DOMRADIO.DE: Was ist das für eine besondere Wallfahrt nach Lourdes, an der Sie über Pfingsten teilnehmen?
Msgr. Dr. Markus Hofmann (Vorsitzender des Deutschen Lourdes Vereins Köln, Bonner Stadtdechant und Kölner Domkapitular): Die Wallfahrt mit Kranken ist die einzige Zugwallfahrt, die noch aus Deutschland in diesem Jahr stattfinden wird. Wir machen das vom Deutschen Lourdes Verein gemeinsam mit den Maltesern aus Köln.
Wir nehmen auch eine Gruppe der Malteser mit Kranken aus dem Erzbistum Freiburg mit, sodass wir insgesamt etwa 100 Schwerkranke haben, die zum Teil nur liegend transportierbar sind. Das ist schon eine besondere Herausforderung und auch ein großartiges Ereignis. Dazu ist der Deutsche Lourdes Verein auch gegründet worden, um besonders kranke Menschen und Menschen, die sonst kaum die Chance haben, nach Lourdes zu kommen, die Pilgerfahrt dorthin zu ermöglichen.
DOMRADIO.DE: Der Zug ist bis zum letzten Platz ausgebucht. Mehr als 520 Pilger fahren mit. Da kommt es dann auch zu besonderen Begegnungen zwischen beeinträchtigten oder kranken Menschen und ehrenamtlichen Malteser-Helferinnen und Helfern. Wie würden Sie diese Begegnung beschreiben?
Hofmann: Das ist ein gegenseitiges Schenken und Beschenktwerden. Jeder gibt das, was er hat. Die ehrenamtlichen Helferinnen und Helfer, unter denen auch professionelle Ärzte und Krankenschwestern sind, setzen sich ein und betreuen die Kranken in einem sehr guten Verhältnis. Es gibt mehr Personal, das pflegt und hilft, als in einer Eins-zu-eins-Betreuung nötig wäre.
Die werden gleichzeitig durch die Reaktionen derjenigen beschenkt, die mitfahren und Hilfe benötigen, durch die innere und auch äußerlich erkennbare Freude, die sie ausstrahlen. Nach der Woche sind alle ziemlich erschöpft, aber glücklich.
DOMRADIO.DE: Am Freitag geht es schon in aller Herrgottsfrühe los. Die Fahrt nach Lourdes ist durchaus auch anstrengend. Warum ist es Ihnen persönlich so wichtig, daran teilzunehmen?
Hofmann: Es ist ein einzigartiges Erlebnis. Ich bin viele Male schon in unterschiedlicher Weise in Lourdes gewesen: mit dem Flugzeug, mit dem Bus, mit dem Pkw und mit dem Zug. Jede Weise hat ihren Reiz und ihren Vorteil.
Beim Zug ist es so, dass man wirklich als Gemeinschaft unterwegs ist, mehr als 24 Stunden lang. Man sieht bekannte Gesichter, man lernt neue Menschen kennen. Man kann sich in Ruhe vorbereiten und gemeinsam beten und erzählen. Man teilt miteinander Erlebnisse. So wächst die innere Freude und die Seele kann leichter mitkommen, als wenn man etwa in ein Flugzeug steigt und innerhalb von einigen Stunden schon vor Ort ist. Da braucht die Seele manchmal ein bisschen länger, um nachzukommen.
DOMRADIO.DE: Im Zug kommt man sich ja auch sehr nahe. Je weiter man fährt, desto unwichtiger werden Amt und Alter. Man begegnet sich wirklich auf Augenhöhe.
Hofmann: Ja, auf jeden Fall. Man teilt ja alles miteinander. Man schläft auch eine Nacht im Zug – auf dem Hinweg und nachher wieder auf dem Rückweg. Wir freuen uns besonders, dass dieses Jahr auch Kardinal Woelki mit dabei ist.
Der Deutsche Lourdes Verein hat 145. Geburtstag. Das ist nichts Rundes, aber doch schon etwas, was sich hören und sehen lassen kann. Und wir freuen uns sehr, dass unser Erzbischof und Kardinal diesmal mit dabei ist.
DOMRADIO.DE: Manchen scheint Lourdes ein wenig aus der Zeit gefallen zu sein. Wer glaubt denn im Ernst, dass dort Krankheiten auf wundersame Weise geheilt werden? Das hört man immer wieder. Was sagen Sie, wenn Sie solche Einwände hören?
Hofmann: Am besten mal mitfahren, hinschauen und sich informieren. Es ist natürlich nicht so, dass reihenweise Menschen gesund werden. Die wenigsten, die dort hinfahren, haben die innere Erwartung, dass sie geheilt werden.
Dennoch gibt es ein internationales Ärztebüro, das alle Fälle überraschender Heilungen dokumentiert. Das sind über 6.000 im Laufe der Jahre. Und es gibt 71 Fälle, die auch von der Kirche nach strenger Prüfung inzwischen wirklich als Wunder anerkannt sind. Beim letzten waren 30 medizinische Experten involviert.
Das ist ein internationales Ärztekomitee, das da tätig ist. Bewusst auch mit Ärzten, die nicht katholisch und nicht gläubig sind. An den Fakten kommt man also nicht vorbei. Und jeder, der möchte, kann die Dokumentation auch einsehen.
DOMRADIO.DE: Aber die Erwartung ist auch gar nicht unbedingt, dass ein Kranker unbedingt geheilt wird. Denn es ist so beglückend, da zu sein, dass man auch einfach glücklicher wieder nach Hause fährt, als man dorthin gefahren ist, oder?
Hofmann: Das ist richtig. Viele sagen auch, dass sie anders aus Lourdes wieder zurückkommen und dass sie anders in der Lage sind, ihre Situation zu verarbeiten. Sie erleben andere Kranke, vielleicht Menschen, die noch viel schwerer krank sind. Sie erleben, dass die Kranken in Lourdes wirklich Vorfahrt haben – im wahrsten Sinne des Wortes.
Wenn die Gefährte mit den Kranken über den Platz rollen, dann haben die Vorfahrt, dann müssen die Gesunden warten. Das ist ja im Alltag sonst ganz anders. Diese Wertschätzung den kranken Menschen gegenüber, die Hilfsbereitschaft und die gesamte Atmosphäre ist etwas sehr Stärkendes und Aufbauendes für Kranke, für Gesunde, für Junge und für Alte.
DOMRADIO.DE: Es nehmen auch sehr viele junge Menschen an der Lourdes-Wallfahrt der Malteser teil. Wie erklären Sie sich die Faszination, die Lourdes gerade für Jugendliche hat?
Hofmann: Wer auch gerade als junger Mensch in Lourdes war, der bringt oft die Erfahrung mit, dass man da wieder hin möchte. Wir nehmen seit vielen Jahren Schülerinnen und Schüler mit. Normalerweise von einer Schule, jetzt sind es schon zwei Schulen, die mitkommen.
Die sagen oft, wir sollen nicht sagen, dass jeder mitfahren kann, weil sie nächstes Jahr wieder mitfahren wollen. Das ist einfach eine tolle Erfahrung.
Es ist ein Vorurteil, das ich nicht müde werde zu bekämpfen, dass Lourdes nur etwas für alte Leute sei. Das ist absoluter Unsinn. Lourdes ist für alle Generationen da. Wer einmal da war, kann sich davon selber am besten überzeugen.
DOMRADIO.DE: Was ist für Sie das Highlight im Programm bei der Malteser Wallfahrt über Pfingsten?
Hofmann: Für mich gibt es da mehrere. Da ist die internationale Heilige Messe an Pfingsten in der unterirdischen Basilika mit Zehntausenden von Gläubigen aus der ganzen Welt. Kardinal Woelki wird der Hauptzelebrant sein.
Da ist auch die eucharistische Prozession mit Kranken und Gesunden, mit dem Eucharistischen Segen, besonders für die Kranken, das ist beeindruckend. Dann gibt es noch die Lichterprozession, das ist eine ganz eigene Atmosphäre, wenn die vielen Lichter leuchten und wir gemeinsam in allen möglichen Sprachen den Rosenkranz beten. Wir kennen uns nicht persönlich und erleben doch, dass wir alle zu der einen großen Familie gehören.
Dann ist es die Möglichkeit, still an der Grotte zu beten, um der Gottesmutter mal richtig die Seele hinzuhalten und mit ihr zu Jesus zu gehen. Es gibt eine ganze Reihe von Highlights, auf die ich mich freue.
Das Interview führte Johannes Schröer.