Deutschlands größter Hindu-Tempel vor 20 Jahren eingeweiht

Hindu-Metropole in Hamm

Im Industriegebiet in Hamm wurde vor 20 Jahren der größte Hindu-Tempel Deutschlands und der zweitgrößte in Europa eingeweiht. Ein Höhepunkt ist das jährliche Tempelfest, zu dem Tausende Hindus aus ganz Europa anreisen.

Autor/in:
Anna Fries
Hindu-Tempelfest in Hamm (Archiv) / © Harald Oppitz (KNA)
Hindu-Tempelfest in Hamm (Archiv) / © Harald Oppitz ( KNA )

Unzählige Schuhpaare auf dem Boden, farbenfrohe Saris und eine akustische Mischung aus Lautsprecheransagen, Livemusik und Gebeten - das jährliche Tempelfest in Hamm präsentiert sich üblicherweise als buntes Treiben.

In Sanskrit, Tamilisch und Deutsch schallen Ansagen über das Festgelände, darunter Gebete ebenso wie Anweisungen zum Ablauf. Pulsierendes Leben trifft Industrie-Charme. Der Hindu-Tempel liegt mitten im Industriegebiet Hamm-Uentrop - eine bunte Oase, eingerahmt von Kohlekraftwerk, Schlachthof und Lagerhallen.

Prozession zum Jahresfest des Sri-Kamadchi-Ampal-Tempels der Hinduistischen Gemeinde Deutschlands im Juni 2018 in Hamm (Archivbild) / © Harald Oppitz (KNA)
Prozession zum Jahresfest des Sri-Kamadchi-Ampal-Tempels der Hinduistischen Gemeinde Deutschlands im Juni 2018 in Hamm (Archivbild) / © Harald Oppitz ( KNA )

Vor 20 Jahren eingeweiht

Vor 20 Jahren - am 7. Juli 2002 - wurde der Sri-Kamadchi-Ampal-Tempel in Hamm eingeweiht.

Er ist Deutschlands größter Hindu-Tempel und beansprucht für sich, der zweitgrößte in Europa nach dem Neasden-Tempel in London zu sein - jedenfalls noch: In Berlin-Neukölln entsteht seit Jahren bereits ein weiterer Hindu-Tempel, der fertiggestellt das größte hinduistische Gebetshaus Deutschlands sein wird.

Doch auch dann bleibt Hamm wohl Anlaufpunkt für Hindus aus Deutschland und den Nachbarländern.

Ein Höhepunkt ist das Tempelfest im Juni, zu dem in der Regel zwischen 10.000 und 20.000 Hindus aus ganz Europa anreisen. Kern des zweiwöchigen Festes ist ein Festumzug, bei dem eine Statue der namensgebenden Göttin Kamadchi in einem Wagen einmal um den Tempel gezogen wird. Nach hinduistischer Überzeugung werden dadurch die Stadt und die dort lebenden Menschen gesegnet.

Ein Zentrum des Exil-Hinduismus in Europa

Im Tempel bietet sich Besuchern ein ungewohntes Bild: Im Zentrum steht der größte, bunt verzierte Schrein für die Hauptgöttin des Tempels, dahinter kleinere Schreine für weitere Götter. Arbeiter aus Indien fertigten sie. Rund um die Schreine stehen auf dem Boden, in Nischen und auf Bänken Tetrapacks mit haltbarer Milch, Plastikflaschen mit Sonnenblumenöl und Müllbeutel mit Kokosnüssen. Priester übergießen die Statuen der Götter mit diesen als heilig geltenden Säften. Der Fußboden ist gefliest, die Figuren lassen sich so später unkompliziert waschen.

Sri-Kamadchi-Ampal-Tempel der Hinduistischen Gemeinde Deutschlands in Hamm / © Harald Oppitz/ (KNA)
Sri-Kamadchi-Ampal-Tempel der Hinduistischen Gemeinde Deutschlands in Hamm / © Harald Oppitz/ ( KNA )

Initiator des Tempels und verantwortlicher Priester ist Arumugam Paskaran. Wie rund 60.000 Tamilen floh er in den 1980er Jahren aufgrund des Bürgerkriegs aus Sri Lanka nach Deutschland. Eigentlich sei Paris sein Ziel gewesen, heißt es. Warum Paskaran in Hamm aus dem Zug stieg, darum ranken sich verschiedene Erzählungen. In der einen wird von einer göttlichen Eingebung gesprochen. Glaubt man der anderen, hatte der Priester einfach Hunger.

Hamm entwickelte sich zu einem Zentrum des Exil-Hinduismus in Europa. Den ersten Tempel gründete Paskaran 1989 in seiner Wohnung, 2002 folgte der heutige Tempel: ein flacher Bau mit einem 17 Meter hohen, spitz zulaufenden Turm, an dem in leuchtend bunten Farben kleine Götterfiguren befestigt sind. Er wurde am 7. Juli 2002 eingeweiht. Bei dem Tempel handele es sich nicht nur um einen religiösen Mittelpunkt der tamilischen Hindus, sondern auch um eine zentrale Begegnungsstätte der deutschen Hindus, so die Gemeinde in Hamm, die eigenen Angaben zufolge etwa 5.000 Mitglieder zählt.

Festumzug

Zum offiziellen Festumzug wird die Göttin Kamadchi aus ihrem Schrein im Tempel nach draußen getragen. Tempelpriester Arumugam Paskaran enthüllt die kleine, bunte Statue der Hindu-Göttin auf dem Festwagen und schmückt sie als symbolisches Zeichen von Schönheit und Ehrwürdigkeit mit einem Blumenkranz. Zahlreiche Rosenblüten in gelb, rosa und orange, Blumengirlanden und Kränze zieren die etwa einen halben Meter hohe Figur.

Zu Trommelwirbel und indischer Oboe setzt sich der Festwagen mit der Hindu-Göttin in Bewegung. An zwei zehn Meter langen Kordeln ziehen links Frauen, rechts Männer den Wagen in einer dreistündigen Prozession um den Tempel. An der Spitze des Zuges gehen Tänzer, dahinter ein Wagen mit dem von Hindus verehrten Gott Ganesha und der große Festwagen mit Kamadchi. Im Anschluss folgen betende Frauen. Sie halten Opfergaben in den Händen und rezitieren die 108 Namen der Göttin. Nach der Prozession gehen die Feiern mit Essen, Tanz und Musik weiter. Offiziell endet das Fest danach mit rituellen Waschungen in der Lippe.

Interreligiöser Dialog

Der interreligiöse Dialog ist der katholischen Kirche ein wichtiges Anliegen. Sie versteht darunter alle positiven Beziehungen mit Personen und Gemeinschaften anderen Glaubens, um sich gegenseitig zu verstehen und einander zu bereichern. Im Dialog geben die Gläubigen Zeugnis von der Wahrheit ihres Glaubens im Respekt vor der religiösen Überzeugung des Anderen. So gehören Dialog und Verkündigung zusammen.

Der interreligiöse Dialog wird auf unterschiedlichen Ebenen vollzogen:

Symbolbild: Interreligiöser Dialog / © godongphoto (shutterstock)
Symbolbild: Interreligiöser Dialog / © godongphoto ( shutterstock )
Quelle:
KNA