die Glockenform mit Stahlreifen umhüllt. Der Zwischenraum zwischen "Mantel" und Stahlreifen werde mit Quarzsand und einem Bindemittel ausgefüllt. Der Druck im unteren Bereich der Form werde bei der Credamusglocke während des Gusses bis zu 120 Tonnen betragen. 

Falsche Glocke weicht Hohlraum für flüssige Bronze

Bevor gegossen werden kann, müsse noch der Hohlraum in der Form geschaffen werden. Dazu werde der "Mantel" samt Stahlreifen mithilfe eines Krans angehoben und über die beiden anderen Formteile gehoben. Anschließend sei die "falsche Glocke" zu entfernen, so dass nur noch der "Kern" übrig bleibt. Danach werde der "Mantel" wieder abgesenkt und über den "Kern" gesetzt. Zwischen beiden entstehe so der Hohlraum, in den später die Bronze gegossen wird.

Der Glockenmantel wird auf den Kern aufgesetzt (Glockengießerei Grassmayr)

Der Glockenguss wird an diesem Freitagnachmittag gegen 15 Uhr stattfinden. Die Sterbestunde Jesu Christi ist der traditionelle Termin eines Glockengusses. Ob das aber auch die Minute genau sein wird, hänge von der Temperatur der flüssigen Glockenspeise ab, erklärt Glockengießer Johannes Grassmayr gegenüber DOMRADIO.DE. Wenn die mit einem Gewicht von 14 Tonnen geplante Credamusglocke dann im kommenden Jahr im Magdeburger Dom aufgehängt wird und läutet, wird sie nach der Kölner Petersglocke die zweitgrößte Bronzeglocke Deutschlands sein.

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