Der Theologe Thomas Söding zieht eine positive Bilanz der Bischofssynode

"Deutschland ist nicht der Nabel der Welt"

In Rom geht nach drei Wochen die Bischofssynode zu Ende. Als Berater teilgenommen hat der Bochumer Theologe Thomas Söding. Im domradio.de-Interview spricht er über die Ergebnisse des Treffens – und warnt davor, die Situation der deutschen Kirche auf den Rest der Welt zu übertragen.

Bischofssynode  (KNA)
Bischofssynode / ( KNA )

domradio.de: Die Synode geht dem  Ende entgegen, welche Erkenntnisse, welche neuen Erfahrungen werden die Bischöfe denn am Sonntag im Gepäck haben?

Söding: Randvoll mit neuen Eindrücken. So eine Synode versammelt viele Kollegen aus der ganzen Welt. Und alle haben ihre Überlegungen mit eingebracht. Neuevangelisierung ist ein Thema, das in der Kirche angekommen ist. Und das wird wahrscheinlich auch die wichtigste Aufgabe sein, die die Bischöfe aus Deutschland in Deutschland zu kommunizieren haben: dass diese Glaubensthematik die katholische Kirche ein bisschen durch-, aber auch aufrüttelt.



domradio.de: Ist man in der Frage weitergekommen, wie man den Glauben wieder mehr verbreiten kann?

Söding: Es gibt jetzt nicht den großen Masterplan, den kann man von der Synode so nicht erwarten. Aber es gibt eine ganz Reihe Trends. Die katholische Kirche besinnt sich auf ihre eigenen Stärken, zu denen gehören die Liturgie, die Neuentdeckung der Bibelarbeit und die katechetischen Programme, die es gibt. Die darf man aber nicht nur unter dem Aspekt betrachten, was alles nicht klappt, sondern auch unter dem Aspekt, was alles klappt. Die Kirche muss nicht neu erfunden werden, aber sie muss in der Gegenwart vernetzt werden. Das ist das Wichtigste.



domradio.de: Sehr dominierend war ja offenbar auch das Thema des interreligiösen Dialogs, vor allem das Verhältnis zum Islam. Viele Ortskirchen in aller Welt sind vom Vormarsch der islamischen Religion betroffen. Welche Lösungsansätze hat es dazu auf der Synode gegeben?

Söding: Es ist für die Situation in Deutschland sehr wichtig, zu erkennen: Säkularismus, also das Verschwinden von Religion, ist nicht unbedingt ein weltweites Problem. Gerade in manchen islamisch dominierten Ländern gibt es ein "zu viel" an Religion; dann wenn eine Religion eine andere beherrschen will. Das ist für die Christengemeinden dort politisch sehr häufig sehr schwierig, weil eben die Religionsfreiheit eingeschränkt ist. Da hat die Synode klare Zeichen der Solidarität gesetzt, das war sehr wichtig. Letztlich geht es aber um mehr. Der Islam ist eine Herausforderung, weil er uns Christen fragt, wie wir es mit dem Bekenntnis an den einen Gott halten. Und da muss man die einfachen Antworten des christlichen Glaubens noch besser kommunizieren, auch in Deutschland: Gott ist nicht einsam, Gott ist nicht isoliert, Gott ist nicht jemand, der einfach nur Entscheidungen trifft, sondern Gott ist Liebe, der Vater, der Sohn und der Heilige Geist.



domradio.de: Es gab auch kritische Töne zur Synode, wie zum Beispiel vom Wiener Kardinal Christoph Schönborn, der meinte, die Synode sei zu wenig von persönlichen Erfahrungen der Teilnehmer geprägt. Würden Sie das auch sagen?

Söding: Das hat er relativ am Anfang gesagt, und später haben viele Bischöfe sich diese Forderung zu Herzen genommen. Die Synode war nicht von großen Spannungen getragen, weil alle in ihren unterschiedlichen Situationen erkannt haben: Wir haben nichts Besseres als dieses Evangelium, und deswegen müssen wir alle Kräfte bündeln, um in der Situation, in der wir uns gegenseitig befinden, die Kirche wieder stark werden und wachsen zu lassen. Wenn man das kritisch beobachten will, kann man sagen, dass die Chancen, die sich gegenwärtig bieten, etwas weniger im Blick gestanden haben als die Probleme. Doch ich bin der festen Überzeugung, dass die letzte Phase nach der Synode - da wird es ein größeres nachsynodales Schreiben geben - genutzt werden wird, diese Defizite zu bearbeiten.



domradio.de: Zurück nach Deutschland. Auch hier muss die Kirche mit Problemen kämpfen. Allerdings - so ist der Eindruck - werden die Themen, die den Katholiken in Deutschland unter den Nägeln brennen, in Rom wenig behandelt. Welche Impulse gibt die Synode für die Kirche in Deutschland?

Söding: Die Synode gibt zunächst einmal den Impuls, dass Deutschland nicht der Nabel der Welt ist. Die Probleme, die es in Deutschland gibt, werden woanders zum Teil sehr anders gesehen. Gleichzeitig sind Probleme wie eine wachsende Zahl an Scheidungen und eine schwächer werdende Bindung an die Kirche weit verbreitet. Diese Probleme wurden erkannt, und die deutschen Bischöfe haben sie auch angesprochen. Zum Beispiel ist eine große aktuelle Herausforderung, wie die Laien, die künftig in ganz anderer Weise in den Gemeinden gefordert sind, besser angesprochen und gewürdigt werden können; auch welchen theologischen Platz sie in der Kirche haben. Das war ein starker Impuls, der auch von Deutschland ausgegangen ist: Schaut da hin, und macht die Leute stark, auf die es am Ende ankommt.



Das Gespräch führte Tobias Fricke.